Hallo O'Brien,
Vielmehr sollte Schule die Fähigkeit zu lernen, insbesondere die eigenständige Wissensaneignung vermitteln. Auch das kritische Betrachten und das Bilden einer eigenen Meinung ist im Zeitalter der Informationsüberflutung dringend erforderlich.
Ich befürchte, dass es gerade ein Problem der Schule ist, dass sich die Schüler eine eigene Meinung bilden. Genauer gesagt ist das Problem, dass die Meinung der Schüler zu sehr von der der Schule abweicht. Da die Schule aber nun weitgehend auf ihrer Meinung beharren muss, sind Konflikte unausweichlich. Im Umgang mit Meinungen hat unsere Gesellschaft leider ein gewaltiges Defizit, wissen ist angesagt, nicht meinen. Und während die Schüler allenfalls meinen können, welches Wissen sie sich aneignen sollten, weiss der Lehrer dies, und um ganz sicher zu gehen, sagt es ihm das Kultusministerium. Wie sollen sich da Schüler und Schülerinnen selbständig Wissen aneignen und ein eigene Meinung bilden können?
Sprechen wir von der gleichen Person? Bei der Frau Birkenbihl, die ich meine, habe ich noch nie etwas dazu gefunden, wie man den Gesprächspartner überredet. Ganz im Gegenteil, ihr Fragetechnik-Training zielt doch gerade darauf ab, herauszufinden, was mein Gegenüber _wirklich_ will.
Wir sprechen von der gleichen Person. Bezüglich Kritik an Vera Burkenbihl verweise ich dich am besten auf Friedemann Schulz von Thun, der sich als Professor auf seine akademische Überlegenheit beruft. Allerdings sind die beiden mit ihren Seminarangeboten Konkurrenten und da ist Vera Birkenbihl womöglich erfolgreicher.
Beim Verkaufstraining, insbesondere bei so Standardthemen wie Frage-, Argumentations- oder Formulierungstechnik schreibt seit Jahrzehnten jeder und jede von jedem und jeder ab. Das liegt daran, dass es darüber kaum gesichertes Wissen gibt und die meisten nicht erfinderisch genug sind, psychologische und soziologische Studien phantasievoll richtig hinzubiegen oder gleich selbst zu erfinden. Im Wesentlichen kommt es deshalb auf die richtige Form der Darbietung an, ist also eher Selbstdarstellung der Trainer und Trainerinnen.
In diesem Sinne werden im Verkaufsgespräch Fragen nicht gestellt, um herauszufinden, was das Gegenüber wirklich will, sondern was es nach Auffassung des Verkäufers zu wollen hat. Die wenigsten Fragetechniken dienen der sachlichen Informationsgewinnung, sie dienen vielmehr der gezielten Steuerung des Gesprächsverlaufs. Was dabei herauskommt ist noch nicht einmal richtige zweiseitige Kommunikation, in jedem Fall ist es aber im Sinne von Bales pseudo oder allenfalls asymmetrische Interaktion.
Klar ist auch, dass du da nichts von Überreden liest und hörst. Es gilt ja gerade mit allen sprachlichen Raffinessen das Überreden zu übertünchen und als Überzeugen darzustellen. Dafür gibt es bei Kant auch eine prima Vorlage und sich auf einen so berühmten Philosophen zu beziehen, steht einer an sonsten recht unwissenschaftlichen Branche auch nicht schlecht an. Die Unterscheidung zwischen dem positiven Überzeugen und dem negativen Überreden ist allerdings eine Erfindung des deutschen Idealismus, in der Antike war dies unbekannt und in den Theorien der Alltagsprache lässt sich das kaum aufrecht erhalten.
Ungeklärt ist nach wie vor, ob allein diese geschliffenen Formulierungsweisen etwas zum Verkaufserfolg beitragen. Wichtiger dürfte nämlich sein, dass das Verkauftstraining an und für sich und ziemlich unabhängig von seinen Inhalten zu einer Leistungssteigerung führt. Allerdings bei gut ausgebildeten und trainierten Mitarbeitern klappt dies nicht mehr, dann sind wirkliche Lösungen gefragt.
Beste Grüsse
Richard