Mathias Bigge: falsche Helden

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Hi Ludger,

Nun, Terror ist Kampf gegen alles, gegen Sachen, Kinder, Frauen, Zivilisten, mit allen Mitteln

"Wollt ihr den totalen Krieg?"

soz. gegen gegnerisches Erbgut

Wieso nun dieser Schlenker?

Partisanentum geht gegen den Besatzer, in der Praxis allerdings wirds dann auch oft Terror. Insofern sind Partisanen oft bzw. in aller Regel Terroristen. Da ist nichts zu romantisieren.

Und die Besatzer? Im Falle der Nazis etwa in Jugoslawien oder Russland? Auch Terroristen? Nur mit der Gewaltdefinition kommst Du nicht zu Rande. Es geht um die Problematik der legitimen Gealt und der Folgen. Dazu gibt es reichlich interessante Literatur und historische Diskussionen, etwa zu den Anschlägen auf den Zaren. Sehr lesenswert "Das Attentat" von Mulisch. Ein Anschlag gegen Nazi-Besatzer und ihre Kollaborateure in den Niederlanden geschieht und die Nachbarn, vor deren Haus der Anschlag geschehen ist, zerren die Leiche ein Haus weiter, um der Rache zu entgehen....

War die Resistance ein Haufen Terroristen? Darf sich ein Volk nicht gegen die Besetzung wehren?
Wie gesagt, nicht gegen Zivilisten.

Das scheint ein wichtiges Kriterium zu sein: Inwieweit darf man den Tod Unschuldiger in Kauf nehmen, um eine gerechte Sache mit Gewalt durchzusetzen? Aber auch hier kommst Du nicht zu einer sauberen Definition des Terror-Begriffs.

Normalerweise schreiben die Sieger die Geschichte, aber dank Informationsgesellschaft geht das nicht mehr so leicht, und wir wissen, dass Israel Palästina einfach mal so annektiert hat.
Stalin und Mao waren Sieger - und wie stehen die heute da?

Es geht also zentral um die aktuelle Definitionsmacht, um die Macht der legitimen Unterscheidung von "Sicherheitskräften", "regulären Einheiten", "Freischärlern" und "Terroristen". Das Wort "Terror" wird vor allem dann in Anschlag gebracht, wenn man das eigene rücksichtslose Vorgehen legitimieren will. Die Reden vor dem letzten Angriff im Irak waren klar: Gefangene werden nicht gemacht, es geht um die Liquidierung der Gegner.

Das, was ich an unseren moslemischen Kollegen nicht verstehe ist, dass die nicht verhandeln, nicht Win-Win Verhaeltnisse anstreben. Arafat haette sicherlich durch geschicktes Verhandeln gepaart mit zivilem Widerstand einiges erreichen koennen.

Ich denke, er hat in dieser Richtung einiges versucht. Seine Position war extrem schwierig, sowohl aufgrund der Übermacht der Gegener als auch wegen der zerstrittenen und unzuverlässigen Verbündeten. Sein größter Fehler war m.E. der Bündnisversuch mit Saddam Hussein während des ersten Golfkriegs. In vielen anderen Dingen hatte er wenig Alternativen.

Die Haltung der PLO zum Terror ist nicht zu rechtfertigen, die gewaltlose Intifada war sicher die klügere Alternative. Fraglich ist allerdings, ob Arafat hier die freie Wahl hatte.

Viele Grüße
Mathias Bigge