Hallo Jens,
"Überabzählbar" sind Zahlen, wenn man zwischen zwei bekannten Zahlen unendlich viele Zwischenwerte finden kann. Dann kann man nicht mehr einfach den Nachfolger einer Zahl bestimmen.
das reicht noch nicht, die beschriebene Eigenschaft würde ich als dicht bezeichnen, und die betrifft auch die abzählbare Menge der rationalen Zahlen.
»dicht« ist in meinen Augen ein etwas anderes besetzer Begriff, z.B. liegen die rationalen Zahlen dicht in den reellen Zahlen, da man für jede beliebige reelle Zahl eine Folge rationaler Zahlen konstruieren kann, die zwar unter Anwendung des Konvergenzbegriffes der rationalen Zahlen divergieren darf, unter Anwendung des Konvergenzbegriffes der reellen Zahlen jedoch konvergiert. Oder die Menge der stetig differenzierbaren Funktionen im Intervall [a,b] der reellen Zahlen ([latex]C^1([a,b]_{\mathbb{R}})[/latex]) liegt dicht in der Menge der stetigen Funktionen ([latex]C^0([a,b]_{\mathbb{R}})[/latex]) im Intervall [a,b] (wobei ich bei diesem Beispiel natürlich die Frage stellt, welchen Konvergenzbegriff man hier für [latex]C^0([a,b]_{\mathbb{R}})[/latex] wählt - ich meine aber, dass das mit gleichmäßiger Konvergenz noch funktioniert, da ja jede auf einem geschlossenen Intervall stetige Funktion auf diesem auch gleichmäßig stetig ist - aber sicher, ob ich so argumentieren darf, bin ich mir nicht; schlimmstenfalls wählt man schlichtweg nur die punktweise Konvergenz, das klappt auf jeden Fall).
Um den ursprünglichen Sachverhalt in meinen Augen etwas einfacher zu formulieren: Es gibt in einem belibigen Intervall auf der Zahlengerade unendlich viele rationale Zahlen (z.B. auch zwischen 3 und 4). Wenn man allerdings z.B. mal das Verhältnis zwischen Umfang und Durchmesser eines Kreises (neuerdings, d.h. seit etwas über 2000 Jahren, bezeichnet man das auch als Pi) berechnen will, dann kann man mathematisch beweisen, dass dieses Verhältnis keine rationale Zahl sein kann. Aber man kann wunderbar zeigen, dass dieses Verhältnis irgendwo zwischen 3 und 4 liegen muss - genaugenommen sogar zwischen 3.1 und 3.2 usw. usf. Und vor allem: Man kann sich eine Folge von rationalen Zahlen konstruieren, von der man zeigen kann, dass sie gerade gegen Pi gehen. Man kann also Pi mit rationalen Zahlen "eingrenzen" oder "annähern" - Pi ist aber keine rationale Zahl. Man kann sich das so vorstellen, dass es zwar unendlich viele rationale Zahlen gibt, diese aber noch "Lücken" aufweisen - und in diesen Lücken befinden sich gerade die irrationalen Zahlen - zusammen mit den rationalen Zahlen sind das die reellen Zahlen. Diese reellen Zahlen kann man im Gegensatz zu den rationalen Zahlen nicht abzählen - d.h. man kann sich Vorschriften überlegen, wie man *alle* rationalen Zahlen durchnummeriert mit 1, 2, 3, ..., dies geht aber *nicht* mit reellen Zahlen, man kann bei den reellen Zahlen beweisen, dass sobald man eine vermeintliche Vorschrift zum Durchzählen gefunden hat, man immer noch weitere reelle Zahlen findet, die nicht von dieser Vorschrift erfasst wurden.
Viele Grüße,
Christian
"I have always wished for my computer to be as easy to use as my telephone; my wish has come true because I can no longer figure out how to use my telephone." - Bjarne Stroustrup