at: Typographie/Worterkennung

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Hallo.

Neben der erschwerten Lesbarkeit weist sie vor allem eine Eigenschaft auf: Hässlichkeit.

Nun ist Hässlichkeit bekanntlich eine Frage des schlechten Geschmacks, aber Schriten wie die Rotis haben besonders unter ihrer zeitgeistlichen Prägung zu leiden. Es mag weit hergeholt klingen, aber ich glaube, dass je besser die wirtschaftliche Lage ist, desto mehr Freunde die Rotis ob ihres kühlen und auf elitär getrimmten Charakters findet. Das macht sie derzeit nicht gefragt.

In letzter Zeit habe ich das Gefühl, sie häufiger zu sehen und verfalle angesichts der schlaffen e- und d-Minuskeln in eine kurzzeitige Melancholie. Wie bedauernswert gering ist das ästhetische Empfindungsvermögen mancher Menschen ausgebildet, besonders da sie sich der Ästhetik von Berufs wegen widmen!

Wenn ich die oben genannten Vorzeichen ausklammere, kann dies nur zum Teil nachvollziehen. Zumal ich die Reduzierung auf einzelne Buchstaben für schwierig halte. Ich verwende ja auch Garamond-Varianten, deren "a" eigentlich eines Klassikers unwürdig ist.
Für Lesetexte würde ich die Rotis aber ohnehin nicht verwenden. Das Schriftbild ist einfach zu unruhig -- beim Lesen von Otl Aichers "typographie" kann man ja regelrecht seekrank werden. Bei Überschriften hat man dann noch das Problem der sehr eingeschränkten Kombinierbarkeit, aber für Signets, insbesondere natürlich im Finanz-, Versicherungs- und Unternehmenseratungssektor gehört sie meines Erachtens zu den ersten Adressen.

Aber im Artikel geht es eben gerade darum, daß empirische Erkenntnisse aus Lesetest mit neuzeitlich-technischen Analysemethoden anders gewertet werden können.

Ganz ehrlich: Neuzeitlicher als eine Stoppuhr und ein Fragebogen zum Textverständnis muss meines Erachtens keine Analysemethode sein.

Mit dem Link auf den Beitrag wollte ich lediglich auf einen einzelnen - meiner Meinung interessanten - Aspekt hinweisen, ohne damit das allgemeine theoretische Fundament der Typographie in Abrede zu stellen. Ich hoffe, daß ich einzelne Aussagen treffen kann, ohne jedesmal die Geschichte des Universums und die Implikationen meiner Aussage darauf darzustellen. Du manövrierst mich in die Lage eines Mathematikers, dem Du bei der Formulierung eines algebraischen Satzes die umfassende Darstellung der gesamten zugrundeliegenden, mathematischen Axiomatik abverlangst (doch doch - ich bin immer noch ganz gelassen).

Es genügt mir ja zu wissen, dass du diesem Text etwas abgewinnen kannst. Dass ich das aus meiner eigenen Sicht nicht nachvollziehen kann, musst du ja nicht als Anreiz begreifen, mir eine Begründung für deine persönliche Meinung zu liefern. Ich kann von meiner abweichende Meinungen nicht nur tolerieren, sondern auch akzeptieren, denn selbst wenn Einigkeit über alle wesentlichen Argumente besteht, ist damit deren Gewichtung nicht auch die gleiche. Ich verlange dir also nur dann etwas ab, wenn du den Ehrgeiz entwickelst, mich in einer Angelegenheit anderweitig überzeugen zu wollen, derer ich mir bereits recht sicher bin.

Vielleicht reden wir aber auch nur einmal wieder aneinander vorbei...

Das vermute ich fast. Das wäre zwar sicher keine Absicht, aber manchmal sind meine eigenen Analyseverfahren etwas -- nun, du würdest es vielleicht "rotis-mäßig" nennen. Übe bitte Nachsicht mit mir.
MfG, at