Der Martin: Wärmerer Sound, woher?

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Hi,

Woher kommt es dann, dass sich Musik auf Platten lebendiger anhören als steril wirkende CD-Musik?

so seltsam es klingt: Das liegt genau daran, dass die Wiedergabe des Tons eben nicht perfekt ist. Durch die mechanische Abtastung der Schallplatte entstehen prinzipbedingt Verzerrungen (Obertöne, die im Original nicht enthalten sind), sowie durch die Antriebsmechanik in geringem Maß auch sehr niederfrequente Störungen ("Rumpeln"). Dazu kommt das schon erwähnte Rauschen und Knistern, das durch Staub in der Abtastrille entsteht.

Tja, ich bin kein Audioexperte, aber ich vermute, dass die "Sterilität" der CD in ihrer Natur als digitales Medium mit fest definiertem Dynamikumfang liegt.

Das trifft es nicht ganz, denn auch mit einer analogen Tonkonserve könnte man einen ähnlichen Eindruck erzielen, wenn sie hinreichend "perfekt" ist.

Oberhalb 44.1 KHz wird alles abgeschnitten, das ist bei analogen Aufnahmen nicht der Fall.

Nicht erst oberhalb von 44.1kHz, sondern schon darunter. Das Abtasttheorem der Digitaltechnik (Nyquist-Kriterium) besagt, dass die höchste vorkommende Nutzfrequenz *kleiner* sein muss als die *halbe* Abtastfrequenz. Bei Gleichheit (hier: Nutzfrequenz=22050Hz) würde das Signal vollständig verschwinden.
Damit die Rekonstruktion des ursprünglichen Analogsignals mit hinreichender Qualität gelingt, muss die Nutzfrequenz also sogar *deutlich kleiner* sein als die halbe Abtastfrequenz. In der Praxis stellt man das sicher, indem man das analoge Signal bei der Aufnahme durch einen Tiefpassfilter mit einer Grenzfrequenz von ca. 20kHz leitet. Dadurch sind bei der Digitalisierung Anteile oberhalb von 20kHz nur noch in sehr geringem Maß enthalten. Bei der Wiedergabe setzt man einen Tiefpass mit ähnlicher Grenzfrequenz ein, um die durch die Digitalisierung entstandenen Fehler (Oberschwingungen) wieder auszubügeln. Damit ist das Signal bei der Wiedergabe zwar nicht mehr perfekt identlich mit dem Original, entspricht ihm aber sehr viel genauer als bei der LP-Wiedergabe.

Bei analogen Aufnahmen und analoger Wiedergabetechnik erreicht man einen Frequenzganz bis etwa 20kHz. Hochwertige Hifi-Verstärker, eventuell auch die Lautsprecher, könnten noch mehr hergeben, aber die Tonkonserve an sich ist ist bei 18..20kHz an der technischen Grenze.

In dem Bereich hört der Mensch zwar nicht mehr[1] aber irgendwie schwingt das immer noch mit. Das muss es wohl, sonst hätte man auch bei der CD bei 20 KHz Schluss machen können.

Nein, man braucht etwas Reserve. Wenn man bis an die Grenze herangeht, fällt man in ein Loch (mathematisch betrachtet ist dort ein Pol der Übertragungsfunktion).

[1] Als Kind geht es bis 20 KHz, mit zunehmendem Alter geht's durch Verschleiß abwärts bis auf etwa 10 bis 12 KHz als höchstmöglich wahrnehmbarer Frequenz.

Ich bin stolz darauf, dass ich mit meinen 40 Jahren immer noch deutlich mehr als 15kHz höre: Die Zeilenfrequenz eines herkömmlichen Fernsehers (15625Hz) nehme ich noch sehr deutlich wahr.

So long,
 Martin

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Idealismus wächst mit der Entfernung zum Problem.