Hi,
Das Problem mit diesen "prinzipiell ethischen Grundlagen" war aber schon immer, dass es einer übermenschlichen Kontrollinstanz bedarf, um diese durchzusetzten.
Das mag früher so gewesen sein. Heutzutage werden allerdings unterschiedliche Sozialverhalten ja durchaus erforscht - und deren Nach- bzw. Vorteile ja auch nachgewiesen.
waren die Göttergestalten herrschsüchtig, eifernd, nachtragend, blutrünstig aber eben auch fast allwissend, und das war wichtig, man konnte fast keine Schandtat vor ihnen verbergen.
Ja. "Dumm" nur, daß es nur eine Schandtat war, jemanden der eigenen Glaubensgemeinschaft (unberechtigterweise) umzubringen, nicht jedoch, Mitglieder fremder Glaubensgemeinschaften die Köpfe einzuschlagen. :-/
Der Wandel der neueren Religionen war der hin zum Glauben an einen allmächtigen, allwissenden aber auch allgütigen Gott. Da ist meiner Meinung nach schon ein Unterschied. Die Christen haben also nicht _nur_ von alten Religionen abgeschrieben.
Nein, natürlich nicht.
Im SPIEGEL wird übrigens die These wiedergegeben, daß die interreligiöse Gewalttätigkeit eher ein Problem der monotheistischen Religonen darstellt, da der jeweilige Gott, wie Du ja auch schreibst, einen eifersüchtgen Exklusivitätsanspruch hat (ja: haben muß!).
Polytheistische Religionen wären vergleichsweise viel ausgleichender, da sie i.d.R. für alle möglichen Bereiche des Lebens eine eigene Gottheit haben, die, je nach Religion, halt nur anders genannt wird (exemplarisch: Zeus vs. Jupiter). :)
Es wäre IMHO wohl nicht unsinnig, anstelle der Verhaltendkodizes der Buchreligionen (die sich im Wesentlichen sehr ähneln), eine generelle, humanistische Ethik zu propagieren, ganz im Sinne von Kants kategorischem Imperativ (handle stets so, daß dein Handeln als Grundlage für eine allgemeine Gesetzgebung dienen könnte).
Wer soll die Kontrollinstanz sein?Dein Vorschlag wird sicherlich einmal Realität, nämlich dann, wenn die Kontrollinstanz in einer wirklich demokratischen Gesellschaftsform besteht.
Das wäre die Antwort gewesen. ;)
Man kann es aber auch "unperfekterweise" in unserer aufklärerischen Tradition ausdrücken - nämlich mit Rosa Luxemburg: "Die Freiheit des einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt."
Besser kann man es IMHO, selbst ganz ohne "perfekte Demokratie", kaum auf den Punkt bringen!
Dort muss aber jedes Individuum zumindest die Möglichkeit haben fast allwissend zu sein, also die Handlungen seiner Mitbürger auf Einhaltung der "generellen humanistischen Ethik" hin zu kontrollieren.
Ich denke nicht, daß diese im Sinne der "Anwendung der Ethik" notwendig ist. Dies ist notwendig im Falle des "Verstoßes gegen die Ethik", also im notwendigen Sanktionsfall, der, s. Demokratie, durch die Gemeinschaft (bzw. der durch sie bestellten Gerichtsbarkeit) festgestelt werden kann und muß.
Es muss soweit allmächtig sein, dass es Mehrheiten mobilisieren kann, wenn es der Meinung ist, dass Einzelne sich nicht an die "generelle humanistische Ethik" halten. Kurz die Techniken der Information und Kommunikation müssen weit entwickelt sein. Das ist derzeit in unserer Welt noch lange nicht so. Meiner Meinung nach brauchen wir Gott noch.
Diesem Posting kannst Du entnehmen, daß ich da also durchaus und begründeterweise anderer Meinung bin. ;)
Gruß, Cybaer
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