Mir verlangt der Einsatz geschlechtergerechter Sprache lediglich ab, dass ich in meinem täglichen Sprachgebrauch auf einen zusätzlichen Aspekt Rücksicht nehme.
auf welchen denn genau? Das ist ja gerade die unscharfe Grenze!
Geschlechtergerechtigkeit. Und ja, beim sozialen Geschlecht gibt es keine scharfe Grenze, sondern ein breites Spektrum. Und in gesellschaftlichen Debatten geht es fast immer um einen sozialen Geschlechterbegriff. In medizinischen und biologischen Kontexten meist nicht.
Sagst Du "die Befragten der Studie", dann ist dem konservativen Muttersprachler klar, dass es sowohl männliche als auch weibliche Individuen betrifft, oder auch nur eines von beiden.
Das ist wissenschaftlich mehrfach widerlegt.
Cross-linguistic evidence for gender as a prominence feature
Gender Representation in Different Languages and Grammatical Marking on Pronouns: When Beauticians, Musicians, and Mechanics Remain Men
Generically intended, but specifically interpreted: When beauticians, musicians and mechanics are all men
Grammatical Gender in German Influences How Role-Nouns Are Interpreted: Evidence from ERPs
Wenn du den (Co)Citations folgst, findest du noch viel mehr Studien, die zu ähnlichen Ergebnissen kommen.
Die SJW schreien dann ganz schnell, dass das Wort "Befragte" nicht klar auch die weiblichen Personen umfasst und dass es dafür eine neue Missge Sprachschöpfung braucht, ohne die die Welt untergeht.
Es gibt auf beiden Seiten dieser Debatte aufgeregte Stimmen. Mehr Gelassenheit würde uns sicher allen gut tun.
Gehen wir zu Amtsbezeichnungen über: "Das Amt der Bürgermeisterin bekleidet Fau Soundso." Ist inzwischen hoffentlich normal geworden. Aber dass es dann beim "Symposion der Bürgermeister des Landkreises" nur um männliche Amtsträger gehen soll, finden sicher nur diejenigen, die das generische Maskulinum als Teufelszeug abtun.
Ich verteufle das generische Maskulinum nicht, ich erkenne aber die Faktenlage an, die ganz klar darauf hindeutet, dass es eine Diskrepanz zwischen der Intention und der Interpretation des generischen Maskilinums gibt.
Soll es denn ein Symposion der BuB (Bürgermeister und Bürgermeisterinnen) sein? Wenn man diesen Unsinn anfängt, weil das generische Maskulinum der Idee der geschlechtergerechten Sprache zuwiderläuft, dann müsste es konsequenter Weise sogar Symposion der Bürger- und Bürgerinnenmeister und -meisterinnen, oder kurz BürgerInnenMeisterInnen sein.
Du könntest auch Stadtoberhaupt sagen, oder in einem Text zwischendurch das generische Femininum benutzen. Mir persönlich tut BürgerInnenMeisterInnen nicht weh, auch wenn ich anerkenne, dass es sprachlich unästhetisch ist. Wenn mir zu einem Begriff mal keine geschlechtergerechte Alternative einfallen will, dann benutze ich auch das generische Maskulinum. Aber das heißt ja nicht, dass ich der Konsistenz zum Selbstzweck, immer das generische Maskulinum verwenden müsste.
Und spätestens hier muss man einsehen, dass es mit dem generischen Maskulinum nicht nur besser lesbar, sondern keinesfalls frauenverachtend ist und von daher noch immer zu bevorzugen ist.
Ich gehe nicht soweit das generische Maskulinum als frauenverachtendes Verhalten einzustufen, aber ich weiß, dass geschlechtergerechte Sprache für mehr Akzeptanz von Frauen und nicht-binären Menschen sorgen kann.
Was die Lesbarkeit betrifft ist die Studienlage nicht ganz so umfangreich, aber die existierenden Forschungsarbeiten zum Thema kommen auch zu dem Schluss, dass die Lesbarkeit nicht signifikant beeinträchtigt wird.
Der Aufwand, der für eine natürlich wirkende und trotzdem einigermaßen geschlechtergerechte Sprache zu treiben ist, erscheint mir höher als Du zugibst, da die Verhältnisse noch lange nicht zweifelsfrei geklärt sind.
Es gibt Streitereien um Details, ob Binnen-I oder Beidnennung oder Neutralisierung. Unabhängig davon ist aber faktisch gesichert, dass inklusive Sprache positive Effekte auf die Akzeptanz von Menschengruppen hat.
Daher ist das in diesem Thread verlinkte PDF mit dem Erlass auch immer mit kann und soll formuliert.
Dafür leiste ich einen winzigen Beitrag zur Akzeptanz von Frauen und Menschen, die sich nicht auf dem binären Spektrum verodnen, in meinem kleinen Wirkungsbereich.
Das bezweifle ich. Deine Formulierungen lassen mich überhaupt nicht einsehen, dass es zwischen Frauen und Männern noch etwas undefinierbares geben soll. Du sprichst hier wohl von Menschen, die für sich in Anspruch nehmen, sich weder dem einen noch dem anderen zugehörig zu fühlen. Das ist deren Freiheit. Meine ist es, sie unbedarft als Mann oder Frau wahrzunehmen, denn das ist, was meine biologisch angelegten Instinkte in Sekundenbruchteilen ganz ohne meinen Intellekt einfach tun. Und wenn es nicht spontan klappt, dann dauert es eben länger. Aber der Instinkt legt sich eben irgendwann fest. Noch bevor der Intellekt etwas damit anfangen darf. Und da ändert keine Veränderung der Sprache etwas. Da stehst Du gegen biologische Anlagen. Und das ist ziemlich aussichtslos.
Sprache ist im ständigen Wandel sie hat Auswirkungen auf unser Zusammenleben, ich habe das glaube ich ausreichend mit Forschungsdaten belegt.
Wenn Du mit Deinem Sprachgebrauch so sehr um die Akzeptanz dieser non-binary-Leute werben willst, dann rennen die spätestens in medizinischen Problemfällen ganz schnell gegen eine Wand. In solchen Fällen (z.B. Herzinfarkt) ist es sehr wesentlich zu wissen, wie die jeweilige Körperbiologie funktioniert, weil sich eben ein Herzinfarkt bei einer biologischen Frau von den Symptomen und dem Verlauf deutlich anders entwickelt, als bei einem biologischen Mann. Sicherlich möchten diese non-binary-Leute überleben und gesund sein.
Du vermischst biologische und soziale Geschlechter-Kontexte. Medizinisches Fachpersonal sollte natürlich immer nach der körperlichen Verfassung der Patient*innen handeln, das ist doch selbstverständlich. Und ich sehe ehrlich gesagt den Zusammenhang zu inklusiver Sprache nicht.
Da sollten sie den bias in medicine (schau Dir doch mal die passende Folge von Last Week Tonight dazu an) nicht auch noch verschärfen!
Gute Folge, ich liebe John Oliver. Und wir sind uns doch hoffentlich vollkommen einig darüber, dass jeder Mensch, die beste mögliche medizinische Behandlung verdient undabhängig von Vorurteilen gegen sein Geschlecht, seiner Rasse oder irgendeinem anderen Vorurteil. Ich frage mich, in welchem Punkt du mich missverstanden haben musst, der dich zu dem Schluss geführt haben muss, ich sähe das irgendwie anders.
Du darfst in Deinem Umfeld gerne so agieren. Das skaliert aber nicht. Nicht nur, weil es mit dem Konzept der leichten Sprache unvereinbar ist, sondern auch mit vielen kulturellen Gegebenheiten in den verschiedensten Kulturen dieser Welt. Ich will hier keine Mitmenschen verunglimpfen, aber ich stelle mir jetzt einfach die stereotype Dönerbude vor, in der jemand erklären will, dass er oder sie non-binary ist. Von der Umkleide in Sport und Schwimmbad ganz zu schweigen. Und wenn das nicht skaliert, dann ist es im Programmierer-Jargon eben kaputt.
Wir diskutieren seit 40 Jahren über geschlechtergerechte Sprache, sie ist längst in unserem allgemeinen Sprachgebrauch verankert, auch wenn die Akzeptanz nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen gleich hoch ist. In 40 Jahren haben sich auch die Rollenbilder unserer Gesellschaft zum Positiven verändert. Das ist ganz sicher nicht ausschließlich auf die Sprache zurückzuführen, aber sie hat ziemlich sicher ihren kleinen Beitrag dazu geleistet und wird es auch in Zukunft tun.