Hi,
Wettbewerb hat nichts Negatives. Auch nicht fuer die Schwaecheren.
Außer, dass sie halt verlieren werden, d.h. auf der Anbieterseite ihren Laden halt dichtmachen müssen, was ja nicht negativ ist, wenn einem die Existenzgrundlage entzogen wird.
Du kannst verstehen, dass meine Formulierung zum Sachverhalt folgende waere: "Ausser, dass sie weniger gewinnen werden"? (Vielleicht googlest Du mal nach Win-Win Verhaeltnis (Begriff aus dem sich mit der Wirtschaft beschaeftigenden Teilbereich der Mathematik, Spieltheorie)?)
Ausserdem ist Wettbewerb kein "jeder gegen jeden" sondern eher ein "jeder mit jedem".
Natürlich ist ein „jeder gegen jeden“ auch ein “jeder mit jedem“, da ich ja kein Schattenboxen betreibe, sondern mit jemanden, wobei wir beiden gegeneinander kämpfen.
Es ist ein "jeder mit jedem", wenn die Spieltheorie im genannten Punkt recht hat.
Du kannst Englisch und kennst Darwin? „The fittest will survive“ heißt im Umkehrschluss, dass der Schwächste nicht überlebt (=stirbt), was ich nun nicht für sonderlich menschlich halte, aber das scheint ja eine Ansichtssache zu sein.
An der Richtigkeit der Darwinschen Idee kann man nicht ruetteln. Uebrigens vermute ich stark, dass Gesellschaftsformen ueberleben werden, die positiv sind, die nicht immer irgendwelche Grundsastzprobleme sehen. Also, eine Gesellschaft, die jammert und jault, weil Darwin recht hatte und das Ergebnis nicht akzeptiert wird ganz vermutlich anderen Gesellschaftsformen unterliegen. Das ist aber undramatisch und nur gut.
Wenn ich mir anschaue, was Adam Smith damals fabriziert hat, anders als ideologisch kann man das nicht nennen. Was soll denn bitte an einer „unsichtbaren Hand“ natürlich sein? Die Christen haben ihren Gott, die Muslime ihren Allah, die antiken Griechen ihre Clique auf dem Olymp und die Marktgläubigen ihre Hand.
Darwins unsichtbare Hand? Hoert sich fuer mich nicht schlecht an.
Je mehr ich mich mit ihnen beschäftige, desto interessanter wird es, was die Beweggründe waren, welche Hoffnungen dahinter steckten und was tatsächlich daraus geworden ist. Ich bin den 68ern auf jeden Fall sehr dankbar für das, was sie erreicht haben.
Die haben u.a. die Spiessigkeit des Buergertums entlarvt und einer neuen "linken" Spiessigkeit den Weg bereitet. Aber die waren ganz OK, gute Musik entstand in diesem Kontext und die bequeme Jeans wurde gesellschaftlich akzeptiert und dem "Schlips" auf einmal vorgezogen. Hatte schon was ergonomisches diese Bewegung.
Einfachheit bedingt Effizienz, Skalierbarkeit und Pflegefreundlichkeit. Das ist Systemtheorie und gilt fuer Systeme jeglicher Art.
Schade, dass du auf den Aspekt der Gerechtigkeit nicht eingehst. Aber das wird wahrscheinlich nicht von der Systemtheorie abgedeckt.
OK, Gerechtigkeit. Was ist das? Jeder hat da andere Vorstellungen. Der eine will Verteilungsgerechtigkeit (sehe ich negativ), der andere Chancengerechtigkeit (sehe ich negativ, weil letztlich eine Illegalisierung der Erbschaft und ein umfangreiches Kontrollwesen implementiert werden muesste), der andere "soziale Gerechtigkeit" (sehe ich negativ, weil diese Art von Gerechtigkeit m.E. immer in den Gehirnen von Verbandfunktionaeren, also Interessengruppenvertretern definiert wird und zudem einen moralinsauren und linksspiessigen Beigeschmack hat).
Ich glaube, dass ich selbst keine Gerechtigkeit wuensche, sondern Rechtssicherheit und Qualitaet des Rechtssystems und natuerlich aufgeklaerte Systeme (die mit Wissen arbeiten und nicht mit Glauben).
Ich rede nicht von Umverteilungsgerechtigkeit, sondern nur von Gerechtigkeit, gepaart mit den Erfahrungen der letzten Jahre: Ich unterstelle den vorherigen Regierungen, dass die Steuersenkungen bzw. -streichungen für Konzerne und Wohlhabende in der Erwartung geschehen sind, dass diese gemäß der angebotsorierentierten Theorie mehr Geld zum Investieren besitzen, wobei durch die Investitionen das Angebot vergrößert wird, aber auch Nachfrage geschaffen wird. Es hat sich nun allerdings gezeigt, dass diese Erwartungen nicht erfüllt worden sind, stattdessen fehlt dem Staat nun das Geld, um selbst investierend tätig zu werden. Indem außerdem ein Teil der Steuersenkungen bzw. -streichungen durch höhere Konsumsteuern gegenfinanziert worden ist, ging die Binnennachfrage zurück.
OK, meine Erklaerung ist die, dass unser System im internationalen Wettbewerb Anpassungsprobleme hat, die geloest werden koennen. Kleiner Exkurs an dieser Stelle: mein bester Freund, ein Tuerke, den ich zwanzig Jahre kenne und der in derselben Zeit fast ausschliesslich Sozialhilfe kasierte (aus Faulheit, ist arbeitsscheu, was ich ihm aber nicht verdenke ;-) und immer mal wieder Nebeneinkuenfte aus Quellen hat, die ich hier nicht nennen sollte, also, den habe ich mal gefragt: "Wieviele der Tuerken, die er kennt kassieren Sozialhilfe und arbeiten nebenher?" - Antwort "ein Grossteil". Nun, der Mann hat sich bewusst in der Unterschicht positioniert, der muss es wissen. Was bleibt ist ein unbehagliches Gefuehl, oder?
Und das mit der Binnennachfrage, das ist so. Gehts der Wirtschaft gut, dann haben die Privaten mehr Geld in der Tasche, dann gehts der Wirtschaft wieder gut. Andersrum wird kein Schuh daraus, man kann naemlich nicht die Nachfrage staerken, wenns der Wirtschaft schlecht geht, denn dann wuerde es der Wirtschaft noch schlechter gehen. Ausklammern muss man natuelrich die konjunkturellen Einfluesse, die so zu sagen die Sicht auf die Kausalitaeten verbauen (und bspw. auch mal ein an und fuer sich voellig sinnloeses so genanntes Konjunkturprogramm erfolgreich erscheinen lassen).
Wie auch in der FR vom Samstag in einem Artikel vom Chefvolkswirt der Unctad (United Nations Conference on Trade and Development) zu lesen ist, müssen wir die historische Chance des vorgesehen Konjunkturprogrammes nutzen und expansiv reagieren, d.h. die staatlichen Ausgaben sowie die Löhne erhöhen, um die Binnennachfrage zu erhöhen. Davon wird Deutschland nicht untergehen, da unser Problem vom Binnenmarkt herrührt, nicht vom Export.
Was läge nun näher, als die durchgeführten Steuersenkungen und -streichungen wieder rückgängig zu machen, um damit die Nachfrage zu erhöhen? Gemäß der volkswirtschaftlichen Theorie wird das Angebot dem folgen – wie es auch schon 1966-1969 geschehen ist.
Ganz ehrlich gesagt haette ich nichts gegen Steuererhoehungen und ein Mehr an Umverteilung. Vielleicht kommt es dann zum fiskalischen Knall und ein fuer alle mal wird erkannt, dass eine hoehe Staatsquote dem wirtschaftlichen Gesamtsystem Schaden zufuegt.
Aber selbst nach dem Kanll wuerden die Linken ganz vermutlich andere Ursachen erkennen, wei z.B. dass die Marktwirtschaft per se ungeeignet ist und durch eine Planwirtschaft in einer Raeterepublik zu ersetzen ist. Nee, ich nimm den ersten Satz dieses Absatzes wieder zurureck. :-(
Zu unserer Steuerdebatte empfehle ich außerdem statt der FDP-Sicht mal ein wenig Abwechslung z.B. Hinten kommt nicht viel raus – Das Investitionsprogramm der großen Koalition bringt pro Jahr netto vier Milliarden Euro - 40 wären nötig.
40 reichen auch nicht. "Unendlich" viel Geld waere noetig. :-)
Was haeltst Du dann von Broder? ;-)
Meinst du Henryk M. Broder?
Wen sonst? Cooler Typ, oder?
Ein bisschen negativ der Typ, finde ich, aber sieht nach passabler Satire aus.
Der Mann ist hochgebildet, giftig und kann gut schreiben. Er ist freischaffender Journalist und beliefert Zeitungen wie den SPIEGEL, den Stern oder die FAZ.
[…] Wie gesagt, der Untergang einer Gesellschaft beginnt mit dem Verfall der Sprache.
Linguisten bringen den Untergang der Welt, steht doch in der Bibel.
Ich kenne aus der Bibel nur die Weihnachtsgeschichte und Hesekiel 25, Vers 17, aber der Satz über den Verfall ist eine historisch gesicherte Tatsache: Der Untergang des römischen Reiches begann mit der Dekadenz und dem Verfall der Sprache, wobei ein Zusammenhang zu uns durchaus hergestellt werden kann.
Na gut, ich kenne die Bibel ja nicht so gut.
Gruesse!
Humph