at: Frisör / Friseur

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Hallo.

Es wird an Deinen Beispielen anschaulich, dass die sich selbst als solche wahrnehmende bildungsbürgerliche Elite keinerlei Vordenkerfunktion (mehr) wahrnimmt, sondern der realen Welt im besten Fall dauerhaft und mit großen Abstand hinterherläuft. "Die da oben" oder die "die da unten" gehen voran. Die in der Mitte gucken erschreckt zu und stellen beleidigt fest, dass die Welt sich auch ohne sie dreht.

Ich wünschte, das wäre so. Siehst du da wirklich jemanden in der Mitte gucken? Okay, ein paar vielleicht. Aber selbst die gucken nur und merken trotzdem nichts.
Und während in Villabajo noch über Medienkompetenz diskutiert wird, feiert die Grundschule von Villariba die millionste SMS.

Und es ist nun mal so, dass in einer Welt, die sich (nicht erst seit gestern) bewegt, Stillstand ein Rückschritt ist. Da mag der Hinweis auf die Relativität der Bewegungswahrnehmung als Beruhigungpille wirken - den Fahrtwind stört das nicht.

Das Problem der Konservativen ist natürlich, dass sich Bewegung nicht konservieren lässt. Und wenn schon Bewegung, dann bitte Walzer oder Eurythmie.

Ich glaube, dass das Wurzel des Übels im deutschsprachigen Raum in einer eigentümlichen Mischung aus Korinthenkackerei und Angst vor der Entfremdung der Sprache liegt. In der Praxis läuft diese unseelige Vermengung aus Begeisterung, Ehrfucht und Ablehnung andere Sprachen und Worte doch nur darauf hinaus, dass die eigene Sprache ungewollt immer schwächer wird: Sprachen leben und wollen sich so weiterentwickeln wie ihre Sprecher, nicht an irgendeinem beliebig definierten Punkt stehen bleiben und glückseelig erstarren.

In Deutschland muss man tatsächlich schon die Künstlerische Freiheit bemühen, um eine Erklärung, besser: Enschuldigung für ein vielleicht sogar sinnvolles Abweichen vom Duden zu haben. Dabei dokumentiert der nur die sprachliche Entwicklung und bezeichnet sich dabei selbst gerade einmal als maßgeblich in Zweifelsfällen. Wohl dem, der nicht zweifelt.
Ob ich es da als tröstlich empfinden soll, dass das ja in anderen Bereichen auch so ist, weiß ich nicht. Wahrscheinlich nicht, denn das relativiert das Problem eigentlich nur. Aber es erklärt es auch, zumindest ein Stück weit.

Das führt meiner Meinung nach nur dazu, dass dem Muttersprachler die eigene Sprache zunächst fremd und dann irgendwann egal wird.

Ich bin einerseits wirklich froh, dass mich noch jeder einzelne Fall sinnentstellend falsch formulierter Aussagen in sogar hochkarätigen Informationssendungen aufzuregen vermag, andererseits tut mir mein nahes Umfeld leid, das das kaum nachvollziehen kann -- oder will, wie du richtigerweise schreibst.

Da wird z.B. jahrzehntelang stolz darauf rumgeritten, dass man Pädagoge wegen seiner altgriechischen Wurzeln bitteschön hinter dem "d" zu trennen hat - als ob die deutsche Sprache unrein werden würde, wenn man das Wort so trennte, wie das Volk es eh ungeniert ausspricht. Ein Volk müsste sich eigentlich schämen, wenn man ihm solche Anpassung an Realität als "Reform" verkaufen kann. Und nicht zuletzt wird uns - schon allein wegen länger anhaltendem Todsein - kein Altgrieche oder sonstwer auf der Welt vor irgendein Sprachverbrechertribunal zerren, wenn wir das Wort - eh schon ziemlich eingedeutscht in der Schreibweise - man achte nur mal auf den eklatanten Mangel an griechischen Buchstaben - endgültig in unserer Sprache heimisch werden lassen: Pedagoge.

Fußgänger? -- Im Ernst: Den Lehrern täte gut, wenn man den Pädagogen ersatzlos striche. Anders kann man deren Kopf nicht einschalten. Und denen, die gerade davor Angst haben, sei gesagt: Lehrer reden immer, und wenn sie dabei den Kopf eingeschaltet haben, hat man Glück.

Und dort, wo diese am besten mit unserer überreinstimmt, ist auch wieder alles wurscht.
Den Amis auch. Und so bleibt der Wunsch, dass sich die Philologen aus ihrem Elfenbeinturm abseilen.

Yeah.
MfG, at