Hi!
Wenn jemand mit einem geschlechtsneutralen Wort ein Geschlecht assoziiert, dann ist das nicht das Problem der Sprache sondern der assoziierenden Person. Ich würde meinen, die Person sollte sich ändern, nicht die Sprache.
Das ist ja die übliche Entgegnung, die einfach von den Lippen geht, aber wie treibst du den Menschen den »Male Bias« aus, wenn nicht pragmatisch über Sprachkritik? Wenn nicht Sprache das Vehikel ist, um das (sprachliche) Denken zu ändern, was dann?
Sprachvergewaltigung ist jedenfalls sicher nicht das Mittel der Wahl. Ich würde zuerst einmal versuchen, die Fehlassoziation dadurch zu korrigieren, dass man den Schülern der Grundschule einmal deutlich mitteilt, dass ein (generisches) grammatikalisches Maskulinum auch Frauen miteinschließt. Wenn mir das in den 12 Jahren meiner Grund- und Mittelschullaufbahn (bin aus Österreich) einmal gesagt worden ist, dann habe ich es schon lange wieder vergessen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass das nicht geschehen ist.
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Fast alles wurde vor 1945 von Männern dominiert. Und? Stempeln wir deshalb sämtliche Kunstwerke bis 1900 als "sexistisch" ab, so wie das momentan implizit mit allem vor 2000 Geschriebenem geschieht?
Keine Ahnung, wie du darauf kommst - es ging in meiner Aussage lediglich darum, die Behauptung zu widerlegen, die Sprachgeschichte sei gleichermaßen von Frauen und Männern geprägt worden und deshalb sei die jetzige Sprache sakrosankt und prinzipiell frei von Sexismus.
Wenn wir nun _praktisch immer_ weibliche und männliche Formen angeben, weil man so der pöhsen deutschen Sprache ihren ach-so-großen Sexismus austreiben will, dann macht das alle Schriftstücke, die das nicht tun, zu sexistischen Werken - und bis vor kurzer Zeit hat man das halt einfach nicht gemacht.
Und bitte, lieber Mathias, dass du nun schon zum zweiten Mal das Wort "sakrosankt" benutzt, das geht mir gehörig auf den Senkel. Im deutschen Sprachraum sind andere Dinge sakrosankt, aber sicher nicht die Sprache selber. Es gibt an ihr auch (vor allem in ihrem momentanen Zustand) sicher genug zu verbessern, aber sie für die Benachteilung von Frauen verantwortlich zu machen ist schlicht und ergreifend hirnrissig. Es ist doch ziemlich verwunderlich, dass es um die Frauen in den meisten Kulturen dieser Welt deutlich schlechter als im deutschsprachigen Raum bestellt ist - obwohl deren Sprachen sogar laut solchen Kapazundern wie der Pusch weniger sexistisch sind! Das sollte doch jeder als Indiz dafür erkennen, dass die Sprache für Benachteilungen einfach nix kann.
Gruß
Bernhard