Hallo Martin,
nein, wir vergleichen hier gerade Boskop mit Senkschrauben.
Meiner Meinung nach nicht.
Sozialabgaben wie Renten- oder Arbeitslosenversicherung dienen dagegen der Vorsorge gegenüber erwarteten (Rente) oder auch unerwarteten (AV) Verdienstausfällen und haben ein klares Ursache-Wirkung-Verhältnis (zumindest theoretisch).
Ich reduziere hier mal den Rest der Antwort, da das der Knackpunkt unserer Differenz zu sein scheint. Du siehst aus einer Ursache (die Beitragszahlungen der Vergangenheit) eine Wirkung (Ausschüttung im Bedarfsfall) erwachsen und schliesst daraus, dass die Art der Ursache (Mehr bzw. weniger Einzahlung) auch eine Auswirkung auf die Wirkung (höhere bzw. niedrigere Ausschüttung im Bedarfsfall) hat. Ich dagegen sehe den Zusammenhang nicht.
Warum sehe ich das nicht? Du deutest es schon in Deinem »theoretisch« an: In der Realität sind die Sozialversicherungen nun mal keine Versicherungen oder gar Wertanlagen im eigentlichen Sinne, das eingenommene Kapital wird nicht gespart oder vermehrt, sondern es geschieht eine aktive Umverteilung in der Form der Umlage statt: die gerade aktiv Arbeitenden unterstützen solidarisch die Arbeitslosen oder nicht arbeiten könnende, damit diese nicht verhungern, nicht aufgrund von Ansprüchen sondern aufgrund von Solidarität. Tatsächlich tragen sich die Sozialversicherungssysteme nicht selbst, sondern wurden schon mehrfach durch die Steuern mitfinanziert.
Insofern halte ich die im Umlageverfahren finanzierten Sozialversicherungssysteme einfach nur für falsch benannt; schließlich sind es keine Versicherungen bei denen man unterschiedliche Ansprüche je nach Leistungen stellen kann, sondern sind eher in Richtung Steuern zu suchen; wenn man will, kann man durchaus den duck test machen. Der Anspruch daran besteht m.E. nicht in „Finanziere mir meinen Lebensstil in bis vorhin bestandener Qualität weiter“ sondern in „Sorge dafür, dass ich nicht hungern und krank sein muss, wenn das Schicksal es gerade nicht erlaubt, dass ich für mich selbst sorge“. Gerechtigkeit sehe ich nicht daran, dass man unterschiedlich gerechte Ansprüche hat, sondern dass jeder Mensch denselben Anspruch hat. Unterschiedliches Werten von Menschen sehe ich in diesem Kontext als ungerecht an. In einem Versicherungs- oder Spar-Kontext ist es natürlich nicht ungerecht.
(Das ganze gilt nur im Prinzip natürlich; ich hab die derzeitigen Schwächen und Dissonanzen des bestehenden Systems einfach mal ausgeklammert.)
Stimmt das so, oder habe ich Deine Meinung missverstanden?
Tim