Hallo Mathias, hallo O'Brien,
Es ist nicht so leicht wie Du denkst, einen Schuldigen auszumachen.
Es wäre viel sinnvoller, auf jede Schuldzuweisung zu verzichten und sich ausschliesslich auf Lösungsmöglichkeiten zu konzentrieren, gemeinsam und nicht gegen einander.
Da gibt es die Kinder, die am ersten Schultag schon etwas lesen und schreiben können, auch komplizierte Sachverhalte verstehen und erklären können,
Dann gibt es Kinder, um die sich so recht keiner kümmert, die nicht richtig sprechen, springen und singen können. Ausländerkinder, die kaum Deutsch sprechen. Deutsche Kinder, deren Eltern auf der sozialen Rolltreppe abwärts unterwegs sind,
Zwischen diesen Polen gibt es eine Fülle von Zwischenschritten,
Für eLearning und daraus entwickelte Methoden kein Problem. Es gibt durchaus Unterrichtsmethoden und -formen, die mit diesen Anforderungen zurecht kommen. Diese Probleme sind doch alle nicht neu. Die pädagogische Forschung muss sich fragen lassen, ob sie diese Probleme nicht lösen kann, oder warum sie sie nicht lösen will. Was nützen eigentlich all diese schönen Theorien, wenn sie nur unter nicht existierenden Idealbedingungen taugen? Und warum die Pädagogen deshalb keine gezielte Aus- und Weiterbildung fordern lässt sich wohl auch nur mit deren Bequemlichkeit erklären.
Ich habe gerade einige Klassenarbeiten korrigiert, unter anderem in Bildungsgängen mit kaufmännischer Ausrichtung. Was meinst Du, welche Chancen die no-grammar-Fraktion bei einem Einstellungstest hat?
Ooch, inzwischen gibts preiswerte Trainingsprogramme, die das Bestehen von Einstellungstests garantieren, auch wenn kein ausreichendes Wissen vorhanden ist ;-)
Wer würde auf die Idee kommen, so simple Sprachen wie PHP lernen zu wollen, ohne sich mit Befehlen und Syntaxregeln beschäftigen zu müssen. Aber Deutsch, na klar, das machen wir aus dem Bauch *g*
Ich finde es hoch interessant, dass Leute, die missionarisch das Einhalten der W3C-Regeln fordern, die Duden-Regeln als unsinnigen Quatsch ablehnen ;-)
Natürlich hast Du Recht. Es gibt aber ein seltsames Geheimnis der Bildung, das viele nicht verstehen: Das größte Privileg der Eliten ist es, während ihrer Schulzeit völlig praxisirrelevante Dinge lernen zu dürfen.
Trennung von Ausbildung und Bildung? Lernen als Mittel zum Zweck und zweckfreies Lernen? Irrelevant für die Praxis halte ich das aber keineswegs. Und warum beschränkt auf die Schulzeit? Mir scheint das im Laufe des Lebens immer wichtiger zu werden. Was macht die Elite zur Elite? Das Wissen und Können kann es nicht sein, es gibt fast immer Leute, die mehr wissen uns können und es trotzdem nicht zur Elite schaffen. Ist es so etwas wie ein Bildungshorizont? Auf einen Horizont kann man sich immer nur zu bewegen, ihn aber nie erreichen, es erscheint immer ein neuer Horizont. Ist es diese Offenheit, die Eliten kennzeichnet?
bei uns herrscht die Meinung, der perfekte Deutschunterricht wäre so eine Art höherer Schulung für Verkaufsgespräche
nein, Verkaufsgespräche sind die höhere Schulung für den Deutschunterricht, wenn schon ;-) Jetzt kann ich nämlich fragen, weisst du, dass ...? Es mag ja sein, dass im Deutschunterricht gerade noch auf Kants unglückselige Unterscheidung von Überzeugen und Überreden als Zitat Bezug genommen wird, was dann reicht die gesamte Rhetorik zu diffamieren. Topik, Kommunkationstheorie, Symbolischer Interaktionismus bleiben ausgeklammert, obschon Sprache Mittel zum Zweck ist und dieses Verhältnis kritisch hinterfragt werden müsste.
Beste Grüsse
Richard