Der Martin: Immer diese Tippfehler

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Hallo,

Ich meine nicht ausgestorben, sondern verkommen. Schlampig in der Berichterstattung, schlampig beim recherchieren und schlampil in der Schreibweise und Rechtschreibung.

Die Gründe für diesen Verfall müsste man kennen.

ja, aber die Schlamperei bei der Recherche und der Berichterstattung hat vermutlich andere Gründe als die Schlamperei bei der Rechtschreibung bzw. allgemein der Beherrschung der Sprache (auch Grammatik, Wortwahl und Stil rechne ich dazu).
Die mangelhafte Recherche und Aufbereitung liegt vermutlich daran, dass Geld die Welt regiert, und die Berichterstattung möglichst reißerisch und auffällig sein muss, um "anzukommen".

Eine Grundschülerin, Tochter eines Grundschullehrers, sagte mir vor fast 20 Jahren, es käme nicht darauf an, ob man beim Schreiben Fehler mache, sondern es käme darauf an, sich zu trauen, etwas zu schreiben. Diese Einstellung mag für die ausgehende 1. Klasse oder beginnende 2. Klasse ja noch akzeptabel sein, aber sie sollte die Grundschule nicht überleben.

Da möchte ich ein klares, entschlossenes "jein" entgegensetzen.

Tatsache ist, dass viele Menschen Hemmungen haben, etwas Bestimmtes zu tun, weil sie befürchten, negativ aufzufallen (etwas falsch zu machen, sich zu blamieren, sich lächerlich machen). Das betrifft nicht nur Schüler und Studenten, sondern auch viele Erwachsene, die die Art der Hemmungen sind sehr verschieden: Leute haben Hemmungen, Fremde anzusprechen, vor Publikum zu reden, sich in einer Fremdsprache auszudrücken, Theater zu spielen oder zu singen, ihre Gefühle zu zeigen, oder einfach nur einen Brief an eine Behörde oder eine Firma selbst zu verfassen.

In gewissen Grenzen sind diese Hemmungen normal und gut, und wenn wir uns selbst gegenüber ehrlich sind, müssen wir wahrscheinlich zugeben, dass wir alle an der einen oder anderen Stelle davon betroffen sind.
Aber was ist der Grund für diese Hemmungen? Ist es einfach nur ein unterentwickeltes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten? Oder ist es das sichere *Wissen* um eigene Unzulänglichkeiten?

In beiden Fällen finde ich es gut, wenn man versucht, sich diese Hemmungen oder diese Unsicherheit ein wenig abzutrainieren, und ich finde es auch gut, wenn die Umwelt (Schule, Beruf, Mitmenschen) einen dabei unterstützen.
Falls sich dabei aber herausstellt, dass der/die Betroffene tatsächlich Schwächen in bestimmten Fähigkeiten hat, genügt es nicht, die Unsicherheit unterdrücken zu lernen. Sondern dann sollte man konsequent sein und diese Schwächen ausbügeln, also die unzureichenden Fähigkeiten trainieren und üben.

Aber danach soll die Rechtschreibleistung deutscher Schüler seit der Rechtschreibreform - die ja durchgeführt wurde, um die Rechtschreibkompetenz zu erhöhen - messbar nachgelassen haben.

Das wundert mich eigentlich nicht

Mich auch nicht - aus genau denselben Gründen, die du schon erwähnst.
Dazu kommt, dass viele Ältere plötzlich dastehen, als würden sie die Rechtschreibung nicht beherrschen, weil sie die alten Rechtschreibregeln verinnerlicht haben, die nicht in allen Fällen weiterhin als richtig gelten. Die Umstellung ist oft schwieriger, als etwas von Grund auf neu zu lernen.

Mir ist  (viele hundert Jahre vor der Rechtschreibreform) dies passiert:
Ich las damals viele Bücher. Heute erinnere ich mich nicht mehr an das Wort, um das es ging, aber ich hatte es so in einem Buch gelesen und auch genau so in einem Diktat geschrieben. [...] und erhielt wie versprochen meine EIns im Glauben, so sei es richtig.
Ich habe erst mehrere Jahre später mitbekommen, dass das Wort in dem Buch tatsächlich falsch geschrieben worden war.

*schmunzel*
Ganz ähnlich ging es mir während des Studiums auch mal. Es war zwar keine Klausur, sondern nur eine Übungsaufgabe. Aber ich habe nach der Vorlesung über eine halbe Stunde mit dem Prof diskutiert und ihm klarzumachen versucht, dass mein Lösungsansatz (der sich von seiner Musterlösung signifikant unterschied) auch richtig war - zumal ich sogar auch das richtige Ergebnis herausbekam. Irgendwann hatte ich ihn wohl überzeugt.
Am nächsten Tag habe ich zuhause festgestellt, dass ich in meinem Lösungsansatz einen gewaltigen Bock geschossen hatte (nur wegen eines zusätzlichen Vorzeichenfehlers stimmte das Endergebnis doch wieder). Das habe ich natürlich für mich behalten. Aber seit dieser Diskussion hatte ich mir bei diesem Mann Respekt verschafft - auch mit einer falschen Darstellung. ;-)

Schönen Sonntag noch,
 Martin

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Niemand ist überflüssig: Er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.