Hallo,
Ich finde es schon schade, dass du nicht erkennen möchtest, dass Inhalt und Gestaltung korrespondieren.
Falscher Ansatz, denn darauf will ich ja gar nicht hinaus. Ich habe bewußt den Inhalt außen vor gelassen und mich nur um das Layout und die Gestaltung gekümmert. Geht nicht? Klar geht das. Die Gestaltung kann vollkommen unabhängig vom Content realisiert werden.
Wenn (absolut) kein Zusammenhang zwischen Inhalt und Gestaltung besteht, ist die Gestaltung möglicherweise (sic) nutzlos, unangebracht oder womöglich im Widerspruch zum Inhalt. Von einer Farb- und Formgestaltung, welche als Vorlage (der Begriff "Dummy" passt hier wohl gut) für jeden erdenklichen Inhalt herhalten kann, halte ich wenig, oder besser, ich halte dies nicht für möglich, denn dermaßen vielseitig kann keine Gestaltung sein, als dass sie für alles herhalten kann, auch für das Gegenteil und dennoch eine perfekte Symbiose mit dem Inhalt eingehen kann. Die Gestaltung wäre dann IMO zweifelsfrei unausgewogen.
Die Gestaltung besteht aus Stilmitteln, welche eine festgelegte über bekannte bis erdenkliche *Wirkung* erzielen. Sobald die Gestaltung mit dem Inhalt zusammentrifft, korrespondieren (literarische) Wirkung des Inhalts (der Texte, da spielt natürlich auch die Textgestaltung beziehungsweise Typografie eine Rolle, beschränken wir uns auf die Sprache als Ausdrucksmittel selbst) und die der visuellen Gestaltung, das heißt sie ergänzen sich in bestimmten Teilen, sie heben sich mitunter auf, intensivieren einander, widersprechen sich sie oder harmoninieren miteinander etc.
Die Gestaltung selbst ist IMO "Inhalt" (abstrahiert von der Sprache), das heißt gleichwertig zu sehen, oder besser, beides sind Teile einer Gesamtkomposition, welche es zu *analysieren* gilt, was aber nach einer *Synthese* schreit, welche ich ins Auge fassen möchte, zweifelsohne ist die Analyse der einzelnen Stilmittel der *Weg*.
.oO(Nein, ich will nicht auf "form follows function" hinaus, gerade über diese Reduzierung möchte ich reflektieren.)
Nimm zwei Personen: Ein 7-jähriges Kind und einen Webdesigner, der außerordentlich gut ist in seinem Metier. Dann bestimmst Du, dass außschließlich das Kind sich um den Inhalt der Seite kümmert, der Webdesigner um das Layout.
Ergebnis wird wohl sein, das Du eine wundervoll gestaltete Seite bekommst, die sehr gut durchdacht sein wird, deren Farbwahl sehr schön harmonisiert und die grafisch gesehen eine der schönsten Webseiten sein kann, die Du jemals gesehen hast.
Da ich den Grundsatz l'art pour l'art vertrete, muss ich dem wohl ohne Einschränkung zustimmen und kann in einem solchen Fall nicht mit Blick auf die vom $Künstler angestrebte Gesamtwirkung argumentieren, da diese in diesem exemplarisch-hypothetischen Falle nicht vorhanden ist. *smirk* Damit möchte ich auch sagen, dass dieser Fall nicht mit dem von mir in meiner Kritik gemeinten vergleichbar ist, in welchem Gestaltung und Inhalt bewusst "füreinander geschaffen" wurden.
Ob sie zum Inhalt und zum Thema paßt, ist dann eine andere Sache.
Um nichts anderers als dieses Wechselspiel geht es mir - eine andere Sache ist es aber für die letztendliche Wirkung und Deutung nicht, da diese auf allen Gestaltungselemente fußt.
Der Junge hat vielleicht wacklige Bilder von seinen Matchbox-Autos geschossen, die er gerne veröffentlichen möchte, und schreibt in der Rubrik "Meihne Geschischten" ganz wilde Sache, deren Sinn man kaum versteht, weil es nur von Rechtschreibfehlern wimmelt. Das Hochglanzlayout vom Webdesigner mit futuristischem Klappmenü in Flash wird dann wohl kaum thematisch dazu passen und den Inhalt ergänzen (!), und somit wird die Seite ALS GANZES nicht unbedingt überzeugend sein, aber dennoch ist die Gestaltung top. Punkt.
Darin möchte ich dir nicht widersprechen, stimme dir sogar vollkommen zu, für diesen Beispielfall zumindest, in welchem offensichtlich überhaupt kein beabsichtigtes Verhältnis zwischen Inhalt und Gestaltung besteht. Wenn eine Verzahnung nicht geplant ist, lohnt es sich zwar darüber zu reflektieren, ob sie dennoch stattfindet, aber da sie sich nicht absichtlich ergänzen sollen, können die sich addierenden Wirkungen nicht in Hinblick auf eine Komposition gedeutet werden, um welche es meiner Auffassung nach jedoch geht, falls man auf einen *Über*blick hinausmöchte, das heißt eine Metakritik anstrebt - es liegt aber in deinem Beispiel schlichtweg keine Komposition vor, alles ist dem Zufall (oder Schicksal, wie man will) überlassen.
Auf nichts anderes hab ich bei dem Beispiel im letzten Posting geachtet. Das Layout überzeugt und fügt sich wunderbar ins Thema ein. So what?
Das ist doch meine Rede. *gg*
Ich wollte offensichtlich - das wird mir jetzt klar :) - nicht verneinen, dass eine gesonderte Sicht *möglich* ist - wer oder was sollte es verbieten oder verhindern *fg*, sondern dass diese Auseinandersetzungsart beziehungsweise Diskursmethoden zur ganzheitlichen Beurteilung der konkreten Seite wahrhaftig unangemessen sind. (Holy shit, ich habe 'wahrhaftig' gesagt! <ascheuebermeinhaupt /> Verzeihe mir, denk' dir gleich einmal ein 'IMHO' dahinter, wie immer, wenn ich von Wahrheiten[tm] rede.)
Offensichtlich findest du den Inhalt bedenkenswert, zumindest kommentierst du ihn nicht, stellst aber ausdrücklich eine Differenz zwischen Inhalt und Gestaltung heraus, von welchen du deutlich die Gestaltung als positives Element hervorhebst, weshalb ich mutmaßte, sicherlich unter Umständen nur mangelnd folgerichtig, dass dir der Inhalt im (von dir konstruierten) Gegensatz zur Gestaltung weniger zusagt, woraufhin ich einwendete, dass Inhalt und Gestaltung hier eine (möglicherweise trennbare) Einheit bilden, welche aber in seinen Wirkungen aussschließlich gebündelt auftreten, was ich als problematisch herausstellen wollte. Inhalt pfui, Layout hui, das gibt es hier nicht, obschon sie gesondert betrachtet werden können, bedingen sie sich in diesem Fall gegenseitig, schaukeln sich hoch, gehen Hand in Hand, weshalb man die Funktion, die *Intention* der Gestaltung hinterfragen sollte, wodurch man erkennen kann - oder ich zumindest zu erkennen glaube *fg* -, dass zwar eine gedachte, vom Inhalt losgelöste Gestaltung existiert, aber diese tatsächlich (auch und vor allem) ein Mittel zum Zweck ist, nämlich den Inhalt auf eine eindringliche Weise zu übertragen. Die genannte Webseite verfolgt folglich mit ihrer Gestaltung eindeutig eine bestimmte (im Sinne von festgelegte, angestrebte) Wirkung zu erreichen, welche zum einen eine völlig "kunstfremde" ist - das lässt sich nicht verallgemeinern, ich weiß, Ausdrucksmittel sind *Mittel*, also Medien; ich meinte, dass die Dimension eine andere ist - und zum anderen mit der Wirkung des Inhalts übereinstimmend und verstärkend korrespondiert - die Gestaltung hat eine *Aufgabe*, einen Existenzzweck neben des Selbstzwecks, welcher IMO eher in den Hintergrund tritt (nun gut, viele Flasheffekte sind eye candy vordergründig zum Selbstzweck, das möchte ich nicht leugnen).
Meine Kritik setzte an dem Punkt an, dass es meines Erachtens nicht möglich ist, die Erörterung von ideologiegeschwängerter Kunst auf die ästhetische Analyse zu begrenzen. Sicherlich mag beispielsweise der Klassizismus des Dritten Reiches "schön" sein, Tim hat Leni Riefenstahl genannt, welche ohne Frage ästhetisch wertvolle und womöglich innovative Filmkunst geschaffen hat, aber da im Fall der genannte Webseite meiner Auffassung nach eine gewisse Nähe zu faschistoid benennbarer Ästhetik vorliegt (Gesamt- sowie Teilwirkung, das heißt, in gesondert betrachteten Teilen lassen sich Belege für diese These finden), über deren Schwere es zu diskutieren gälte, würde man über diese Ebene eine stark einseitige und unausgewogene Vorstellung des Kunstwerkes gewinnen beziehungsweise einen Teil der Kunstkritik ausblenden.
Nun gut, darauf müsste man diskutieren, ob es überhaupt möglich ist, dass eine Kunst existieren kann, welche ideologisch ist, ohne es sein zu wollen oder es zu sollen, aber meiner Meinung nach definiert sich Kunst im Endeffekt alleinig durch die Rezeption, welche so vielfältig sein kann wie die Rezipienten. Der entscheidende beziehungsweise ausschlagkräftige Punkt ist nun einmal die Gesamtwirkung, welche konkret dazu führt, dass junge Menschen sich bei den Marines einschreiben, "gestählt" werden, ihr Willen gebrochen wird und sie zu Tötungsmaschinen ausgebildet werden - natürlich kann man dies alles auch positiv sehen, aber dass die Gestaltung der Webseite ihren Anteil dazu beiträgt, ist unabhängig von der Bewertung feststellbar. So ästhetisch die Seite sein mag, diesen Punkt kann ich persönlich nicht außer Acht lassen in meiner Auseinandersetzung mit dem Gesamtkunstwerk und deren Teilen (letzteres mag durchaus problematisch sein, da möglicherweise eine vorgefasste Sicht Anwendung findet). Die Möglichkeit der gesonderten Betrachtung ist vielleicht ein Ideal, welche für die Schlüssigkeit der Erörterung hilfreich wäre, ich kann aber nicht erkennen, worin der enthüllende Gewinn für die schlussendliche Gefühls- und Gedankenregungen auslösende Rezeption ist, da man im Falle eines beliebigen Konsumentens nicht von einer Analyse oder Debatte sprechen kann, weshalb ich das Pferd lieber von hinten aufzäume und die Wirkung und daraus resultierende Vermutungen über die Absicht an den Anfang des Diskurses stelle.
Ist es schön? Ja, oder ja, vielleicht. Bringt uns diese Erkenntnis weiter? Meiner Meinung nach nur wenig. Ist diese Webseite also cool? Je nach Kriterium schon, unter Berücksichtigung mehrere Kriterien fällt mein persönliches Urteil jedoch negativ aus.
Habe ich es *irgendwie* geschafft, mich verständlich auszudrücken...? ;)
Grüße,
Mathias
(Wieso habe ich nur nach jedem Nachdenken das Gefühl, noch verwirrter und unsicherer als vorher zu sein... ;) Die alles überältigende Absurdität... *g*)
"Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche"
(Prof. Fritz Weigle alias F. W. Bernstein)
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