Hi Stonie,
Ach, was! Gönn' den Deutschlehrern doch auch ihren Spaß! :o)
Kleine Nebenbemerkung: Der Druck auf die Deutschlehrer, in den Abschlussklassen besonders auf die Rechtschreibung zu achten, kommt hauptsächlich aus der Wirtschaft und der Politik. In NRW sind die Lehrer aller Fächer gehalten, schriftliche Arbeiten abzuwerten, die besondere Mängel im Bereich der Rechtschreibung aufweisen.
Während die Schule durchaus bereit ist, auf Legasthenie und dergleichen Rücksicht zu nehmen, neigen Personalabteilungen dazu, solche Leute grundsätzlich abzulehnen.
Es ging ja nicht darum, "dass" und "das" besser unterscheiden zu können.
Oh, das ist puppeneinfach: "daß" hat als Wort eine andere Bedeutung als "das", irgendwie muß man das ja unterscheiden können.
Tatsächlich trifft hier ein Rechtschreibeproblem mit einer grammatischen Schwierigkeit zusammen. Die dass-Sätze ersetzen oft ein Objekt oder Subjekt im Satz, so dass ein wirkliches Verständnis der Bedeutung ein Verständnis von Objekten und Angaben im Satz voraussetzt.
Manchmal hat es Vorteile, in einer stark dialektgeprägten Gegend zur Schule zu gehen - die Leute geben sich viel mehr Mühe, auch wirklich "daahs" auszusprechen, "waahs" da steht.
Ich habe mal eine humorvolle sprachwissenschaftliche Untersuchung gelesen, wo die Leute sagen "Ich esse gärne Kese." und wo "Ich esse gerne Käse." Meist dürften Dialekte korrektes Schreiben eher erschweren als erleichtern...
Grundsätzlich zum Thema "Rechtschreibreform": Wenn die Reformer begreifen, daß es nimmermals möglich sein wird, der Mehrzahl derer, die eine Sprache schreiben, beizubringen, wie sie denn korrekt zu schreiben sei, werden sie vermutlich auch endlich aufhören, die Sprache zu Tode zu vereinfachen.
Ich würde anders formulieren: Es ist verlogen, den Bildungsverfall zu beklagen, wenn man selbst die Voraussetzungen dafür schafft.
Ich denke nicht, dass die Reform, so sehr ich selbst sie ob ihrer Schwammigkeit ablehne, das Übel ist. Das Übel ist der Grund, aus dem eine Reform notwendig wurde: Daß nämlich immer weniger Menschen, die in Deutschland zur Schule gehen, tatsächlich lernen, die Sprache zu beherrschen. Die Reform sollte es "den Kindern leichter machen". Das tut sie nicht, denn sie kann nicht leisten, was notwendig ist: Ein fundierter Unterricht, der den Kindern die Sprache vermittelt, die in der hier vorhandenen Umgebung das Kommunikationsmedium ist.
Das hast Du wirklich schön gesagt. Es kann ein Vergnügen sein, die eigene Sprache wirklich zu beherrschen und es eröffnet Möglichkeiten, schwierige Dinge selbst zu verstehen.
Was wir brauchen, ist meiner Ansicht nach keine Rechtschreibreform. Wir brauchen Schulen, die in der Lage sind mit der wirklich inhomogenen Klassenzusammensetzung in der Grundschule fertigzuwerden.
Diese Inhomogenität hat sich in den letzten Jahren wirklich verschärft. Die Schere zwischen den sozialen Gruppen klafft immer weiter auseinander. Das Hauptproblem dabei ist, dass viele Kinder nicht in der Lage sind, ohne größere Reibungen und mit Spaß in einer Gruppe zu lernen, was doch früher geradezu das Kennzeichen der Grundschule war.
Was wir brauchen, sind Kultusministerien, die begreifen, dass uns jetzt die Geister heimsuchen, die wir riefen: Es darf nicht mehr vorausgesetzt werden, daß ein Kind, das in Deutschland in die Schule kommt, auch Deutsch als Muttersprache hat.
Und dass Kinder, die Deutsch als Muttersprache haben, diese auch halbwegs korrekt beherrscht.
Und also muss der Deutschunterricht an den Grundschulen eine Reform erfahren, nicht etwa die Rechtschreibung. Die ist vor der Reform meiner Ansicht nach nicht schwieriger gewesen als nach der Reform.
Die meisten Rechtschreibprobleme bewegen sich weit unterhalb der Phänomene, die von der Reform erfasst werden.
Viele Grüße
Mathias Bigge