Hi Jörg,
den guten Postings von Thomas Schmieder und Sven Rau-
tenberg habe ich eigentlich nicht viel hinzuzufügen.
Aber mich reizt die Art Deiner Fragestellung. :-)
Ich bin habe eine kleine Firma und möchte einen
Internetauftritt zur Werbung und Promotion nutzen.
Betrachte die Angelegenheit aus der wirtschaftlichen
Perspektive - dort hast Du festen Boden unter den
Füßen.
Welchen wirtschaftlichen Erfolg erwartest Du durch
einen Web-Auftritt? Ist Deine Branche dafür tauglich?
Der Vergleich mit der Litfaßsäule war gut - überlege
Dir, ob Deine potentiellen Kunden Dich im WWW oder
doch eher in der Fußgängerzone suchen werden.
Willst Du eher "hip" oder eher "seriös" wirken?
Haben Dein Lehrling oder Dein Freund die Fachkenntnis,
eine solche Vorstellung technisch so umzusetzen, daß
sie funktioniert? Ich selbst könnte das beispielsweise
nicht - ich würde mir einen Profi _dafür_ suchen.
Ein Programmierer kann beispielsweise nicht unbedingt
einen guten Fernsehwerbespot drehen ... ein Web-
Auftritt umfaßt ganz verschiedene Probleme aus sehr
unterschiedlichen Fachbereichen - es ist naheliegend,
damit ein Team aus Spezialisten zu beauftragen.
Ein Web-Auftritt will gepflegt werden. Irgendwer muß
die Seiten inhaltlich auf dem aktuellen Stand halten.
Wer macht das?
Wenn der Entwurf steht und _gut_ ist, dann kann das
vielleicht Dein Lehrling. Dein Bierfreund wird gerade
in Urlaub sein, wenn Du eine wichtige Änderung brauchst.
Wieviel ist die diese wiederkehrende Arbeitsleistung
wert? Wieviel ist Dir der Zusatzaufwand wert, eine
Webseite so zu bauen, daß jemand anderes als der Ver-
fasser sie leicht versteht und einfach pflegen kann?
Wieviel ist Dir die _Garantie_ wert, daß jemand da ist,
der den Entwurf so gut versteht, daß er Änderungen
einbauen kann, wenn Du sie eines Tages haben willst?
Da ich selber keine Ahnung von solchen Sachen habe,
möchte ich dies von jemandem mit Ahnung machen
lassen.
Du hast Dein Problem sehr schön formuliert.
Du willst etwas kaufen, weißt aber nicht, was - und
hast deshalb keine Vorstellung davon, wie teuer es
werden darf. (Deshalb bin ich über den Nutzeffekt und
die Unterhaltskosten gegangen - das ist eine Sprache,
in der Du Dein Projekt ohne technische Kenntnisse
durchrechnen kannst.)
Ein Auto ist viel teurer als eine Website.
Trotzdem wirst Du den Preis kaum anzweifeln.
Einerseits baut Dein Lehrling nicht in seiner Freizeit
Autos (und schon gar nicht solche, die vom TÜV abge-
nommen werden würden - das Problem ist nicht der Mo-
tor, sondern die Karosserie!), und zweitens bewertest
Du ein Auto nicht nach dem Gewicht seines Metalls,
sondern nach dem Paket, für das es steht:
- Hochwertige Teile
- ein gut getestes Gesamtsystem
- Möglichkeit für Wartung, Pflege, Reparatur
- Garantien
- Sicherheitsaspekte
und vieles andere.
Du kaufst nicht zwei Tonnen Eisen, sondern ein Produkt.
Meine Recherchen ergeben aber Preisspannen von 20,00
EURO pro Seite bis mehreren Tausend EURO für einen
Auftritt. Ich weiß jetzt gar nicht, was ich machen
soll.
Sieh Deine Website als Produkt - und überlege Dir, was
Du damit anfangen willst. Genau wie bei einem Auto.
(Eine Maßeinheit in "Seiten" ist übrigens Unfug.)
Dann mach, wie von Thomas vorgeschlagen, einen Projekt-
plan - und investiere für die Beratung ein paar Stunden
eines Profis, und sprich mit diesen durch, ob sich Dei-
ne Erwartungen umsetzen lassen).
Es sind weniger die Antworten, die Du zu hören be-
kommst, sondern die Fragen, die man Dir stellen wird,
die dieses Geld der Beratung wert sein werden.
Wenn es Dir an dieser Stelle zu teuer wird, kannst Du
danach immer noch abbrechen - besser das, als ein paar
Tausender zu investieren in etwas, das Du nicht be-
herrschst und das mit der Zeit wertlos wird, wenn es
nicht gepflegt wird (oder im Baustellenzustand sogar
Antiwerbung betreiben würde).
Auch kannst Du nach der Abnahme des Projektplans durch
den Profi immer noch Deinen Lehrling drüber schauen
lassen, welchen Anteil des Projektes er sich zutraut.
Den Projektplan zu _erstellen_ ist schwieriger - das
würde ich ihn nicht machen lassen.
Ein Kumpel von mir kennt sich ganz gut mit einem
Computer aus und hat auch schon einige Internet-
seiten erstellt.
Dein Problem ist aber, daß Du nicht einschätzen kannst,
was diese Webseiten gut oder schlecht macht - und ob
diese Seiten überhaupt als Referenz für _Dein_ Projekt
taugen (vielleicht brauchst Du unbedingt Technologien,
die dort gar nicht eingesetzt wurden?).
Du kannst das auch nicht bei Autos einschätzen - aber
Du würdest trotzdem ein Markenprodukt kaufen und keinen
Selbstbau. Warum?
der sagt, ich solle ihn mal zum Bier einladen und
dann macht er das für mich.
Das ist die falsche Einstellung.
Dein Freund ignoriert den Lebenszyklus der Website.
Ihn würde ich damit lieber _nicht_ beauftragen (sorry).
Ich könnte es auch meinem Lehrling anvertrauen,
der ist auch ganz gut mit Computern.
Das ist aber noch weniger als das, was Dein Freund
zu bieten hat.
Würdest Du Deinen Lehrling Dein Auto reparieren lassen?
Würdest Du Deinen Lehrling Deinen Blinddarm enfernen lassen?
Jetzt frage ich mich allerdings, warum sollte ich
dann mit meinem Problem zu einer professionellen
Agentur gehen und das nicht vielleicht auch einem
Umschüler (bei uns gibt es ein Bildungsinstitut,
welches in dieser Richtung ausbildet) beauftragen,
der das dann für mich gegen geringeres Entgeld oder
als Praktikumsarbeit erledigt.
Das Problem an diesem letzten Satz ist das Wort "das".
Du hast offensichtlich wenig Vorstellung davon, was
für eine Art von Leistung Du überhaupt kaufen willst.
Um so weniger kannst Du einschätzen, wer in der Lage
ist, diese Leistung in welcher Qualität zu liefern.
Ich habe Angebote von Profis, weiß aber nicht,
warum die so teuer sind
Dann rede mit ihnen. Verlange eine Aufgliederung der
Kosten - laß Dir ein Angebot schreiben, wofür das
viele Geld drauf gehen wird. Und laß Dir erklären,
warum das alles notwendig ist und welcher Aspekt der
Website dadurch in welcher Hinsicht besser wird.
(Sven hat das beispielsweise sehr schön gemacht -
er könnte das viele Geld exakt in Stunden Arbeit der
verschiedenen Mitarbeiter aufgliedern.)
und was die anders machen als mein Kumpel zum
Beispiel.
Sie sehen Dein Projekt als Ganzes - nicht nur einen Teil
davon. Dein Freund baut Dir ein Auto mit einem Rad.
Mein Problem ist sicher nicht das Geld.
Ich will nur wissen was ich dafür mehr bekomme,
denn sont könnte ich das ja sparen.
Deine Frage hier im Forum war der richtige Weg - und
von dem, was Sven und Thomas Dir erkärt haben, kannst
Du lernen, ein Angebot eines Profis zu lesen und zu
bewerten.
Ein gutes Argument für oder gegen einen Auftritt
von Profis erstellt würde mir schon weiterhelfen.
So weit bist Du aber noch gar nicht.
Ein gutes Argument ist nur dann gut, wenn Du genügend
Sachkenntnis hast, es als solches zu erkennen.
Wenn Du ein juristisches Problem hast, würdest Du zu
einem Anwalt gehen und Dich beraten lassen. Das kostet
Geld. Investiere dieses Geld und laß Dich von einem
Profi beraten - ohne gleich die Erteilung eines Auf-
trags zwingend damit zu verknüpfen. Der Profi will
den Auftrag haben - er wird Deine Fragen beantworten.
Es wird aber ein paar Stunden dauern - rechne damit,
daß schon ein ordentlicher Entwurf mehr kostet als das,
was Dein Freund oder Dein Lehrling gekostet hätten.
Aber danach solltest Du Deine Aufgabenstellung ver-
standen haben - das ist der Zweck der Beratung.
Mein Posting und auch die von Sven und Thomas sind von
der Art, wie Deine Beratung ablaufen sollte - nur eben
sehr viel detaillierter auf Dein Projekt bezogen.
Selbst _zwei_ Beratungen durch verschiedene Profis
sind ggf. billiger als ein gescheitertes Projekt.
Viele Grüße
Michael