Swen Wacker: Stilblüten der Schlechtschreibreform Teil XLII

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Moin,

insgesamt wünsche ich mir mehr Lockerheit in der Diskussion. Ich habe das Gefühl, dass die Rechtschreibung und ihre vermeintliche Verteidigung oder Verbesserung zu zwanghaft betrieben wird. So wie das ein Volk von Mülltrennern und Dosenmaut-Zahlern halt so gern macht :-)

Wenn Du glaubst ...

Wenn ich im Zusammenhang mir Rechtschreibreform noch an irgendwas glaube, dann an das Volk der Sprechenden, dass sich von den akademischen Diskussion nicht wirklich beindrucken lässt. Die schreiben munter weiter wie ihnen der Schnabel und die Finger gewachsen sind.

Wenn Du glaubst, die neue Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung sei gut und mit wenigen Regeln zu beschreiben, kennst Du sie nicht. Es gibt zahllose Ausnahmen und Sonderregelungen. Nicht umsonst wollen selbst die Reformer gerade hier nachbessern.

Warum schrieb ich wohl: Kein normalsterblicher Durchschnittsdeutsche kann auch nur ansatzweise allein die komplexen Regeln zur Getrenntschreibung auch nur halbwegs erklären. Das gilt auch für die nachgebesserten Paragraphen.

Sprachen müssen nicht eindeutig sein. Sie sollten aber einfach zu lernen sein.
... besser als ...

Was genau soll das bringen? Warum willst Du Sprachen in einen Wettbewerb stellen? Das halte ich für wenig zielführend.

Es hätte einen Regel gereicht, die da z.B. sagt: Getrenntschreibung ist er Normalfall, beabsichtigt der Schreibende eine andere Aussage, kann er die Wortgruppe zusammenschreiben (sic!).
Solche Regeln mag ich. Mein Liebling: "Man setzt ein Komma, wenn ein neuer Sinnabschnitt beginnt." Solche am Verständnis orientierten Regeln findet man in der Reform nicht.

Wenn ich mich recht erinnere, gab es von den Stillstandbewahrern auch deutliche Kritik an den eingeführte Kann-Regelungen in der Zeichensetzung "... kann man ein Komma setzen...". Auch hier witterten die Nein-Sager den Untergang des deutschsprachigen Abendlandes und forderten klare Festlegungen. Wir werden ja sehen, was der Rat so rät.

Du willst die deutsche Sprache der Kultusbürokratie in die Hände geben

Woran machst Du das fest? Bürokratien sind m.E. übrigens ebenso ungeeignet für diese Aufgaben wie manche Deutschlehrer und so ziemlich alle Philologen. Wer die an Regelwerke lässt, der wählt auch Merkel zum Kanzler.
Am liebsten wäre mir übrigens, wenn wir das Regelwerk völlig abschaffen.
Und mit ein bisschen Ernst in der Polemik rate ich mal, dass de facto eh Microsofts Word-Rechtschreibprüfung im wesentlichen bestimmt, was in Deutschland richtig oder falsch ist.

Zu der derzeitigen Diskussion über Änderungen an der Reform: Die bislang geänderten Paragraphen (Getrennt- und Zusammenschreibung) lassen immerhin ab und an Wahlmöglichkeiten zu. Wenn ich aber lese, dass man bei der Zeichensetzung diesbezüglich wieder zurückrudern möchte, dann finde ich das ärgerlich.

Die Bürokraten haben doch genug Bereiche, in denen sie die Welt auf ihren Bierdeckelverstand reduzieren können.

Na was ein Glück, dass hier keine Ministeriellen mitlesen :-)

Und nun erklär mal (d)einem Kind, warum wir wessen mit ss, daß aber mit ß schreiben.
Das ist ein Scheinproblem.

Tolles Argument. Begründe doch bitte nochmal schnell die Logik die hinter dass mit ß steht. Den Teil mit "das war schon immer so" kannst Du weglassen :-)
Die Argumentationslinie (nicht Deine) der Neinsager, Ausnahmen scheinbar schon allein deshalb bestehen lassen wollen, damit sich die verbleibenden nicht so einsam fühlen, hat sich mir noch nie erschlossen.

Nein, der Wegfall des "ß" ist m.E. nur der erste Schritt. Für ein einfaches "s" war die Reformisten einfach nicht mutig genug. Immerhin kann man es jetzt schon mal mit der grundsätzlichen Regel (§ 2) erklären. In einem weiteren Schritt wird das ss zu s. Da bin ich mir sicher. Sprachen schleifen sich halt ein, entwickeln sich weiter. Und wenn Millionen Schüler, Deutschlernende und Schreibende immer und immer wieder einen "Fehler" machen, dann muss man halt irgendwann akzeptieren, dass das kein Fehler mehr sein kann, sondern sprachliche Evolution. Dafür wird die Sprache halt in anderen Bereichen komplizierter.

So stell ich mir das vor: Das Regelwerk einer Sprache läuft bitte zielstrebig hinter der tatsächlichen Entwicklung hinterher, hemmt nicht und versucht auch nur sehr zaghaft zu lenken. Was richtig und was falsch ist, das ergibt sich aus dem Alltag und wird - retard - ins Regelwerk aufgenommen. Das Regelwerk bildet nach und fasst zusammen. Irgendwann war "daß" sicher irgendwie sinnvoll. Heute nicht mehr.

Erklärst Du einem Kind, warum man Mathias nicht Matijas schreibt?

Ja. Weil das bei Eigennamen nun mal so ist. Außerdem kaufe ich ein "e" und verrutsche das "h":  Matiejahs ;-)
Wo wir gerade bei Fremdwörtern in unserer Sprache sind, fällt mir noch was ein: Im Schweden ist ein Restaurant ein Restaurang, der Philosoph ein Filosof. Das ist ein mutige Sprache, die sich Fremdworte zu eigen macht und - auch in der Schreibweise - verinnerlicht. So etwas wünsche ich mir in Deutschland auch. Dann ertrage ich sogar Lafontaine als Kanzler :-)

Es ist eine reine Illusion, man könnte mit ein paar Regeländerungen die Schreibweise nahtlos der Lautung anpassen.

Glücklicherweise erweckt ja niemand hier diese Illusion. Der Wegfall des ß in daß war der Wegfall einer zu lernenden Ausnahme von der Regel.

Du forderst praktisch eine Art von Lautschrift als Vereinfachung. De facto wäre das zehnmal komplizierter als der gewachsaene Ist-Zustand.

Die Argumentationskette, mir erstmal irgendeinen Schwachfug zu unterstellen und dann die unterstellte Meinung zu kritisieren hilft nicht wirklich weiter.
Bei Eigennamen und nicht mehr wirklich erklärbaren Wortzusammensetzungen  braucht man kein Regelung zu versuchen. Walnuss z.B. ist für den Durchschnittsmenschen eine ebenso sinnlose Wortzusammensetzung wie es Wahlnuss wäre. Die Herkunft des Wortes ist für den 0815-Deutschen nicht mehr erkennbar. Da sollte man halt die allgemeine Schreibweise beobachten und wenn es dann im täglichen Gebrauch eine klare Tendenz gibt, dass die Walnuss mit h geschrieben wird, dann ist das halt so. Dann steht in irgendwelchen Wortlisten halt ab übermorgen Wahlnuss. So wie vielleicht irgendwann demnächst das "funzen" üblich (und damit zwingend richtig) sein wird. Da kann das Wort Dir und mir noch so viel die Fußnägel aufrollen, das müssen wir alten Säcken dann halt aushalten :-)

Viele Grüße

Swen Wacker

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Stilblüten der Schlechtschreibreform Teil XLII

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