Hmmm...
So ist es ja nicht einmal, denn zweifellos erschließt sich mir die rein optische, sprach- und wortlose Gestaltung auch auf eine ihr eigenen Weise, ich beschäftige mich ebenso stundenlang damit, Bildbände und Kataloge zu durchblättern und die Labyrinthe der Bilder gedanklich zu durchdringen zu versuchen, genauso wie ich mit rein sprachlichen Gebilden wenn auch im Detail andersartig umgehe. So »nage« ich nicht weniger an Webseiten, welche hauptsächlich visuell präsentieren und sich dadurch mitteilen, ich kann Fotogalerien bestaunen, oder organische Seitenoberflächen, bis hin zu hyperminimalistischen grafischen Experimenten, aber niemals finde ich eine im Detail verwobene Einheit von Bild und Sprache, welche doch durch Hypermedia zumindest technisch umsetzbar sein, nichts, woraus sich eine Wirkungssumme formen ließe, keine einheitliche (nicht, dass ich dies verlangen würde, aber auch keine kontrastierende, überhaupt keine korrespondierende) Verbindung zwischen sprachlichen und visuellen gestalterischen Mitteln, nichts, was (wiederum informationstheoretisch) »hyper« oder »meta« zueinander untrennbar in gegenseitiger Referenz steht.
Jedes Ornament, gleich wie essentiell ich es für die Gesamtwirkung erachten würde, scheint dem Text nicht gerecht zu werden, umgekehrt ist es genauso. Man kann Text und Bild nebeneinander, quasi gegenüberstellen, was jedoch keine aktive direkte Verschmelzung wäre; da werden oft Rosen neben Gedichten angebracht und ähnliche abscheuliche Untaten durch verflachende schmückende, dekorierende Optik an Literatur begangen, ein anderes Beispiel sind Naturbilder, im Grunde doch oft das, was man als romantizistisch bezeichnen würde, welche ausschließlich schnurstracks dazu verleiten, sich das literarische Stück ohne diesen Kontext auszudrucken (oder besser abzuschreiben, sofern es nicht allzu lang ist) und es sich dann, ganz ohne die »Glamour« meinetwegen im Wald, im Zug, an der Bushaltestelle oder im Supermarkt zu lesen (je profaner, desto besser), nur um es aus dieser vorbestimmenden Enge zu befreien, was einem die Augen diesem Werk gegenüber wohl auf vielfältigere Art öffnen würde.
Ich resigniere immer wieder davor, Text irgendwie grafisch aufzubereiten, natürlich wären Farben möglich, eine Anordnung, der Grauwert und andere typographische Eigenheiten, aber darüber hinaus schlägt es doch immer wieder fehl, den Text »aufzupeppen« (ein sehr bezeichnendes Wort) beziehungsweise grafisch ansprechend zu gestalten, vor allem wenn ich das Gefühl habe, dass die meisten Texte, welche ich derart vervollständigen will, diesem Zusatz nicht bedürfen, sogar darunter leiden oder formal oder inhaltlich/thematisch im krassen Gegensatz zu jeglicher »Aufmachung« (argh, dito) stehen; jüngstes Beispiel http://home.t-online.de/home/dj5nu/lit-boell-lacher.html, wenngleich ich mir die Krise konstruieren mag, ich bin unfähig, das Konnotat soweit zu konzentrieren, dass ich es auch grafisch reproduzieren könnte, um es dadurch positiv mit anderen Mitteln zu verstärken, was von den medialen Voraussetzungen möglich wäre.
Sofern eine Verquickung von Text und Bild feststellbar ist, ist es zumeist kurze und prägnante (reiche, ge- und verdichtete, vieldeutige) Sprache, scheinbar vergleichsweise äußerlich plakativ mit unklarem Zusammenhang, sodass kein Einstieg in den Text nötig ist, bei welchem seine Präsentation in den Hintergrund treten könnte, wenngleich eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Text nötig ist, nur wird sich hier für gewöhnlich nicht der gewohnten sprachlichen Mittel beziehungsweise Struktur bedient, welche in sich abgeschlossen sind, zumindest kommt es selten vor, dass für eine solche Komposition das Medium Hypertext benutzt wird, eher ist es dann eine Grafik, in welche der Text untrennbar eingebettet ist, sodass manchen zwar eine Vereinbarung schon während des Entstehungsprozesses möglich ist, die Diskussion, inwieweit Hypertexttechniken ausreichend beziehungsweise generell »zielführend« sind, aber dadurch ein Ende hat. Die andere Synthesemöglichkeit wäre eine Art Assemblage und der willkürlich scheinenden Einbindung von Sprachfetzen (»Zeichnet Kriegsanleihe!«), wobei auch nicht von einer künstlichen Eigenkomposition von Sprache und bildnerischen Mitteln gesprochen werden kann, sodass festgestellt werden kann, dass das Hauptproblem bei Werken mit textlichem Schwerpunkt liegt.
Sicherlich wirkt Picassos »Guernica« ebenso eindringlich auf mich, wie es ein sprachliches Werk könnte, was ähnlichen Gehalt hätte, zweifellos halte ich dieses Bild für beeindruckend und ausdrucksstark, sicherlich drängt es sich mir auf und bringt mich zur »Raserei« (Begriff möglicherweise unpassend), es fasziniert (»überwältigt«?) mich aber auf eine andere Weise, als es Sprache würde, sodass doch im Endeffekt ein Arrangement mit einem Wort vermessen wäre; es ist wie mit meiner Kastanie aus dem KZ Theresienstadt, an welche schlichtweg nichts heranreicht; etwas, an dass ich Sprache nie heranlassen möchte, selbst wenn nichtsprachliche Assoziationen nahezu unmöglich scheinen; wieder etwas infolge von »Kondensation« verdichtetes, das schleichend und tückisch zu verzehren weiß, dem nicht beizukommen ist durch herkömmliche Methoden der Versprachlichung (wie gesagt, auch hier kann die Sprachskepsis subjektiv empfunden sein) - anders herum besteht dasselbe Problem, möchte ich behaupten. Ließe sich »Guernica« ernsthaft in einen Hyper-Text-Kontext einbinden? Es wäre wahrscheinlich so zynisch und auf den ersten Blick unpassend wie das Montieren von Konsumwerbeprospekten mit Fotos aus NS-Todeslagern (wobei mir diese Auseinandersetzung verständlich wäre, siehe Liberas Lego-Arbeiten http://users.erols.com/kennrice/lego-kz.htm), aber hierbei sollte es ja um eine vereinbarende Zwiesprache der Werkelemente gehen...
Es klingt einfach und möglich, wenn man darüber nachdenkt, aber steht man vor der Entscheidung, bleiben die Ideen zur konkreten Umsetzung aus beziehungsweise diejenigen, die passend erscheinen, werden durch die Zweifel und die Furcht, man könne gegenteiliges erreichen, negiert.
»Blabla«...
Mathias