Moin!
also kein vernünftiger mensch wartet 8 wochen auf gehalt. wenn es um geld geht, hört jeden spaß auf,
Wer aufhört zu arbeiten, nur weil er nicht bezahlt wird, bekommt (in Deutschland) erst mal 3 Monate lang nichts vom Arbeitsamt, weil er ja selbst gekündigt hat. Das allein wirkt schon, vor allem, wenn das Geld sowieso knapp ist.
Wer ist denn so doof und kündigt selbst, wenn er kein Geld bekommt? Sorry, aber das zeugt von reichlich Blauäugigkeit und mangelnder Rechtsinformation.
Wenn ein Arbeitsvertrag geschlossen ist, ist der Arbeitnehmer zur Arbeit verpflichtet, und der Arbeitgeber zur Zahlung des Lohns.
Fließt kein Lohn, ist es das gute Recht des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zurückzubehalten, d.h. er kündigt dies einfach dem Arbeitgeber an (damit der nicht davon ausgeht, daß wild gestreikt wird) und bleibt dann einfach zuhause. Die Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitslohns entfällt dadurch für die arbeitsfreie Zeit aber NICHT. Ok, das ist bei einer Firma, die nicht zahlen will oder kann, dann auch egal, aber man gewinnt dadurch wenigstens Zeit, sich voll konzentriert an Bewerbungen zu machen.
Zweitens: Jeder Gläubiger der Firma kann Insolvenzantrag stellen - zu den Gläubigern gehören auch die Arbeitnehmer. Wenn die sich zusammentun, wird es nochmal glaubwürdiger. In jedem Fall: Das Amtsgericht wird aufgrund des Antrages einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, der sofort die Firma besuchen wird, um festzustellen, was los ist. Wenn die Geschäftsführung vorsätzlich keinen Insolvenzantrag gestellt hat, ist das Insolvenzverschleppung und wird strafrechlich geahndet - dazu muß man aber natürlich erstmal die Justiz darauf aufmerksam machen, was der vorl. InsVerw. sicherlich erledigen wird.
Viel wichtiger aber ist, daß das Arbeitsamt Insolvenzgeld zahlt! Und zwar in voller Höhe des Nettolohnes, und für insgesamt drei Monate. Logischerweise muß die Firma den Mitarbeitern kündigen, wenn das Unternehmen nicht mehr zu retten ist, und entsprechend gibts dann auch keine Sperre beim Arbeitslosengeld.
Nochmal zurück zum Zurückbehaltungsrecht: Die Rechtsprechung geht nach meinen Recherchen davon aus, daß ein Monatslohn ausstehen darf, ohne daß man zur Zurückbehaltung berechtigt ist. Zwei Monatslöhne hingegen berechtigen den Arbeitnehmer zur Zurückbehaltung. Irgendwo in der Mitte ist die Wahrheit. Entscheidend ist auch, ob der Mitarbeiter eine tragende Rolle in der Firma spielt - in diesem Falle tendiert die Rechtsprechung eher dazu, daß zwei Monatslöhne ausstehen müssen. Ist der Mitarbeiter nur einer von vielen, kann auch schon die Nichtzahlung eines Monatslohns bei hinreichender Verzögerung (ich würde mal meinen: 2 Wochen überfällig) ein Zurückbehaltungsrecht begründen. Im Zweifel kommt es auf die individuelle Situation an. Wenn der Verdacht besteht, daß mutwillig und über lange Zeit (bei anderen Mitarbeitern) keine Löhne gezahlt werden, wird das vor Gericht (und auch nur dann, wenn der Arbeitgeber dagegen klagt) sicherlich anders bewertet, als wenn lediglich nach langer, pünktlicher Zahlung das erste Mal ein Lohn ausbleibt.
Ich spreche aus persönlicher Erfahrung. Ich habe drei Insolvenzverfahren hinter mir, habe dreimal Insolvenzgeld vom Arbeitsamt bezogen, habe mir die dummen Ausreden der Geschäftsführung angehört, habe mit den Kollegen beim ersten Mal gehofft, daß es irgendwie weitergeht (was dann bitter enttäuscht wurde), habe beim zweiten Mal mit der Erfahrung vom ersten Mal gedacht, besser gewappnet zu sein, kam aber aus dem Staunen nicht mehr heraus, was die Gegenseite alles imstande ist zu tun oder auch nicht zu tun (da wurden die Mitarbeiter dann eiskalt abserviert), und bin beim dritten Mal äußerst skeptisch gewesen, was noch alles passieren kann - aber scheinbar wird's die Firma doch noch schaffen.
Aber ich gebe dir Recht: Man möchte einfach nur kotzen, und das den ganzen Tag lang. Und es trifft einen (zumindest bei den beiden ersten Malen bei mir) auch seelisch heftig, man kann sich auf andere, wichtige Dinge (wie die Suche nach einem neuen Job) garnicht konzentrieren.
- Sven Rautenberg