Hi Andreas,
Es wird eben nicht gelehrt, Probleme zu lösen, sondern den Stoff der letzten Wochen zu pauken, niederzuschreiben und fertig. So'n Scheiß können wir uns wirklich sparen. Daß unsere Lehrer dafür auch noch so hoch bezahlt werden ist einfach ungerechtfertigt. Wenn immer Probleme gelöst werden müßten, dann müßte man sich auch immer wieder den einmal gelernten Stoff vergegenwärtigen und würde ihn nicht vergessen.
Natürlich trägt jeder seinen persönlichen Frust mit der Schule und den Lehrern herum, ich auch, obwohl ich seit 4 Wochen selbst wieder einer bin, aber die Weisheit, die Du da vertrittst, kommt zu Unrecht als eine neue Idee daher. Das Problem liegt darin, dass es an vielen Schulen immer schwerer wird, abstrakte Verfahren und Methoden zu lehren, der Rücksturz ins konkrete Häppchenwissen ist meist eine Notbremse angesichts der mangelnden Fähigkeiten der Schüler.
Was meinst Du, wieviele Kinder und Jugendliche mit der einfachen Aufgabe überfordert sind, ein einmal gelerntes Schema, sagen wir etwa einen Dreisatz, ein grammatisches Phänomen oder die Analyse einer Statistik auf andere Beispiele zu übertragen.
Wenn man die real exisitierende Bildungskatastrophe immer weiter den Lehrern in die Schuhe schiebt, wird sich nie etwas ändern. Immer mehr Stunden, immer schwierigere Schüler, Schule macht oft keinen Spaß mehr.
Was ist denn der Kernpunkt der jetzt angestoßenen Diskussion um die Lernstandserhebung? Man misstraut den normalen Leistungskontrollen der Schulen und lässt sie sich nun selber kontrollieren. Warum ist aber den Schulnoten nicht zu trauen? Weil die Bildungspolitik seit Jahren Druck ausübt, sie nach oben zu faken und möglichst die wahren Verhältnisse nicht nach außen dringen zu lassen.
Mal ein Beispiel: Man unterrichtet eine leistungsschwache Gruppe, in der einige Schüler kaum richtig Deutsch können, in einer Fremdsprache, die Arbeiten sind eine Katastrophe, trotz starker Vorgaben. Nun muss die betreffende Schule aber eine Oberstufe bilden. Rate mal, in welche Richtung jetzt der Wind weht.....
Eine wirkliche Veränderung wäre die Wiedergewinnung realer Maßstäbe im Schulalltag, die zu Konsequenzen führen müsste. Aber selbst dann: Die Institution Schule steht unter vehementem Druck von außen, ohne über die Mittel zu verfügen, wirklich etwas zu verändern. Da ist der soziale Abrock in den Großstädten, da sind die ausländischen Schüler mit zum Teil mangelhaften Sprachkenntnissen, zum Teil aus bildungsfeindlichen Familien, da sind die schlechten Chancen für Kinder, die nicht stromlinienförmig funktionieren, da gibt es Suff und Sozialhilfe und ein Millionenheer von Arbeitslosen, die immer weniger Hoffnung in die eigene Zukunft setzen.
Hier wird an anderer Stelle lapidar über Arbeitszeitverlängerung debattiert, als wenn nicht klar wäre, dass das zunächst mal sofort weitere Arbeitslose produzieren würde.
Neulich saß ich im Vereinsrat meines Sportvereins, und es wurden Schreiben verlesen, die uns aufforderten, doch 1-Euro-Jobs zu konstruieren, bevorzugt für junge Leute, dabei aber darauf zu achten, dass keine existierenden Jobs dadurch vernichtet würden. Das ich nicht lache! Unser Vereinsheim streicht jetzt ein Sozialhilfeempfänger statt der Firma von Malermeister Müller , den Garten pflegt jetzt nicht mehr die GRünbau GmbH, sondern ein anderer Sozialhilfeempfänger. Ich empfinde den herrlichen Konsens in der Sozialpolitik als völlig daneben und zerstörerisch.
Viele Grüße
Mathias Bigge