Hallo Sven.
Das Problem, was ich mit den Anti-Kriegs-Demonstrationen habe, ist, dass sie rückwärtsgewandt agieren: "Den Krieg stoppen, der niemals hätte beginnen dürfen." Also am besten die Zeit zurückdrehen.
Nein! Das primäre Problem mit den Anti-Kriegs-Demonstrationen ist, daß in Deutschland und den allermeisten andern Ländern die Merheit der Bevölkerung gegen diesen Krieg ist, trotzdem aber nur eine verschwindendet kleine Minderheit auf die Strasse geht und sich einmischt (und das gilt insbesondere für die Zeit _vor_ dem _angekündigten_ Krieg).
Ich habe in den letzten 2 Wochen so oft von Leuten hören müssen, daß sie ja gegen den Krieg seien und das sie das auch jeden der frage erzählen würden, aber dafür extra auf die Strasse gehen?
Sicher, ich hätte es auch lieber, dass der Krieg erst gar nicht begonnen hätte, aber man sollte doch ein gewisses Maß an Realismus an den Tag legen: Würde der Krieg jetzt einfach gestoppt, wäre das vermutlich das Schlimmste, was passieren kann.
Einen Krieg zu stoppen ist schlimm? Entschuldige bitte mal, aber das ist kein abstraktes Strategiespiel, im Krieg sterben tatsächlich Menschen. Unzwar deutlich mehr als unter einem Tyrannen, den man seine Massenvernichtungwaffen abgenommen hat / hätte.
Saddam würde mächtig Auftrieb bekommen, die arabische Welt, insbesondere die Extremisten, würden sich ziemlich stark fühlen,
Es gibt doch nicht nur Sieg oder Niederlage: Ein Waffenstillstand mit Wiederaufnahme der Inspektionen im Irak ist allenfalls besser als Krieg.
Bush und Blair hingegen hätten vermutlich um ihr politisches Überleben zu kämpfen,
was mich nicht sehr traurig stimmen würde.
und die Menschen im Kriegsgebiet um das tatsächliche Überleben.
Das müssen sie im Krieg aber erst recht.
Die Demonstrationen sollten sich viel lieber auf die Gestaltung der Zukunft stürzen. Es bedarf vermutlich einer Überarbeitung des UNO-Sicherheitsrats, zumindest aber darf kein Land ohne Genehmigung der UNO in einem anderen Land militärisch intervenieren.
Das darf auch _jetzt_ kein Land. Nur das Problem ist das sich die Amerikaner, Briten und Australier darüber hinwegsetzen.
Richtig wäre es also, wenn der Sichheitsrat diesen Angriefskrieg sanktionieren würde. Aber die Briten und USA haben ja ein Veto.
Also lasst uns das Veto abschaffen! Warum sollten auch fünf Länder mehr Gewicht haben als alle anderen Länder der Erde gemeinsam?
Außerdem gibts noch die Baustelle "Europa". Ich würde mir wünschen, dass Europa als Staatenverbund ein stärkeres Gewicht in der Weltpolitik erhält. Das kommt aber nicht von allein, sondern nur durch bessere Zusammenarbeit. Im Speziellen durch eine abgestimmte, gemeinsame Außenpolitik. Denn so, wie es gelaufen ist, ist die politische Lage in Europa einfach Müll. Europa braucht ein europäisches Außenministerium.
Das ist ein schwierige Sache: Einerseits hast du natürlich Recht und Europa hat es nicht auf die Reihe bekommen sein ganzes Gewicht für eine vernünftige Lösung vor dem Kriegsausbruch einzubringen. Aber anderseits sind wir Europäre uns doch auch nicht untereinander einig. Und wenn ich mir jetzt vorstelle, daß ein Europäischer Außenminister gegen den Willen einiger Mietgliedsländer einen Krieg gut heissen würde bekomme ich doch ziemliche Bauchschmerzen. Manche Fragen sind zu extenziell um sie aus der Hand zu geben - anderseits Deutschland ist gegen diesen Krieg und was bringt es im Moment? Wirklich eine sehr schwierige Frage!
Und als dritte Ruine, deren _sinnvolle_ Reaktivierung durchaus wünschenswert wäre, verbleibt die NATO - derzeit ohne echte Aufgabe etwas in der Bedeutungslosigkeit versunken. Dem Sicherheitsrat bzw. der Vollversammlung wird ja vorgeworfen, dass nur eine Minderheit der Staaten Demokratien sind - dass solch ein Gremium demokratische Entscheidungen fällt, geht eigentlich gar nicht.
Die NATO hingegen könnte sich durchaus zu einem militärischen Bündnis demokratischer Staaten ausweiten. Möglich, dass das absurd erscheint, aber irgendwie behagt es mir durchaus, noch eine zweite, demokratische Organisation in der Hinterhand zu haben, wenn die UNO doch mal wieder entscheidungsunfähig daniederliegt - bei der derzeitigen Gestaltung jedenfalls.
Ich glaube das geht in die falsche Richtung. Man kann nicht mir einem exclusiven Club einiger Staaten allen anderen Vorschriften machen - das ist nicht zu rechtfertigen. Warum sollen einige wenige über alle andere Entscheidungen fällen? Warum sind sie besser?
Ein anders Problem: Was ist denn wenn ein paar andere Länder auch auf die Idee kommen ein Instrument zu schaffen, welches sie bemühen können wenn ihnen die Entscheidungen der UN nicht gefallen?
Nein, ich glaube die UN ist tatsächlich die Organisation die am ehesten die Interssen aller vertretten kann. Es gilt also die UN zu verbessern. Ein erster Schritt der mir da einfällt ist da die Abschaffung der ständigen Mietglieder.
Und als Argument für soetwas wird ja immer wieder gern der Yugoslawien-Konflikt genommen, bei dem die NATO auch ohne UNO-Mandat eingegriffen hat, um eine "humanitäre Katastrophe" (eigentlich ein zu harmloser Begriff) abzuwenden.
Ja, besonders gerne erinnere ich mich an den "Hufeisen-Plan"!
Es gibt also mehr als genug Dinge, _für_ die man protestieren könnte, um sie, weil gerade wieder umwälzende Zeiten sind, etwas zu beschleunigen oder überhaupt erst anzustoßen, anstatt immer nur _gegen_ etwas zu protestieren.
Ja, ich demonstriere _für_ ein Ende des Krieges.
Grüße,
Peter