Hallo.
Sagmal machst du das beruflich? Oder nur schon so lange, dass dir das so leicht fällt? Ich saß nämlich ziemlich lange vor dem Text, und wusste bei vielen Dingen nicht, wie ich das Ausdrücken kann, was ich sagen will. Du aber liest den Text durch, verstehst irgendwie was ich meine, und beschreibst es mit einer Leichtichkeit, die ich nur bewundern kann.
Zunächst vielen Dank für die Blumen, aner ohne deine Vorarbeit hätte ich sicher ein Vielfaches der Zeit benötigt. Es gehört aber tatsächlich zu meinem Job, auch komplexe Sachverhalte schnell zu erfassen, strukturierte Aufzählungen mit Inhalt zu unterfüttern und Texte so schreiben, dass zum einen deren Inhalt verstanden sowie zum anderen das Lesen etwas Freude und kaum Mühe bereitet.
Wo oder wie hast du das gelernt? Oder ist es ein Naturtalent? Ich würde so etwas ja auch gerne können, auch wenn es einige Zeit dauert bis ich so weit sein kann. Kannst du nicht ein paar Tips verraten? Ich denke es ist nicht das wahre dass ich mich bei jedem Text den ich verfasse an dich wende. Ich will ja _auch_ was lernen.
Ich weiß, dass ich dem "Self"-Gedanken hier grob zuwider handle, aber zum einen ist das natürlich eine zeitliche Frage, zum anderen sicher auch eine des intellektuellen Voraussetzungen bei den Lernenden. Bei dir müsste ich mir zwar keine Sorgen über letzteres machen, da ich die Aussage deiner Texte ja auf Anhieb verstehe, aber gerade deshalb traue ich dir durchaus zu, dass du dir einiges einfach abgucken kannst, indem du den ursprünglichen Text mit meinem vergleichst.
Dennoch hier einige Tipps, die du zum Vergleich heranziehen solltest und mich vielleicht wieder als "Selfer" rehabilitieren:
- Fachwissen. Nichts vom Thema zu verstehen, ist ein Ausschlusskriterium, weswegen ein weites Interessenfeld und ein umfangreiches Allgemeinwissen unabdingbar ist.
- Grammatik. Zu wissen, dass es durchaus einen Unterschied macht, ob es "Ihr wisst ja_,_ nichts ist besser als Bass." oder "Ihr wisst ja nichts_,_ ist besser als Bass." heißt ;-)
- Syntax. Oft sind Sätze sehr kompliziert aufgebaut, weil sie komplizierte Sachverhalte beschreiben. Das muss nicht sein.
- Orthographie. Die Kann man zwar ein Stück weit automatisieren, vor sinnverfälschenden Fehlern schützt aber nur das eingene Auge -- auch wenn immer noch mindestens eine weitere Person den Text gründlich Korrektur lesen sollte.
- Handhabung. Es ist eine Binsenweisheit, dass ein rein informativer Text mit der wichtigsten Aussage beginnen und von unten kürzbar sein soll. So verpasst der Leser nämlich nur Details, wenn er mitten im Text das Lesen beendet. Gleichzeitig hat er bereits in den ersten Zeilen den Kern der Aussage erfasst.
- Prägnanz. Texte, die wie oben beschrieben aufgebaut sind, wirken häufig statisch und daher langweilig. Eine prägnante Überschrift und einige Schlagworte am Anfang eines Textes können diesem daher eine ähnlich gute Handhabung verleihen, indem hier die Aufmerksamkeit deutlich erhöht wird.
- Lesefluss. Zu viele Satzzeichen, insbesonders Klammern, stören den Lesefluss. Auch Anführungszeichen für Worte, die nur mäßig ironisch gemeint sind, sollten vermieden werden, da sie den Lesefluss stören, indem sie dem Wort eine größere Bedeutung zumessen, über die der Leser nachdenkt, bevor er weiterliest.
- Sprachgefühl. Synonyme, Redewendungen, Wortspiele etc. sind das Salz in der Suppe. Irgendjemand sagte auch: "Zitate sind gut". Nur sollte man es nicht übertreiben.
- Werkzeuge. Nachschlagen ist wichtig, denn kaum etwas ist auffälliger als hakelige Redewendungen, falsch zusammengesetzt Sprichworte, unpassende Synonyme. Ein Zitat wie "Jedem das seine." etwa würde ich in bestimmten Zusammenhängen nicht verwenden. Das Allgemeinwissen kann nicht so groß sein, dass man das Nachschlagen vernachlässigen könnte.
- Zielgruppe. Nicht jeder muss alles verstehen, aber die Zielgruppe sollte weder unter- noch überfordert werden. Dazu gehört auch das Hinterfragen von Begriffen, die einem selbst und auch dem eigenen Umfeld seit langem geläufig sind, bei anderen jedoch nur Fragezeichen aufsteigen lassen. Nach der Zielgruppe richtet sich aber natürlich auch die Ansprache der Leser, der Ton sowie die Deutlichkeit der Aussage.
- Selbstdarstellung. Du ahnst kaum, wie sympathisch du vielen erscheinst, weil du dich auf die gleiche Stufe mit deinen Lesern stellst, indem du über _dich_ sprichst und nicht abstrakt über "Jeena Paradies".
- Intention. Jemanden zu überzeugen, ist oftmals schwierig, aber langfristig wichtig, um eine Bindung aufzubauen. Jemanden hingegen zu überreden, kann sich sehr schnell nachteilig auswirken, sobald der Leser in Ruhe über den Sachverhalt nachdenkt, von dir aber keine Argumente geliefert bekommen hat.
- Des Pudels Kern. Was will ich eigentlich sagen? In welcher Reihenfolge geschieht eine Kette von Ereignissen? Wo setze ich Schwerpunkte, wo muss gar ein Beispiel her? Welche logischen Anknüpfungspunkte gibt es, die mir helfen, Brüche zu vermeiden?
- Kürzen. Meine Sätze sind häufig noch sehr lang, weil ich sehr viel Information in ihnen unterbringen möchte, statt einen neuen Satz zu beginnen. Hier muss man abwägen.
- Übung. Wer nicht übt, bleibt übrig ;-)
Vielen Dank noch einmal, und ich habe nur einen Tippfehler gefunden ;-)
Das freut mich doch. "Editor" hat einfach keine Rechtschreibkorrektur ;-)
Eine Kleinigkeit noch: Solltest du trotz oder gar mit der obigen Hilfestellung Schwierigkeiten haben oder auch darüber diskutieren wollen, bleibe bitte in diesem Thread, da es durchaus noch eine Woche dauern kann, bis ich im Forum tatsächlich oben angekommen bin.
MfG, at