Sup!
Die armen Kinder sollen doch jetzt auch schon in der Grundschule Englisch lernen - wie erklärst Du denen denn dann, dass man "clean" und "spleen" gleich ausspricht, obwohl es sich ganz anders schreibt?
Das hat mit meiner Behauptung, dass Kinder die Leidtragenden der Rücknahme wären, nichts zu tun.
Oh doch. Denn wenn die Kinder die "Unlogik" des Englischen ertragen können, dann wird ihnen die Unlogik des Deutschen auch nicht so zusetzen, dass man von "Leiden" sprechen muss.
Meine Tochter hat seit der 3. Klasse Englisch. Sie hat sowohl die unterschiedliche Handhabung zwischen den Sprachen als auch die Friktionen im Regelwerk klaglos hingenommen. Letzteres kennt sie ja auch aus dem Deutschen (dass dir, wir, Bibel, Liter oder ein paar andere Wörte nur mit "i" geschrieben werden,, leuchtet ja auch niemandem ein. Das muss man - wie unregelmäßige Verben - einfach auswendig lernen)
Also leidet sie nicht und könnte auch mit der alten Rechtschreibung gut leben.
Und wenn die armen armen Kinder das dann sowieso lernen müssen - warum sollten sie es im Englischen schaffen, aber im Deutschen zu blöd sein, mal "Delphin" zu schreiben oder "Portemonnaie"?
Weil man grob sagen kann: Im Deutschen wird geschrieben wie gesprochen. Fremdwörter werden nach und nach von der jeweils aufnehmenden Sprache aufgesogen und deren Sprech- oder Schreibgewohnheiten unterworfen. Das ist ein stinknormaler Vorgang, der ständig passiert. Das erscheint nur den wenigen Menschen, die jeweils zum Augenblick des Fortschritts die Sprache sprechen, merkwürdig und ungewohnt. Ich bin hinsichtlich der Akzeptanz ganz zuversichtlich. Wir haben es ja auch verkraftet, dass aus nasus Nase wurde, ohne in die Sprachlosigkeit abzugleiten.
Und wir brauchten für die Sprachentwicklung seit 1901 kein Dekret der Kultusminister. Warum fängt man jetzt damit an, eine zwischenstaatliche Kommission etc. einzurichten, die alles zentral bestimmt?
Es ist doch lächerlich, mit dem Argument "Jetzt haben wir schon sooo lange Scheisse gebaut, jetzt müssen wir das auch durchziehen" für das Weitermachen zu argumentieren.
Nein, nein nein :-) Ich argumentiere gegen das lächerliche Argument "Ich will zurück zu alten Regelung". Schau mal in Süddeutsche vom Samstag/Sonntag und lass Dir als Liberaler die Argumentation des SZ-Chefredakteurs auf der Zunge zergehen. Der sagt u.a. "Die Reformkommission hat die ... Reform durch ... Wahlmöglichkeiten ... verkompliziert".
Ist doch auch so. Die "Rechtschreibreform" hat längst nicht mehr viel mit der Reform zu tun, die 1998 eingeführt wurde, da wird die ganze Zeit dran rumgefrickelt. Wir brauchen jetzt einen Schlußstrich und eine Einigung darauf, was wir übernehmen wollen und was nicht, und die Rücknahme der dämlicheren neuen Regeln kann nur mit Widerstand gegen die Übernahme aller Regeln im August 2005 erzwungen werden.
Merkst Du, wolang der Hase läuft? Der Mann sagt seinen Lesern: Ihr seid doch zu blöd, Kommas nach eigenem Gefühl zu setzen oder Wörter nach eigenem Gefühl zusammen oder getrennt zu schreiben. Der Mann ist ein Beamter³, der nach festen Regeln schreit, weil jede Art der Freiheit ihm die Luft zu atmen nimmt? Der ist ja noch ärmer dran als der Aust, der jahrelang freiwillig einer für ihn nicht verbindlichen Regelung folgte und jetzt den totalitären Staat anprangert?
Nun gut, die Entscheidung kommt spät und ich lobe mir die FAZ, die sofort nicht mitgemacht hat, aber es heisst doch immer: Lieber spät als nie. Und es ist sicher der Schreibsicherheit nicht förderlich, dass man die Rechtschreibregeln zum Experimentierfeld und Schreibweisen beliebig macht... am Ende denken jetzt Leute beim Bewerbungs-Schreiben noch darüber nach, mit welcher Rechtschreibung sie den sowohl seriösesten, aber auch intelligentesten und progressivsten Eindruck machen. Die relative Beliebigkeit kann durchaus störend sein.
Haben ihn Schröder und Kohl oder die KMK etwa gezwungen? Der Arme. Voll fiese. Hoffentlich wandert der nicht aus, solche Köpfe brauchen wir in Deutschland mehr denn je.
Die eigentlich durch nichts legitimierte KMK hat einfach gemacht.
Das Schlamassel, in dem wir jetzt stecken, geht auf die Kappe derjenigen, die ihre Reform 1998 durchdrücken wollten
Bitte beschäftige Dich noch einmal mit der Entstehungsgeschichte der Reform. Ein "durchdrücken" kann ich angesicht der langjährigen Entstehungsgeschichte nicht erkennen. Hier ein Link: http://www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=953
Ich habe den Link nicht gelesen, aber ich weiss, dass drinsteht, dass Lobbyisten aller Coleur ihren Senf dazu geben durften - das dabei herausgekommene Machwerk hatte demzufolge auch alle Merkmale eines faulen Kompromisses, und wurde dann aufgrund der überwältigenden Lobby- und Polit-Seilschaften-Macht gegen den Willen des Volkes durchgedrückt. So war's doch - jedenfalls empfinde ich das so, und in meiner Realität ist es somit wahr.
Gruesse,
Bio
Man kann aus Ackergaeulen keine Rennpferde machen