Schule - Erziehung - Eltern

[Der Martin]

Hallo Detlef,

Ich lerne wesentlich effizienter, indem ich selbst in Ruhe lese, als wenn da jemand vorn an der Tafel steht und auf mich einredet (und das habe ich schon als Zehnjähriger so gesehen).
Das geht _mir_ ähnlich, ich denke so etwa ab Fünfzehn- oder Sechzehnjähriger.
Geht es aber allen so?

nein, bestimmt nicht. Aber ich bin überzeugt, dass man viele zum selbständigen Lernen in dieser Art anleiten könnte - was aber auch wieder ein prinzipielles Interesse am Lernen voraussetzt.

…, wenn die Erklärung im Schulbuch (Fachliteratur) so miserabel ist, dass ich den Einstieg ins Thema nicht finde.
Womit wir bei der Qualität der Schulbücher wären.
Ich kann mich erinnern, dass ich manchmal Probleme hatte, meinen Kindern zu helfen, weil ich vieles anhand ihrer Schulbücher nicht nachvollziehen konnte. (Bei mir selbst war es ja weit über 20 Jahre her.)

Kann ich nachvollziehen. Nicht dass ich Kinder hätte (daher an vielen Stellen im Thread der Konjunktiv), aber ich erinnere mich, dass ich auch oft andere Quellen zusätzlich herangezogen habe, weil bestimmte Themen im Schulbuch für mich nicht nachvollziehbar beschrieben waren. In der Grundschule noch nicht so sehr, aber im Gymnasium dafür in stetig zunehmendem Maß, vor allem in Mathe und Physik.

Ja, ich weiß - es gibt Menschen, die einfach Achtung und Autorität genießen und respektiert werden. Wir hatten auch ein paar wenige von der Sorte an der Schule. Das ist aber eine seltene Gabe und mit Sicherheit nichts, was man als Pädagoge lernen kann. Entweder man hat's, oder man hat es nicht.
Es ist nicht nur eine Gabe. Meiner Meinung nach kann es zu einem Teil auch erlernt werden.

Ja, man kann so eine Fähigkeit ausbauen und trainieren; eine gewisse Veranlagung muss aber da sein, sonst ist es zwecklos.

Und jemand, der auch nicht den kleinsten Ansatz zu dieser Gabe hat, taugt einfach nicht zum Lehrer.

Sag das den Lehramts-Studenten ...

(Ein schmächtiger und kraftloser Nichtsportler wird auch kaum Profischwergewichtsringer werden können.)

Eben. Er wird manchen Nachteil mit Technik ausgleichen können, aber irgendwo hat er Defizite.

Ja. Es geht ihn IMO nichts an, wie verzogen die Kids sind. Sicher, er muss darunter leiden und ist daher zu bedauern.
Wieso sind denn _die_ Kids verzogen? (Sind wirklich _die_ Kids verzogen? Alle?)

Nein. Das war auch in keiner Weise als Verallgemeinerung gemeint.

Die Realität ist doch wohl eher, dass Lehrer mit Strafarbeiten, Nachsitzen, blauen Briefen oder Anbrüllen versuchen, die Schüler zu beeinflussen, oder dadurch, dass sie sie vor der Klasse bloßstellen.
Natürlich sieht die Realität anders aus. Aber muss sie so aussehen?

Nein, selbstverständlich nicht. Aber dann müssten wir am Grundproblem ansetzen, dass eben -zumindest innerhalb einer Schulart- alle Schüler über einen Kamm geschoren werden.

Interesse wecken? Vorbild sein? Das klappt bei den Schülern, die ohnehin schon eine gewisse Bereitschaft zeigen und diese Art von Animation gar nicht nötig hätten. Die anderen sitzen rum und warten darauf, dass die Schulstunde zu Ende geht oder stören den Rest der Klasse.
Du malst schwarz weiß!

Ich schwarz ... ääh, ich weiß. Natürlich gibt es beliebig viele Abstufungen dazwischen, aber es sind die Extreme, die auffallen, im Positiven wie im Negativen.

Und wenn keine Motivation von Seiten der Lehrer erfolgt, sondern nur ein teilnahmsloses Runterleiern des Stoffs, dann finden sich ganz schnell alle Schüler (bis auf wenige Ausnahmen vielleicht) in der Gruppe, die nur auf das Ende der Schulstunde warten.

Und wenn ich als Schüler kein Interesse an bestimmten Lehrinhalten/Fächern habe und der Lehrer enthsiastisch seinen Stoff präsentiert, kommt er mir lächerlich vor. Da sind wir wieder beim Hampelmann. Ich male schwarz, ich weiß ;-)

Ja, aber eine frühzeitige Trennung in mehr und weniger Begabte ist auch keine Lösung. Oft sind die Begabungen von Fach zu Fach unterschiedlich, und manche entwickeln sich auch erst später wirklich.

Deswegen plädiere ich dafür, spätestens im Alter von etwa 12 Jahren die Schüler Schwerpunktthemen wählen zu lassen. Warum soll jemand, der seine Interessen im musischen Bereich hat, sich noch weitere 6..7 Jahre mit Mathematik und Physik herumschlagen, obwohl er in seinem Leben ziemlich sicher nie wieder eine Kurvendiskussion brauchen wird? Warum soll jemand, der absolut kein Talent für Fremdsprachen hat, noch eine zweite lernen? Warum soll jemand, der eindeutig technikorientiert ist, sich noch jahrelang mit Musik als Pflichtunterricht quälen?

Aber das funktioniert eben nicht, solange Schüler mit stark unterschiedlich ausgeprägtem Interesse (oder Begabung) für ein Thema in eine Klasse zusammengesteckt werden, bloß weil sie zufällig gleich alt sind.
Also plädierst du für Privatlehrer für jeden? ;-)

Das wäre natürlich das Optimum. :-)
Aber nein, ich plädiere für ein "frei konfigurierbares" Kurssystem, wie es in der gymnasialen Oberstufe praktiziert wird, schon ab Klasse 7 oder spätestens ab der 9, so dass Schüler nicht nur anhand ihrer eigenen Neigungen bestimmte Fächer abwählen oder zu Schwerpunkten wählen können, sondern auch nach ihren Fähigkeiten und Erfolgen in Anfänger- oder Fortgeschrittenenkurse eingeteilt werden können.

Gute Nacht,
 Martin