Moin,
ich wusste nicht so recht unter welchem Beitrag ich meine Antwort am besten platzieren sollte, deshalb hab ich es jetzt einfach auf oberster Ebene getan. Ich wollte lediglich eine andere Meinung zum Thema zum besten geben, ich bin nämlich Befürworter geschlechtergerechter Sprache.
Ein immer wieder gehörtes und auch hier im Thread schon mehrfach genanntes Kontraargument gegen inklusive Sprache lautet, dass sie die Verständlichkeit von Texten erschwert. Die aktuelle Studienlage ist da noch nicht so schlüssig. Die TU-Braunschweig bspw. hat eine Studie erstellt, die das widerlergt haben möchte.
Rein anekdotisch kann ich auch auch berichten, dass Veröffentlichungen in meinem Fachbereich durch den Einsatz inklusiver Sprache nicht schwieriger zu lesen geworden sind. Ich glaube das gilt auch für andere akademische Bereiche, wenn man sich die lange Liste der Hochschulen ansieht, die sich zum Einsatz dieser Sprachform selbstverpflichtet haben.
Übrigens spielt die Selbstverpflichtung meiner Meinung eine wesentliche Rolle bei der Akzeptanz geschlechtergerechte Sprache. In Hochschulkreisen ist die Akzeptanz meiner Wahrnehmung nach sehr viel höher als bspw. in der öffentliche Verwaltung, in der die Angestellten durch Gesetze zu einem entsprechenden Umgang verpflichtet werden.
Matthias hat zudem Leichte Sprache ins Spiel gebracht, dafür gelten natürlich andere Regeln, sie ist auch nicht Gegenstand der oben verlinkten Studie. Rein intuitiv gehe ich aber auch davon aus, dass Leichte Sprache und geschlechtergerechte Sprache teilweise unvereinbare Ziele verfolgen und würde hier stets der Leichten Sprache höhere Priorität zuschreiben.
Im bisherigen Verlauf der Diskussion wurden auch noch keine Pro-Argumente für den Einsatz inklusiver Sprache geliefert. Für mich gibt es da zwei wesentliche und belegte Effekte: Forscher der FU Berlin haben gezeigt, dass die Beidnennung der Geschlechter Berufe aus dem MINT-Bereich für Grundschülerinnen erreichbarer erscheinen lässt. Ein negativer Nebeneffekt ist allerdings, dass die Berufe durch die Schüler und Schülerinnen dadruch als weniger wichtig und schlechter bezahlt eingestuft werden.
Eine jüngere Studie, die in Schweden durchgeführt wurde, zeigt außerdem, dass die Sprache die Akzeptanz für Frauen in öffentlichen Positionen steigern kann. Darüber hat kürzlich der Tagesspiegel berichtet (@Gunnar Bittersmann).
Felix hat geschlechtergerechte Sprache als virtue signaling kritisiert. Ich gehe da insofern mit, als dass es wesentlich wichtigere Bereiche unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens gibt, auf die wir unsere Aufmerksamkeit für Gleichbehandlung richten sollten. Das ist auch etwas, dass mich an der aktuellen Debattenkultur in den Medien so sehr stört: In deutschen Talkshows werden zu dem Thema zu häufig Gäste, wie die homophobe und anti-feministische Autorin Birgit Kelle geladen. Die Frau versteht es das Spregnstoff-Potenzial der Sprachdebatte für sich zu nutzen, und von den eigentlich wichtigeren Themen der Geschlechtergleichberechtigung abzulenken. Ich würde sehr gerne mehr Diskussionen über Paritätengesetze, Frauenquoten in den Vorständen von DAX-Unternehmen und Mehrwertssteuer auf Frauennhygiene Artikel sehen und lesen.
Viele Grüße