Hi CurtB,
Zumal in einem undemokratischen Sklavenhalterstaat also die Botschaft dass der Sklave mit seiner Freiheit ja sowieso nichts anfangen könnte, dazu die Rechtfertigung für Eliten oder Erleuchtete oder was gerade anliegt es besser zu wissen, das reicht doch als faschistische Position?
Die Höhlenbewohner im Gleichnis beziehen sich nicht auf unfreie Sklaven. Ihr Unwissenheit beruht auf dem Reim, den sich die Menschen auf ihre Alltagserlebnisse machen, auf verfehlter Theoriebildung also, aus dem Mangel an Mut, sich den "wahren" Dingen zuzuwenden, dem Reich der Ideen. Der Preis für den, der dies wagt, den Philosophen also, ist Verunsicherung im Alltag, taumelnd bewegt er sich im gleißenden Licht der Sonne und sehnt sich selbst deshalb zurück nach dem Schutz der Höhle.
Recht hast Du insofern, als für die griechischen Philosophen die Demokratie nur für wenige galt, dass Sklaverei zeitbedingt als selbstverständlich und richtig anerkannt wurde. Aber eine Sklavenhaltergesellschaft ist sicher unmenschlich, aber kein Faschismus. Das Höhlengleichnis selber zielt zudem nicht auf soziale Unterschiede, sondern auf einen radikalen erkenntnistheoretischen Schritt: Die Wahrheit, so Platon, erschließt sich nicht so ohne weiteres aus den Regeln der Alltagswelt, sondern aus der philosophischen Besinnung auf die Ideen, von denen die Realität - so der Idealismus - nur ein schwacher Abglanz ist.
Dennoch bist Du nicht der erste, der die faschistische Unterdrückung in Verbindung mit der griechischen Herrenwelt und ihren großen Werken bringt. Peter Weiss lässt in seiner "Ästhetik des Widerstands" 1937 drei junge Männer das Pergamon-Fries bewundern, umgeben von Männern in Nazi-Uniformen. Einer von ihnen trägt selbst das braune Hemd, als Tarnung für sich und seine Freunde aus dem kommunistischen Widerstand.
Diesen drei jungen Männern erscheint im Berliner Pergamon-Museum die Darstellung des Kampfes der Götter gegen die Giganten als religiös verbrämte Siegesplastik der griechischen Herren, die ihre namenlosen, barbarischen Feinde vernichten oder unterjochen. Bei einem Berlin-Besuch kann es Spaß machen, die großartigen Skulpturen mit Peter Weiss aus dieser Sicht zu betrachten.
Viele Grüße
Mathias Bigge