habe d'ehre Thomas
Wenn ein Arbeitloser eine für ihn unzumutbare Arbeit ablehnt, ist er selbst an allem Schuld, aber keiner scheint sich zu Fragen, wie es überhapt dazukommen konnte, dass ihm eine unzumutbare Arbeit _aufgezwungen_ werden sollte.
1.) unverschuldet durch Insolvenz
2.) unverschuldet durch Standortschliessung
3.) unverschuldet durch Krankheit
4.) verschuldet durch eigene Unzulänglichkeiten
5.) mangelnde Qualifizierung
Die Punkte 1 bis 3 bedeuten natürlich den Supergau, wenn man in Abhängigkeit seines Jobs finanzielle Verpflichtungen eingegangen ist.
Punkt 4 bedarf keiner weiteren Ausführung, für Punkt 5 immer nur Politik und Gesellschaft verantwortlich zu machen ist in meinen Augen auch zu kurz gedacht, da es sehr oft an mangelndem Eigeninteresse liegt.
Tatsache ist, dass Deutschland lange Zeit über seine Verhältnisse gelebt hat und die gewerkschaftlich ausgehandelten jährlichen Lohnsteigerungen vor allem im Mittelstand immer schwerer zu kompensieren waren. Das System implodierte, als unsere Bundesbirne samt Kabinettskollegen auf die glorreiche Idee kam, die personenbezogenen Kosten der Wiedervereinigung zum großen Teil aus den Sozialtöpfen zu finanzieren. Dadurch ist das System schleichend implodiert. Viele Leute übersahen einfach, dass die rapide steigenden Lohnnebenkosten nicht nur die private Schatulle belasteten sondern auch für Unternehmen immer schwerer zu finanzieren waren. Seien wir doch mal ehrlich, Unternehmen sind per se keine Sozialeinrichtungen, sie sind auf Gewinnmaximierung angewiesen um in der heutigen Zeit zu überleben. Die immer stärker vorschreitende Globalisierung tut ihr übriges. Das mag man verteufeln oder nicht, diese Spirale ist in Gang und läßt sich nicht mehr umkehren. Auch wenn in Deutschland die Leute auf die Straße gehen würden, was soll es bringen? Die Illusion, den Mythos "wir sind das Volk" aus der Vorwendezeit auf heute übertragen zu können kann man sich auch abschminken. Damals wurde gegen ein korruptes und kaputtes System mobilisiert und die Mehrheit dachte, durch den Zusammenschluß mit der D-Mark würde sich alles zum Besseren wenden. Es stellt sich nur die Frage: Wohin sollte man heute gehen?
Noch eine kleine Anmerkung zu Deinem schelmischen Unterton bzgl. "Ihr in D" aus dem heimeligen Österreich:
Mein letzter "Fest"-Arbeitgeber war ein Hersteller für Sportbekleidung, der damals einer Holding aus Hongkong gehörte. 1994 kam "Eure" Austria Tabak auf die glorreiche Idee, uns mit der gleichnamigen Hardwarefirma (Ski, Tennis, Golf) zu vereinigen. Nunja, es lief wie es immer läuft, erstmal steigerten sich unsere Kosten, z.B. mußten wir auch die ganzen Sponsorenverträge bedienen und irgendwann wurde beschlossen, den Bekleidungsstandort in D kommplett zu schließen und alles nach Österreich zum Hauptsitz zu übertragen. In den Mutterkonzern übernommen wurden lediglich zwei Marketingleute, der Rest hockte auf der Straße. Was ich damit sagen will? Auch bei Euren Großunternehmen ist nicht alles Gold was glänzt auch wenn Österreich viel früher auf einen Konsolidierungskurs geschwenkt ist, der sich aber im Gegensatz zu D humaner gestalten ließ. Man muß schon differenzieren, ob ich ein kleines schnuckeliges Land auf einen neuen Kurs bringe oder selbiges an einem - im Vergleich zu Euch - Moloch praktiziere. Wo mehr gehobelt werden muß fallen auch mehr Späne. Das es dabei zu Ungerechtigkeiten kommt will ich gar nicht leugnen.
man liest sich
Wilhelm