Stephan Huber: Bitte um Mitarbeit!

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Hallo Morten,

"fragen taugen nichts zur einschätzung einer website"
dass ich darüber anderer meinung bin, ist wohl einleuchtend. wie dem auch sei: natürlich kann sich herausstellen, dass man mit einem solchen ansatz keine aussagen über die ästhetik treffen kann. hypothesentests haben halt die eigenschaft, dass die hypothese auch falsifiziert werden kann ;-)

Mmh, es kann sich empirisch herausstellen, daß eine Hypothese falsch war, aber ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, wie es funktionieren soll, daß empirisch klar wird, daß der experimentelle Ansatz daneben lag. So wie die Umfrage jetzt ist, geht Ihr, wenn Ihr damit wirklich etwas über Ästhetik sagen wollt, und nicht über die Meinungen der Befragten über Ästhetik, davon aus, daß das eigene ästhetische Empfinden dem Subjekt völlig transparent ist. Naja, auch wenn Freud in der Psychologie nicht mehr so in Mode ist, halte ich das für eine sehr fragwürdige Voraussetzung.

Ob diese Voraussetzung falsch ist, kann durch die Auswertung des Fragebogens sicher nicht entschieden werden. Dazu bräuchte es ein anderes Experiment zum Vergleich, in dem man den linguistischen Apparat umgeht, z.B. indem man der Testperson verschieden gestaltete Seiten mit gleichem Inhalt vorsetzt, und dann die Verweildauer, Augenbewegungen, Mausbewegungen, o.ä. auswertet.

Außerdem ist in dem Fragebogen noch die Voraussetzung implizit, daß man einzelne Gestaltungselemente wie Schriftart, Farben, Verteilung der Elemente usw. einfach voneinander trennen kann. Da kräuseln sich jedem Designer/Grafiker die Haare, würde ich sagen (ich bin keiner, aber die Reaktionen hier waren ja auch entsprechend). Und außerdem setzt Ihr auch noch voraus, daß man die Gestaltung einfach so vom Inhalt trennen kann. Aber ich z.B. (soweit mit das transparent ist ;-)) finde erdige, ausgewaschene Farben kombiniert mit Serifenschriften passend, wenn es z.B. um einen Dichter der Romantik geht (http://www.hoelderlin-gesellschaft.de), da würde ich wahrscheinlich eher das Weite suchen, wenn das in einer serifenlosen Schrift und kühlen/poppigen Farben gemacht wäre. Umgekehrt kann ich mir einen Artikel über Quantenphysik nicht mit dem gleichen Design vorstellen, das wäre genauso unpassend. Auch hier finde ich ein bißchen merkwürdig, daß ausgerechnet Psychologen sowas ignorieren, schließlich ist das zumindest im ersten Fall ein relativ primitiver Fall von Assoziation (Farben und Schriftarten geben einfach ungefähr das wieder, was man für diese Zeit erwartet, serifenlose Schriftarten waren da nicht verbreitet, der Hintergrund ist ala "altes Papier", befriedigt also genau meine Erwartungen).

Empirische Tests funktionieren immer nur unter Voraussetzung eines gewissen Theoriehintergrunds, der durch sie prinzipiell nicht in falsifiziert werden kann, und Euer Theoriehintergrund scheint mir reichlich unplausibel, ehrlich gesagt.

Viele Grüße
Stephan