Hallo Thomas,
ich wundere mich immer wieder über ein ähnliches Phänomen: Viele Leute, die gar keinen Computer besitzen und nicht wissen, was das Internet genau ist, "wissen" doch zumindest eines: Compunterviren sind böse und man muss ganz toll aufpassen, dass man nich von einem Virus befallen wird, der den Computer zerstört, den Magnetstreifen der Kreditkarte löscht und die Lieblings-CD mit Britney Spears bespielt.
Woher kommt das? Ich glaube, viele Leute sind einfach zu naiv und lassen sich von allem Angst machen. Diese Angst hat aber noch eine andere Auswirkung, die mir ehrlich gesagt viel mehr auf die Nerven geht als die Viren selbst: Das rasante Verbreiten von Virus-Hoax-Warnungen. Na gut, ich möchte nicht behaupten, dass ich das erste mal nicht auch auf einen Hoax hereingefallen bin. Aber das war eine glaubhafte Viruswarnung und außerdem die erste von diesem Typ, die mir zugeflogen ist.
Ich möchte zwei Beispiele erzählen, die mir wirklich passiert sind. Ich werde keine Namen nennen und mich auch über niemanden lustig machen, sondern nur die Tatsachen schildern. Ich hoffe, ich verletze damit niemanden.
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Als erstes Beispiel möchte ich von der E-Mail-Viruswarnung schreiben, die ich zuletzt von einem Bekannten bekommen habe. Wohlgemerkt von jemanden, den ich schon einmal von einem Hoax entwarnt habe, der also eigentlich mit dieser Thematik vertraut sein müsste. Gewarnt wurde vor einem Virus, der die Festplatte formatiert und anschließend die (Post-)Adresse des Befallenen ausliest und an den Programmierer des Virus schickt.
Jetzt frage ich mich: Lesen denn Leute, die so etwas weiterverschicken, die Warnung gar nicht?
1. Wie lange dauert es, bis eine - sagen wir einmal - 50GB-Festplatte formatiert wird?
2. Wie kann man aus einer Festplatte die Anschrift des Besitzers auslesen?
3. Wie kann man aus einer *formatierten* Festplatte überhaupt irgend etwas auslesen?
4. Was hat ein Hacker von einer Sammlung von tausenden von Postadressen? Die stehen doch auch im Telefonbuch.
OK, bei den ersten beiden Fragen könnte man noch einwenden, dass man sich schon etwas mit der Hard/Software auskennen muss, um hier misstrauisch zu werden. Aber beim dritten und besonders beim vierten Punkt muss es doch wirklich jedem klar werden, dass er veräppelt wird.
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Ein anderes Beispiel: Vor etwa einem Jahr bekam ich immer wieder folgende ICQ-Nachricht von *Absendern auf meiner Contact-List*: "ICQ kostet 5$ wenn wir diese Nachricht nicht 1000mal weiterverschicken. Hilf mit und schick diese Nachricht weiter." (so ähnlich jedenfalls)
Wer so eine Nachricht bekommt, der wird sich doch *mindestens* fragen, warum sich ICQ von dieser Entscheidung abbringen lassen sollte, nur weil 1000 unnötige Nachrichten hin- und hergeschickt werden. Er wird sich doch dann zumindest weiter fragen, woher der Veröffentlicher dieses Gerüchts denn die Information hat und mal auf der ICQ-Webseite nachschauen, ob da soetwas steht. Und dann wird er sofort feststellen, dass es eben das ist: ein Gerücht, mehr nicht.
Ich habe natürlich zurückgeschrieben, dass das doch Unfug ist und ob der Absender denn nicht auf der ICQ-Webseite nachgeschaut hat. Daraufhin bekam ich meistens eine Antwort, in der mir der Absender mitteilte, dass er jetzt auch gemerkt hat, dass es sich nur um ein Gerücht handelt. Am nächsten Tag schalte ich meinen Rechner an und bekomme zur Begrüßung gleich mal mehrere dieser fünf-Dollar-Warnungen präsentiert. Das war nichts unerwartetes, da sich die Nachricht ja inzwischen weiterverbreitet hatte und noch andere darauf "hereingefallen" waren. Unerwartet war nur, dass auch von eben dem Bekannten wieder eine Warnung dabei war, der am Tag zuvor eigentlich bemerkt hat, dass das ganze nur ein Hoax ist.
Dieses Spiel ist soweit gegangen, dass ich am Ende einige meiner *Freunde* auf meine Ignore-List setzen musste, um nicht Tag und Nacht mit dieser Meldung "zugemüllt" zu werden. Man stelle sich so etwas einmal im "Reallife" vor: Jemand spricht nicht mehr mit seinen Freunden, weil er sonst dauernd etwas mitgeteilt bekommt, was beide Seiten schon als Streich identifiziert haben. Das ist doch beängstigend.
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Du hast dich beklagt, dass es so viel Dummheit auf der Welt gibt. Da kann ich dir nur zustimmen. Aber nicht in diesem Fall, denn die Absender in den beiden genannten Beispielen gehören sicher zu den intelligentesten Leuten, die ich kenne.
Es ist etwas anderes:
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Es ist die Panikmache vor Computerviren oder anderem:
-> Man hört und ließt ja immer wieder von Schäden. -
Es ist das Pflichtbewusstsein der Leute:
-> Viele denken, dass sie am Unglück anderer Schuld sind,
wenn sie eine Warnung nicht weiterverbreiten. -
Es ist die Einfachheit, mit der man eine Warnung weiterverbreiten kann:
-> Einmal "click" und schon fertig. Das gleiche gilt
für das öffnen von Virus-E-Mail-Attachments. -
Es ist das Widerstreben, zu denken, ohne dazu aufgefordert zu werden:
-> Mit ein bischen Denken hätte jeder in beiden
Beispielen erkannt, dass er veralbert wird.
Was sollte man dagegen tun können?
Robert
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