Hallo Calocybe,
Übrigens: Erstaunlicherweise kommen oft nur Leute aus dem technischen Umfeld auf die Idee, die Schriftgröße verändern zu _wollen_.
Ist das so?
Zumindest aus meiner Erfahrung.
Oder ist es vielmehr so, dass Leute, die viel Zeit vorm Rechner verbringen, also den ganzen Tag auf den Bildschirm starren, die Schriftgroesse ihren Praeferenzen anpassen wollen?
Mein Cousin z.B. ist vom Computer nicht wegzubekommen, er ist Spiele- und Internetsüchtig, würde ich fast schon sagen. Die Technik dahinter interessiert ihn so gut wie gar nicht. Trotzdem war die Vorstellung, Webseiten an seine Präferenzen anzupassen, sehr befremdlich, als ich ihn mal damit konfrontiert habe.
Aber dass eben der technische Hintergrund *nicht* der Grund fuer das Anpassen der Schrift ist?
Vielleicht nicht der Grund für das Anpassen der Schrift, aber der Grund, dass sie überhaupt erst einmal auf die _Idee_ kommen, so etwas zu tun.
Dann ist diese Schlussfolgerung
Es herrscht die Meinung vor, dass die Webseite dem Ersteller »gehört«.
nicht mehr richtig.
Ich habe soeben meinen Bruder gefragt:
| Ich möchte Dich einmal Fragen, wem Websites gehören, d.h. wer für ihre Gestaltung verantwortlich ist.
Er hat mich dann erst mal verdutzt angeschaut und hat dann gesagt:
| Na, dem, der sie erstellt hat.
(nicht das Einschraenken der Vielfalt, aber die "user control").
Es geht nicht nur darum, wie eine Seite "aussieht".
Die Betonung lieft auf dem Wörtchen »nur«. Ich stehe auch vollkommen hinter strukturellem Markup und der Idee, dass der Benutzer selbst entscheiden darf. Mir geht es wie gesagt nur darum, dass ich es als mein Recht ansehe, dem Benutzer einen »Vorschlag« zu liefern.
HTML muss nicht unbedingt auf einem Bildschirm angezeigt werden.
Es gibt bei CSS verschiedene Ausgabemedientypen, wie Du sicherlich weißt. Ich habe mich hier auf den Bildschirm beschränkt. Ich selbst verwende z.B. auf dem Bildschirm serifenlose Schriftarten und auf dem Papier Schriftarten mit Serifen, weil mir persönlich das so jeweils leichter fällt, zu lesen. Außerdem blende ich die Navigation auf dem Papier aus. (Man braucht sie ja nicht)
Das ist nur eine von vielen Moeglichkeiten, und nicht mal eine besonders schoene.
Worauf beziehst Du »das«?
Lies mal http://www.cs.tut.fi/~jkorpela/webpub.html und http://www.cs.tut.fi/~jkorpela/styles/harmful.html fuer ein paar Anregungen.
Im Ersten Link geht der Autor von einer Prämisse aus, der ich nicht zustimmen kann: Der Besucher bestimmt immer von vornerein, wie er eine Webseite zu sehen bekommt. Ich habe wie gesagt überhaupt nichts dagegen, wenn der Besucher eine Webseite an seine Bedürfnisse anpassen will. Aber warum soll ich als »Autor« nicht in der Lage sein, dem »Leser«, »Betrachter« mitzuteilen, wie ich _genau diese_ Webseite gerne sehen würde? Mit Verlust von Vielfalt meine ich, dass für den Besucher dann _alles_ gleich aussieht. Er bekommt gar keine Anregungen. Ein Besucher, der nur so mit dem Medium Web »aufgewachsen« ist, wird warscheinlich seine Einstellungen von irgendwoher übernehmen und gar nicht groß nachdenken, wie er es für ihn besser gestalten könnte.
Ich stelle mich voll auf die Seite des Autors, wenn es darum geht, strukturell und semantisch wertvolles Markup zu schreiben. Ich stimme ihm auch zu, dass Gestaltung in HTML nichts zu suchen hat.
Wenn jemand wirklich alle Seiten so gleich sehen will, dann soll er sich doch einen Browser holen, bei dem er einstellen kann, dass er nur noch sein eigenes Stylesheet sehen will, und dann so im Web herumsurfen. Ich habe kein Problem damit, er soll ruhig auf meinen Seiten sein, sie sind strukturiert und er wird dort keine Probleme finden. Aber ich selbst will _nicht_, dass alle Webseiten immer gleich aussehen, immer so, wie ich es will. Ich will Vielfalt sehen, das, was sich Autoren dabei gedacht haben. Für mich zählt die Gestaltung mit zum Inhalt. Und ich gebe bei meinen Stylesheets _immer_ media="screen" mit an, so dass unverkennbar ist, dass sie zu einem Bildschirm gehören.
Zum zweiten Link: Hier beschwert sich der Autor zum einen über die mangelhafte CSS-Unterstützung der Browser, wobei CSS1 inzwischen so gut wie vollständig unterstützt wird, sogar Netscape 4 kann das ziemlich gut. (ich weiß, wie alt das Dokument ist, ich wollte nur diesen einen Punkt auch noch besprechen) Dann kommt er mit der Komplexität. Da muss man ihm Recht geben, Stylesheets sind schon recht komplex. Doch IMHO sollte es Aufgabe der Browserhersteller sein, die Verwaltung von Benutzerstylesheets sowie das Bearbeiten ihres Inhalts zu erleichtern. Und damit wäre das ganze nicht mehr so komplex. Zweitens spricht er die Vorrangigkeit von Benutzerstylesheets an, dies ist jedoch hinfällig. (1) Dann hat er noch das Argument, dass es Kollisionen geben kann zwischen Benutzerstylesheets und Autorenstylesheets. Damit hat er natürlich Recht. Aber warum sollte man das nicht relativ einfach berücksichtigen können? Oder besser: Was sollte es denn für ein Problem geben, Vorder- und Hintergrundfarben immer gleichzeitig anzugeben? Und wenn jemadn sowieso _alles_ abändern will, dann sollte er Autorenstylesheets sowieso komplett abschalten und nur noch Benutzerstylesheets aktivieren, was sein gutes Recht ist.
Christian
(1) Aus http://www.w3.org/TR/REC-CSS2/cascade.html#important-rules:
| Note. This is a semantic change since CSS1. In CSS1, author "!important" rules took precedence over user "!important" rules.
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Ich bitte darum, dass ein Themenbereich (BARRIEREFREIHEIT) eingerichtet wird.