Hallo Siechfred,
Eben. Wenn ein AN genügend Leerlauf hat, von 8 Stunden täglicher Arbeitszeit 3 Stunden im Internet zu surfen, dann stimmt irgendwas nicht.
Genau da liegt doch der Hase im Pfeffer: Es ist doch völlig unerheblich, ob der AN sein Arbeitspensum in den vorgesehenen 8 Stunden erledigt oder ob er es in kürzerer Zeit schafft.
Und im anderen Fall sollte man untersuchen, ob die Zeitvorgabe nicht zu großzügig oder ob der AN mit seinem Arbeitspensum nicht vielleicht unterfordert war.
Das mit dem Unterfordern halte ich aber für Unsinn: Wichtig ist doch nur, dass die aus der Sicht der Firma nötige Arbeit erledigt wird.
Genau das ist der Punkt. Hier ist der AG gefordert, er ist der Motivator, denn es gibt nichts schlimmeres, als wenn ein AN sich selber motivieren muss. Wenn Anreize dafür geschaffen werden, sich ins Zeug zu legen, dann tut man es auch. Dass diese Anreize zumeist finanzieller Natur sein werden, ist der Punkt, warum viele AG diesen Schritt scheuen.
Und genau hier bin ich absolut nicht d'accord. Wenn ich von mir selbst als Beispiel ausgehe, dann sage ich mal, ich habe ein Einkommen, mit dem ich ganz gut auskomme (hmm, interessanter Satz). Wenn mir nun mein Chef sagt, die Prüfung müsse -einschließlich Prüfbericht- bis Mittwoch früh fertig sein, und ich kann absehen, dass ich es auch schon bis Dienstagmittag schaffen könnte, dann werde ich doch 'nen Teufel tun und verfrüht "Fertig!" melden. Sondern ich werde mir am Dienstag Zeit lassen und vielleicht ein Stündchen oder zwei meinen eigenen Interessen nachgehen - und das kann auch hier und da mal eine Weile im Internet sein. Mein Chef weiß das im Grunde genommen und duldet es, weil er weiß, dass er andererseits auf mich zählen kann, wenn's wirklich eng wird.
Und mit höherem Gehalt bin ich da auch nicht zu ködern, denn das Mehr an (quasi) Freizeit ist IMHO mit Geld nicht aufzuwiegen.
Glaube mir, ich rede mir oft genug den Mund fusslig, um AG dazu zu bewegen, ihre AN stärker bzw. überhaupt zu motivieren. Doch leider hat sich in D eine Unkultur der Demotivation herausgebildet, gegen die nur sehr schwer anzukommen ist.
Ja, kein Wunder. Ich arbeite doch nicht um der Arbeit willen, oder weil ich der Firma einen Gefallen tun will. Sondern ich arbeite, um zu leben. Wenn ich dann aber kaum noch Zeit zum Leben habe, weil ich morgens um sieben in die Firma fahre und abends um sechs heimkomme - na, viel Zeit für eigene Aktivitäten bleibt da nicht.
Und dieses Verhalten ist auf beiden Seiten zu beobachten. AG üben Druck auf ihre AN aus, weil diese in einer LMAA-Stimmung sind. Das wiederum führt zu einer weiteren Verschlechterung der Stimmung, dem versuchen die AG durch noch mehr Druck beizukommen. Und so dreht sich das Ganze im Kreis.
Natürlich. Zumindest die Besserverdienenden sind nicht unbedingt mit mehr Geld zu motivieren (okay, manche schon), sondern sie wollen Lebensqualität - und dazu gehört eben auch Freiheit und Freizeit.
Jeder gute Unternehmer weiß, dass er sein Kapital hegen und pflegen muss, indem er in neue Maschinen und Einrichtungen investiert und den Bestand regelmäßig warten lässt. Aber wenn es um das Humankapital geht, gelten solche elementaren Regeln allzu oft nicht mehr. Und dieser Fakt trägt m.E. nicht unbedingt dazu bei, der allgemeinen Depression entgegenzusteuern. Hier ist m.E. auch der Staat gefordert, Investitionen in das Humankapital gleichermaßen zu fördern wie Investitionen in das Sachkapital.
Ja, ich finde es nur schade, dass solche Gedanken immer nur aufs Geld reduziert werden.
Schönen Abend noch,
Martin