Hell-O!
"Was sollte ich als Student für die Steuererklärung 2006 beachten, wenn ich neben dem Studium arbeite" [...] Kann ich da die Kosten für das Studium anrechnen?
Ja. Man kann ja 25 verschiedene Jobs haben. Allerdings ist zu beachten, dass sich im Moment Gesetzestext (§ 12 Nr. 5 EStG hatte ich ja genannt) und Rechtsprechung beißen. Der Bundesfinanzhof lässt zwar in seiner Urteilsbegründung durchblicken, dass er das Abzugsverbot für Kosten des Erststudiums für verfassungswidrig hält, hatte aber nicht darüber zu befinden (der dem Urteil zu Grunde liegende Sachverhalt betraf Zeiträume vor 2004). Jetzt sitzt die Beraterschaft in den Startlöchern und lauert auf den ersten Studenten, der ein entsprechendes Musterverfahren anstrengt, das ggf. bis zum Bundesverfassungsgericht gehen muss. Die Chancen, das Verfahren zu gewinnen, sind sehr hoch.
IMHO wäre das ja irgendwie blödsinnig, da die Kosten für das Studium etwas mit meinem _späteren_ Beruf zu tun haben (im Sinne von Werbungskosten etc.), nicht jedoch mit meinen _jetztigen_ Nebenjobs.
In der Tat, deshalb gibt es ja den Begriff der *vorweggenommenen* Werbungskosten - Kosten also, die du im Hinblick auf deine spätere berufliche Tätigkeit jetzt schon auf dich nimmst. Der Klassiker sind Bewerbungskosten, die du ja auch schon hast, obwohl du den angestrebten Job noch gar nicht hast bzw. noch keine Einnahmen daraus erzielst.
Wenn ich jetzt aber eine Steuererklärung abgebe und die Kosten nicht aufführe, dann könnte es jedoch nach Deinem Posting sein, dass ich sie nicht anrechnen kann (weil der Sachverhalt noch nicht geklärt ist). Wenn ich sie aber afführe, bezweifle ich, dass dies großartig am Steuerbescheid etwas ändern würde, da ich ja sowieso das meiste an Steuer zurückerhalte. Daher die Frage, wie man sich von vorne herein richtig verhält, ich denke, das dürfte andere Studenten hier auch interessieren.
Selbstverständlich ist diese Geschichte nur dann interessant, wenn es zu *Verlusten* kommt. Mal ein Beispiel:
Du hast in den Semesterferien 2 Monate auf Lohnsteuerkarte gejobbt und 4.000 Euro brutto verdient. Daneben hast du aus diversen Promo-Jobs als Selbständiger 5.000 Euro verdient, geblieben sind dir nach Abzug deiner Ausgaben (Fahrtkosten usw.) 4.000 Euro. Weitere steuerlich relevante Einkünfte hattest du nicht. An Lohnsteuer wurden dir runde 500 Euro einbehalten. Jetzt gibst du deine Steuererklärung 2006 ab, auf deren Grundlage die Steuer wie folgt (und stark vereinfacht) berechnet wird:
Bruttoeinnahmen Arbeitnehmer: 4.000,00 Euro
Werbungskosten-Pauschbetrag: - 920,00 Euro
Einkünfte als Arbeitnehmer: 3.080,00 Euro
Einkünfte Promotion: 4.000,00 Euro
= Gesamtbetrag der Einkünfte: 7.080,00 Euro
Auch ohne die weiteren Abzüge (Sonderausgaben etc.) ergibt sich eine Einkommensteuer von 0 Euro, du bekommst also deine 500 Euro erstattet.
Jetzt kommen Studienkosten dazu, sodass deine Werbungskosten einschließlich der Kosten, die du im Rahmen deines Ferienjobs hattest 10.000 Euro betragen. Dann sieht das Ganze so aus:
Bruttoeinnahmen Arbeitnehmer: 4.000,00 Euro
Werbungskosten: - 10.000,00 Euro
Einkünfte als Arbeitnehmer: - 6.000,00 Euro [1]
Einkünfte Promotion: 4.000,00 Euro
Ausgleich mit AN-Einkünften - 4.000,00 Euro [1]
= Gesamtbetrag der Einkünfte: 0,00 Euro
Wichtig ist hier [1]: Durch den Ansatz der Werbungskosten ergibt sich ein Minus bei den Einkünften als Arbeitnehmer von 6.000 Euro. Dies kannst du in diesem Jahr mit dem Promojob verrechnen, das waren 4.000 Euro. Danach bleiben 2.000 Euro übrig. Dies ist der Verlust, den man entweder ins Vorjahr zurücktragen kann oder der in Folgejahren zur Verrechnung zur Verfügung steht. Würde man mein Beispiel mal auf 5 Jahre Studium betrachten, dann kämen 10.000 Euro Verluste zusammen, die dir beim Start in das Berufsleben als "Steuerfreibetrag" zur Verfügung stehen.
Du siehst, es kommt bei dieser Sache auf den ganz konkreten Fall an, und darauf wollte ich hinaus: Bei den Betroffenen die Sinne schärfen, auf dass sie ihren Sachverhalt fachkundig prüfen lassen. Nichts ist ärgerlicher, als in zwei Jahren mit dickem Kopf dazustehen und zu denken: Hätte ich das bloß früher gewusst ;-)
Übrigens: das Ganze hat auch Auswirkungen auf die Berücksichtigung als Kind. Da ein Student in der Regel älter als 18 Jahre ist, wird er bei seinen Eltern steuerlich nur dann als Kind berücksichtigt, wenn er Einkünfte und Bezüge von höchstens 7.680 Euro pro Jahr hatte.
Jetzt schau dir mein erstes Beispiel an. Da war der Gesamtbetrag der Einkünfte 7.080 Euro. Sollte also alles in Butter sein, oder? Mitnichten! Das Bafög zählt nämlich auch zu den Bezügen. Jetzt bekommst du bspw. 250 Euro Bafög. Unter Beachtung der BVerfG-Rechtsprechung (siehe Newseintrag vom 28.11.2005) sind zusätzlich die SV-Beiträge abzuziehen. Also rechnen wir wie folgt:
Gesamtbetrag der Einkünfte: 7.080,00 Euro
Abzgl. SV-Beiträge (AN-Anteil): - 840,00 Euro
Zzgl. Bafög (12 x 250,00 Euro): 3.000,00 Euro
Abzgl. Kostenpauschale: - 180,00 Euro
= Einkünfte und Bezüge: 9.060,00 Euro
Ergebnis: kein Kindergeld für Mama und Papa. Unter Berücksichtigung der Studienkosten als Werbungskosten bleibt man indes unter der Grenze (die Berechnung spare ich mir jetzt mal :-) ), sodass es - oh Wunder - doch Kindergeld für Mama und Papa gibt.
Ich hoffe, damit die Verwirrung komplettiert zu haben, weise aber nochmal ausdrücklich darauf hin, dass für Jahre ab 2004 zwar ein Abzugsverbot im Gesetz steht, das aber nach Meinung der Rechtsprechung und der Literatur verfassungwidrig ist. Warten wir also auf ein Musterverfahren, an das man sich dranhängen kann.
Bis dahin bleibt auf jeden Fall die Option, die entsprechenden Kosten für Jahre vor 2004 soweit wie möglich zurück geltend zu machen.
Siechfred
Ich bin strenggenommen auch nur interessierter Laie. (molily)
Zitat des Tages || Falle Aufteilungsbescheid || RT 221 Erfurt-Altstadt i.V.