Hallo Michael,
[http://jendryschik.de/misc/disclaimer]
Der Tenor aller Anti-Disclaimer ist leider einhellig, dass man zwar die Verantwortung für Links übernehme, aber doch sofort selbstzensierend einschreiten werde und sich den Mund verbieten lasse, sollte sich hinter einem Link etwas Fragwürdiges verstecken.
Ist das jetzt eine ganz allgemeine Anmerkung oder beziehst du dich (auch) auf meinen Disclaimer?
Ja und ja, auch. Mir begegnet öfter, dass man sich zwar die Nutzlosigkeit des »Distanzierens« eingesteht, jedoch darauf Wert legt, dass zum Zeitpunkt der Verlinkung definitiv keine rechtswidrigen Inhalte auf den Zielseiten existierten und man im Rahmen der Möglichkeiten darum bemüht sei, die Links laufend zu überprüfen (was m.E. sowieso eine Zumutung ist). Man werde sofort handeln, wenn ein solcher Link bekannt werde und man fordert sogar den Benutzer dazu auf, auf rechtswidrige Inhalte aufmerksam zu machen.
Dass es Fälle gibt, in welchen solche Seiten bewusst verlinkt werden, wird wohl nicht gedacht, beziehungsweise sie werden in vorauseilendem Gehorsam wie gesagt selbstzensierend vermieden. Und das finde ich nicht weniger traurig.
Ich kann durchaus verstehen, dass die dahinterliegende Hauptmotivation das Verhindern von sinnlosen Abmahnungen, Klagen bzw. rechtlichen Schwierigkeiten ist, welche sicher niemand auf sich nehmen möchte, aber dann kann man nicht auf der anderen Seite argumentieren, dass das Web ohne freie Links abstirbt.
Insofern halte ich beispielsweise (weil er ähnlich auch auf dutzenden anderen Seiten auftaucht) folgenden Satz aus deinem Artikel für unsinnig: »Wenn Sie also das Gefühl haben, dass ein Link auf meinen Seiten zivilrechtliche oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, dann geben Sie mir bitte Bescheid, sodass ich diesen Link schnellstens entfernen kann.«
Der erste sprachliche Missgriff meiner Meinung nach »das Gefühl haben«: Es genügt anscheinend, dass jemand nur »das Gefühl hat«, also eine vage Vermutung anstellt. Schon die Annahme, dass sich theoretisch jemand daran stoßen könnte, egal ob die Zweifel richtig oder rechtens sind, ruft also ein reflexartiges Zusammenzucken hervor. (Damit möchte ich dich bzw. diejenigen, die solches Schreiben, nicht einmal kritisieren oder gar beleidigen, nur die Situation verstehen.) Ich störe mich zudem am »schnellstens entfernen« - als ob es ein Automatismus ist, à la »*selbstverständlich* werden wir den Link dann *ohne Diskussion* *sofort* entfernen«.
Als »Angstreaktion« bzw. Selbstschutz kann ich das nachvollziehen, wie gesagt, aber nicht als Meinung, die man aus eigenem freien Willen vertritt.
Wenn etwas dem Web schadet, dann ist es das Hinnehmen solcher Angstzustände. Die Furcht davor, dass man bei jedem irgendwie angreifbaren Schritt abgemahnt und verklagt werden kann, ist so hoch, dass oben genannte Selbstschutzmechanismen entstehen, mit welchen man sich selbst einschränkt. Du teilst diese Ansicht anscheinend auch und schreibst: »Wenn die Menschen Angst davor haben, Links auf ihre Seiten zu setzen, geht diese wesentliche Eigenschaft des WWW verloren.« - Vollkommen richtig, aber basieren die genannten Zwänge und Automatismen nicht auf derselben Einschüchterung? Zumindest sehe darin den einzigen nachvollziehbaren Grund, weshalb ich solche Hinweise verwenden würde - um Schaden abzuwenden.
Ich sehe hingegen nicht ein, wieso es per se problematisch ist, auf Nazis, Holocaustleugner, Rassisten und andere zu verlinken, denn je nachdem kann es praktizierter Antifaschismus sein.
Richtig, aber dann löst ein solcher entsprechend kommentierter Link auch keine "zivilrechtliche oder strafrechtliche Verantwortlichkeit" aus, zumindest nicht zwingend.
Natürlich, aber der Gesamtzusammenhang von burks.de ist auch eindeutig, vom genannten »Stop fascism«-Button ganz zu schweigen. Das alles hat den Autor nicht vor dem Ermittlungsverfahren bewahrt. Nun frage ich mich, ob ein beliebiger anderer privater Netzautor genauso dem trotzen könnte und würde oder lieber den Weg des kleineren Übels wählt und solche Links sofort bei Beginn solcher Auseinandersetzungen von den Seiten nimmt, oder sogar präventiv. Wie gesagt, ich kann letzteres vollkommen verstehen, würde es aber nicht als idealen Weg bezeichnen und empfehlen.
Grüße,
Mathias