Anaonym: Rechnung nicht bezahlt

Hallo,

Situation:
Ich habe als Freelancer im Mai drei Wochen für einen Kunden gearbeitet.
Nun gab es diversen Ärger mit dem Kunden, er ist nicht willig zu zahlen.
Nun möchte ich ihm eine Rechnung stellen (ca. 3500€).
Er kontert jedoch, dass die Firma zu dem Zeitpunkt noch nicht gegründet war, einen Vertrag hatte ich auch nicht.
Der Gechäftsführer ist Österreicher.

Wie seht ihr die Chancen hier die Entlohnung der vollbrachten Leistung einholen zu können?

Vielen Dank.

PS: Ich habe diese Woche einen Anwaltstermin, möchte mir aber für eine objektivere Sicht vorher ein paar Informationen/Standpunkte einholen.

  1. Hallo,

    Er kontert jedoch, dass die Firma zu dem Zeitpunkt noch nicht gegründet war, einen Vertrag hatte ich auch nicht.

    Man kann Verträge mündlich abschließen, eine Schriftform erleichtert aber den Nachweis, was abgesprochen wurde.

    Zahlungspflichtig ist der Auftraggeber. Eine nicht gegründete Firma kann kein Auftraggeber sein, es ist dann die natürliche Person, die den Auftrag erteilt hat. Die muss zahlen, kann sich das im Innenverhältnis von ihrer Firma wiederholen. Das ist aber nicht dein Problem, lasse dich auf diese Diskussion nicht ein.

    Gute Karten hast du, wenn du nachweisen kannst, dass der Auftraggeber die Früchte deiner Arbeit bereits genutzt hat. Wenn ein Aussenstehender (z.B. Richter im Prozess) allein auf deine mündliche Aussage angewiesen ist, wird's problematisch.

    Der Gechäftsführer ist Österreicher.

    Ich glaube, auch Österreicher dürfen Verträge abschliessen ;-)

    Wie seht ihr die Chancen hier die Entlohnung der vollbrachten Leistung einholen zu können?

    Dazu hast du zu wenig berichtet. Eine offene Rechnung allein - ohne Auftrag dahinter - ist nichts wert.

    Gast (kein Jurist)

    1. Hallo,

      Man kann Verträge mündlich abschließen, eine Schriftform erleichtert aber den Nachweis, was abgesprochen wurde.

      Mein Anwalt sagte mir bereits (in einer anderen Angelegenheit), dass das durch die Zahlungen von Juni und Juli (siehe Antwort auf Gunther) auch ohne Vertrag durchaus als eine Art Werkvertrag angesehen werden kann.

      Gute Karten hast du, wenn du nachweisen kannst, dass der Auftraggeber die Früchte deiner Arbeit bereits genutzt hat.

      Ja, das kann ich definitiv nachweisen (siehe meine anderes Posting)

      Gast (kein Jurist)

      Danke.

    2. Der Gechäftsführer ist Österreicher.

      Ich glaube, auch Österreicher dürfen Verträge abschliessen ;-)

      Wenn das nicht so wäre, hätte ich ein gewaltiges Problem und bräuchte einen Sachwalter :D

      Dazu hast du zu wenig berichtet. Eine offene Rechnung allein - ohne Auftrag dahinter - ist nichts wert.

      Hilfreich ist hier vor allem ein Leistungsverzeichnis und kein "diverse Arbeiten 3500 Euro" :)

  2. Hallo!

    Zuallererst mal mein Beileid - zahlungsunwillige Kunden und der damit verbundene (eigentlich ja vermeidbare) Aufwand & Ärger, gehören zu den unangenehmen und lästigen Dingen.

    Situation:
    Ich habe als Freelancer im Mai drei Wochen für einen Kunden gearbeitet.

    Was hast du für ihn gemacht?
    (Von besonderer Bedeutung ist hier, ob du eher im Rahmen einer werkvertraglichen, oder eher dienstvertraglichen Geschichte für ihn tätig geworden bist?)
    Wie ist denn die Beauftragung erfolgt (Zeugen, Nachweisbarkeit)?
    Welche Vereinbarung(en) wurden bezüglich der Vergütung getroffen (Zeugen, Nachweisbarkeit)?

    Nun gab es diversen Ärger mit dem Kunden, er ist nicht willig zu zahlen.
    Nun möchte ich ihm eine Rechnung stellen (ca. 3500€).
    Er kontert jedoch, dass die Firma zu dem Zeitpunkt noch nicht gegründet war, einen Vertrag hatte ich auch nicht.

    Letzteres ist immer schlecht - genau aus dem Grund, den du jetzt hast. Denn dadurch muss meist höchst richterlich alles haarklein untersucht werden.

    Aber verstehe ich das richtig, dass du zum Zeitpunkt der Vereinbarung mit dem Auftraggeber noch keine Firma hattest (wie war dein Status zu dem Zeitpunkt?) und während der Zeit dann eine Firma (Rechtsform?) gegründet hast?

    Und jetzt willst du ihm über die Firma eine Rechnung stellen?
    Das wird wohl nicht "funktionieren", da der Auftraggeber ja nie ein gültiges Vertragswverhältnis mit dieser Firma geschlossen hat (was nichts mit deinem Anspruch als solches zu tun hat - nur eben nicht über die Firma).

    Der Gechäftsführer ist Österreicher.

    Ja und? ;-)
    Welche Staatsangehörigkeit hast du, bzw. wo befindet sich deine ständiger Wohnsitz?
    Und wo ist die Firma des Auftraggebers ansässig?
    Generell ist erstmal das Recht deines Heimatlandes anwendbar.

    Wie seht ihr die Chancen hier die Entlohnung der vollbrachten Leistung einholen zu können?

    Das kann man anhand deiner paar Infos überhaupt nicht beurteilen.
    Allerdings musst du dir auch vorwerfen lassen, so ungefähr alles falsch gemacht zu haben, was man falsch machen kann - sorry.

    PS: Ich habe diese Woche einen Anwaltstermin, möchte mir aber für eine objektivere Sicht vorher ein paar Informationen/Standpunkte einholen.

    Den hättest du besser mal vorher aufgesucht und dir einen entsprechenden Vertrag aufsetzen lassen. Dann wären die Chancen in einem jetzt vermutlich unausweichbaren Rechtsstreit wesentlich besser ...!

    Gruß Gunther

    1. Hallo!

      Was hast du für ihn gemacht?

      Software-Architekt. Modellierung, Technology-Stack Evaluierung etc.
      Beweisbar durch JIRA-Aktivitäten (habe mir ein Backup gezogen).
      Als Zeuge kommt ein weiterer Entwickler hinzu (der jedoch auch nicht bezahlt wurde).

      Aber verstehe ich das richtig, dass du zum Zeitpunkt der Vereinbarung mit dem Auftraggeber noch keine Firma hattest (wie war dein Status zu dem Zeitpunkt?) und während der Zeit dann eine Firma (Rechtsform?) gegründet hast?

      Ich selbst bin seit ein paar Jahren Freelancer.
      Ich habe im Mai 3 Wochen für den Kunden gearbeitet. Zu dem Zeitpunkt war er dabei eine GmbH zu gründen.
      Im Juni und Juli habe ich jeweils den gesamten Monat gearbeitet.
      Beide wurden auch bezahlt - jedoch hat der Geschäftsführer im Nachinein die vereinbarte Summe beachtlich reduziert. Da ich knapp bei Kasse war, habe ich das mit mir machen lassen (ich weiß, Fehler).

      Da am Anfang des Verhältnisses die Stimmung und das Vertrauen noch großartig waren, mir zudem Shares an der Firma versprochen wurden (das war der Grund, warum ich so kostengünstig gearbeitet habe), hatte ich die ersten drei Wochen erstmal nicht abgerechnet - ich sagte, dass wir später mal schauen wann wir das verrechnen.

      Da wir nun im Streit auseinander gegangen sind, möchte ich den Monat Mai entsprechend in Rechnung stellen.

      Der Gechäftsführer ist Österreicher.
      Ja und? ;-)

      Ich denke rechtlich etwas außerhalb Deutschlands durchzusetzen wird sicherlich um einiges kostspieliger sein.

      Welche Staatsangehörigkeit hast du, bzw. wo befindet sich deine ständiger Wohnsitz?

      Deutsch, Berlin.

      Allerdings musst du dir auch vorwerfen lassen, so ungefähr alles falsch gemacht zu haben, was man falsch machen kann - sorry.

      Ja, und das sogar nach 10 Jahren Erfahrung. Naja, irgendwann begeht jeder einmal Fehler.

      Den hättest du besser mal vorher aufgesucht und dir einen entsprechenden Vertrag aufsetzen lassen. Dann wären die Chancen in einem jetzt vermutlich unausweichbaren Rechtsstreit wesentlich besser ...!

      Hatte ich bisher immer so gehandhabt - da ich bisher ausschließlich über Headhunter/Recruiter Projekte bekommen habe. Aber eben in diesem besonderen Falle nicht - leider.

      Gruß Gunther

      Danke.

      1. Hallo!

        Aber verstehe ich das richtig, dass du zum Zeitpunkt der Vereinbarung mit dem Auftraggeber noch keine Firma hattest (wie war dein Status zu dem Zeitpunkt?) und während der Zeit dann eine Firma (Rechtsform?) gegründet hast?
        Ich selbst bin seit ein paar Jahren Freelancer.
        Ich habe im Mai 3 Wochen für den Kunden gearbeitet. Zu dem Zeitpunkt war er dabei eine GmbH zu gründen.

        Ah, OK! ;-)
        Ich hatte das zuerst so verstanden, als dass_du_zwischenzeitlich eine Firma gegründet hättest und nicht der Auftraggeber.

        Da wir nun im Streit auseinander gegangen sind, möchte ich den Monat Mai entsprechend in Rechnung stellen.

        Der Gechäftsführer ist Österreicher.
        Ja und? ;-)
        Ich denke rechtlich etwas außerhalb Deutschlands durchzusetzen wird sicherlich um einiges kostspieliger sein.

        OK, dann google mal nach "forderung in österreich eintreiben".
        Dabei stößt du u.a. auch auf das Europäische Mahnverfahren.

        Dennoch würde ich mir vorher anwaltlichen Rat bezüglich der "Erfolgsaussichten vs. Kosten" einholen.

        Viel Glück!

        Gruß Gunther

        1. Hallo,

          danke für den Link (und den sticheligen Hinweis selbst zu googlen :-)

          Dennoch würde ich mir vorher anwaltlichen Rat bezüglich der "Erfolgsaussichten vs. Kosten" einholen.

          Ja, genau das sind meine Befürchtungen.

          Viel Glück!

          Danke!

          1. Hallo,

            danke für den Link (und den sticheligen Hinweis selbst zu googlen :-)

            das war gar nicht so gemeint - ist mehr eine Art "Automatismus" Google-Links hier so zu verlinken. ;-)

            Gruß Gunther

  3. Moin Moin!

    Hallo,

    Situation:

    [...]

    einen Vertrag hatte ich auch nicht.

    Grundlegender Fehler. Ohne unterschriebenen, schriftlichen Vertrag fängt man gar nicht erst an zu arbeiten! Wegen genau solchen Schlitzohren.

    Und man hält möglichst alle Verabredungen im Vertrag fest. Verabredungen kann man bei Bedarf später noch ändern, wiederum schriftlich. Lastenheft und Pflichtenheft sind besonders für Projektarbeit sehr sinnvoll.

    Wie seht ihr die Chancen hier die Entlohnung der vollbrachten Leistung einholen zu können?

    Mittelmäßig bis schlecht. Dein Kunde kann immer behaupten, Du hättest zugesagt, all das gratis zu liefern. Auch kann Dein Kunde behaupten, es sei eine völlig andere Leistung verabredet worden, Deine erbrachte Leistung sei nicht erwünscht. Das mußt Du widerlegen können.

    Ich habe diese Woche einen Anwaltstermin,

    Wie schon andere sagten: Rechtsberatung *VOR* dem Geschäft wäre schlauer gewesen.

    möchte mir aber für eine objektivere Sicht vorher ein paar Informationen/Standpunkte einholen.

    Hier wirst Du definitiv keine Rechtsberatung finden, wohl aber jede Menge subjektiver Meinungen.

    Du kannst davon ausgehen, dass ein fähiger Anwalt sehr objektiv sein kann (und sein sollte), wenn er Dich berät. Vor Gericht ist Dein Anwalt natürlich extrem parteilich und nötigenfalls auch alles andere als objektiv. Für beides bezahlst Du ihn, direkt oder per Rechtschutzversicherung.

    Alexander

    --
    Today I will gladly share my knowledge and experience, for there are no sweeter words than "I told you so".
    1. Grundlegender Fehler. Ohne unterschriebenen, schriftlichen Vertrag fängt man gar nicht erst an zu arbeiten! Wegen genau solchen Schlitzohren.

      Selbst bei einer unterschriebenen Auftragsbestätigung gibts noch genug Kunden die dir dann Wochenlang auf der Nase rumtanzen und nicht bezahlen, bis ihre Extrawünsche völlig Gratis erledigt sind. Die alternative ist nur Klagen - das kostet aber, wenns um ein paartausend Euro geht idR. mehr als gratis zu Arbeiten - das ist in dieser Branche leider in bitteres Faktum.

      Und man hält möglichst alle Verabredungen im Vertrag fest.

      Selbst wenn du explizit reinschreibst was _nicht_ gemacht wird, wollens manche Kunden dann trotzdem - zudem steht der Aufwand idR. in keinem Verhältnis zum Nutzen.

      Verabredungen kann man bei Bedarf später noch ändern, wiederum schriftlich. Lastenheft und Pflichtenheft sind besonders für Projektarbeit sehr sinnvoll.

      Sinnvoll ja, aber weil es ohnehin (außer bei "seriösen" Kunden) nicht funktioniert pfeift man idR. drauf.

      In der Praxis läuft das dann so: bei kleinen Geschichten von sagen wir 5 bis 10.000 Euro macht man kein exakte Leistungsbeschreibung, welches einem sonst mindestens eine Woche Arbeit kostet sondern macht so wie man glaubt, dass es der Kunde brauchen wird. In 8 von 10 Fällen funktioniert das einwandfrei, der Kunde ist zufrieden und bezahlt. In einem weiteren Fall hat der Kunde ein paar Extrawünsche die man halt umsetzt und in einem weiteren Fall hat man einen Kunden der ums verrecken nicht zufriedenzustellen ist (selbst wenn man ihn schon kennt und vorab alles haarklein aufgeschrieben hat) und dann halt so lange hin und herbaut bis es er zahlt.

      Unterm Strich zahlen alle Kunden dann etwas mehr als sie eigentlich bezahlen müssten, wenn sie keine exakte Leistungsbeschreibung bekämen (und der letzte Kunde signfikant weniger) - aber unterm Strich steigen die 9 anderen Kunden dennoch billiger aus, weil die Leistungsbeschreibung nicht im Auftragsumfang eingerechnet werden muss.

      Dass dann immer wieder mal ein Kunde dabei ist, der Probleme macht muss einkalkuliert werden und ist dann eben unternehmerisches Risiko.