Stonie: Stilblüten der Schlechtschreibreform Teil XLII

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Hallo Swen,

Das ß ist sowieso Vollschrott und gehört endgelagert :-)

Ach, was! Gönn' den Deutschlehrern doch auch ihren Spaß! :o)

Es ging ja nicht darum, "dass" und "das" besser unterscheiden zu können. Es ging darum, dass in der Regel die Kürze eines betonten kurzen Vokal durch Verdopplung des folgenden Konsonanten erfolgt. Und nun erklär mal (d)einem Kind, warum wir wessen mit ss, daß aber mit ß schreiben.

Oh, das ist puppeneinfach: "daß" hat als Wort eine andere Bedeutung als "das", irgendwie muß man das ja unterscheiden können. Das "ß" kommt, wenn ich mich richtig erinnere noch von dem Schluß-s der Sutterlin-Schrift.

Mein Klassenlehrer, der mich weiland in der 3. und 4. Klasse zu verarzten hatte, ist übrigens dazu übergegangen, uns in Diktaten ein "daß" mit dem kurzen Vokal zu präsentieren, wenn es aber um das Rindvieh an sich ging, kam ein sehr deutliches "daahs", damit wir auch ja wußten, was da zu schreiben sei. Manchmal hat es Vorteile, in einer stark dialektgeprägten Gegend zur Schule zu gehen - die Leute geben sich viel mehr Mühe, auch wirklich "daahs" auszusprechen, "waahs" da steht.

Aber es treibt natürlich lustige Blüten, schon klar: In Russland wohnt der wilde Russ', der hat, wenn er ein Lagerfeuerchen angezündet hat Ruß an den Händen, vielleicht auch an den Füßen. Vielleicht zieht er ja nach Füssen, das soll ja auch 'ne schöne Stadt sein. Undsoweiterundsofort...

Lustig wird's, wenn du messen willst und das im bayerischen Bierzelt versuchst: Das Maß hat ja einen langen a-Laut, wohingegen der Bayer seinen Liter Bier "Mass" nennt, was durchaus genau dasselbe ist: Nämlich ein Maßkrug, in dem man eben diese Menge Bieres abmißt. Um dieses Messinstrument von dem allgemeinen Begriff des Maßes abzusetzen, spricht er das a kurz und schreibt konsequenterweise eben ein ss dahinter und kein ß, was ja den Vokal verlängern würde. Der Maßkrug (sprich: Masskrug) wird aber dann doch wieder mit ß geschrieben und ss gesprochen. Verwirrend, aber der Bayer an sich beherrscht dieses Durcheinander ganz unglaublich gut.

Um dieses Geblödel jetzt mal ein bißchen ernsthaft zu beenden: Wenn du mich fragst, hat, wie eingangs schon erwähnt, das "andere" s hinter dem Partikel den schlichten Sinn, ihn von dem Artikel abzusetzen. Es lebe die Ausnahme! Grundsätlich hat das ß durchaus seine Berechtigung, wenn man nur damit umzugehen weiß.

Grundsätzlich zum Thema "Rechtschreibreform": Wenn die Reformer begreifen, daß es nimmermals möglich sein wird, der Mehrzahl derer, die eine Sprache schreiben, beizubringen, wie sie denn korrekt zu schreiben sei, werden sie vermutlich auch endlich aufhören, die Sprache zu Tode zu vereinfachen. Ich habe mich ziemlich standhaft geweigert, mir die entsprechenden Neuregelungen anzueignen, weil ich mir selbst eine gewisse Unschärfe zugestehe und, nach dem, was ich täglich so zu sehen bekomme, guten Mutes davon ausgehe, daß kaum jemand all' die kleinen Fehlerchen bemerken wird, die ich so mache.

Ich denke nicht, dass die Reform, so sehr ich selbst sie ob ihrer Schwammigkeit ablehne, das Übel ist. Das Übel ist der Grund, aus dem eine Reform notwendig wurde: Daß nämlich immer weniger Menschen, die in Deutschland zur Schule gehen, tatsächlich lernen, die Sprache zu beherrschen. Die Reform sollte es "den Kindern leichter machen". Das tut sie nicht, denn sie kann nicht leisten, was notwendig ist: Ein fundierter Unterricht, der den Kindern die Sprache vermittelt, die in der hier vorhandenen Umgebung das Kommunikationsmedium ist.

Was wir brauchen, ist meiner Ansicht nach keine Rechtschreibreform. Wir brauchen Schulen, die in der Lage sind mit der wirklich inhomogenen Klassenzusammensetzung in der Grundschule fertigzuwerden. Was wir brauchen, sind Kultusministerien, die begreifen, dass uns jetzt die Geister heimsuchen, die wir riefen: Es darf nicht mehr vorausgesetzt werden, daß ein Kind, das in Deutschland in die Schule kommt, auch Deutsch als Muttersprache hat. Und also muss der Deutschunterricht an den Grundschulen eine Reform erfahren, nicht etwa die Rechtschreibung. Die ist vor der Reform meiner Ansicht nach nicht schwieriger gewesen als nach der Reform.

File Griese,

Stonie

--
Ein schlechtes Statement spricht für sich - jeder Kommentar ist verschwendete Energie, die einem bei wirklich wichtigen Unterfangen fehlen könnte.
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Stilblüten der Schlechtschreibreform Teil XLII

Gunnar Bittersmann
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