Hallo Chräcker,
Es gibt etliche ethische, gesellschaftliche etc Grundfragen, wie man miteinander umgeht, wie man eine Gesellschaft "aufbaut, hegt und pflegt".... ich mag bei diesen wichtigen Fragen nicht immer gleich von einer "Zwangsläufigkeitstheorie" ausgehen. Wenn ich eine Haltung, ein "Tun", ein praktizieren in egal-was für falsch halte, dann ist dies unabhängig von der technischen Unmöglichkeit der Unterbindung.
Genau in diesen Kontext versucht die Bezirksregierung in Düsseldorf das Problem aber zu setzen - die Leute haben sich schlicht überlegt, dass man ja unterbinden (mit technischen Mitteln) kann, anstatt zu diskutieren. Und da liegt schon der Denkfehler, dem diese Menschen aufgesessen sind: Die technische Unterbindung ist unmöglich, die Diskussion von daher unvermeidbar! Ich glaube auch, dass das der Sinn ist, der hinter "es ist schon technisch nicht möglich" sitzt. Was indiskutabel ist, ist nicht das Problem an sich sondern seine Lösung mit technischen Mitteln.
Dann dachte ich in der Tat, um mich zu wiederholen, daß Deine Formulierung:
"Und ist es nicht schon technisch gesehen laecherlich (....)"
schon darauf hindeute, daß die Diskussion eh hinfällig sei, weil es technisch eh nicht möglich sei. Verstehe diese Formulierung immer noch so. Und eine Wertediskussion oder eine Diskussion über Zensur oder nicht kann nicht wegen technischen anscheinbaren Zwangssituationen hinfällig oder zweitrangig sein. Diese meine Haltung hat auch nichts mit technikfeindlichkeit zu tun, ich glaube, da würden sich die, die mich und mein technisches Umfeld kennen, einen grinsen.... (wenngleich diese doch etwas billige (aber nicht persönlich genommene ;-) ) Anschuldigung immer gerne kam, wenn man ein "stimmt das denn" fragte, sobald es um angebliche Technik-Zwangsentwicklungen ging....)
Nein, das glaube ich weniger. Die Diskussion um das, was erlaubt sein kann und was verboten sein muss, wird nicht deshalb hinfällig, weil eine technische Unterbindung der zu diskutierenden Inhalte nicht möglich ist - im Gegenteil. Es ist lächerlich, zu glauben, man könne mit solchen Mitteln Verbrechern beikommen, die unsere Gesellschaft tatsächlich vergiften - zu ihrem eigenen finanziellen Wohl.
Ich denke tatsächlich, dass die Bezirksregierung Düsseldorf anstrengende Diskussionen zu vermeiden sucht, indem sie das Thema einfach mit technischen Mitteln ausblenden will, also der Sicht des denkenden Menschen (oder mündigen Bürgers, ganz wie man es sehen will) entzieht. Man kann keine Stellung nehmen zu dem, was man nicht sieht. So ist's natürlich weit bequemer für regierende Menschen - und es wäre natürlich auch für uns mündige Bürger schön, wenn tatsächlich illegale Inhalte (wie die mit Bildern dokumentierten, zum Teil brutalen Verbrechen an Menschen, die wir so verharmlosend unter den Begriffen "Kinderpornographie" oder "Hardcoreporno" führen) einfach so ausblenden und damit Verbrechern wenigstens einen Verteilungsweg für ihre "Ware" nehmen könnte. Das ist aber, Stefan sagt's, schon rein technisch nicht möglich und von daher ist der Ansatz einfach falsch. Diejenigen, die sich für illegale Inhalte interessieren, werden die technischen Sperren zu umgehen wissen - und alle anderen finden die Sachen sowieso nicht, denn _so_ offen liegen die nicht im Netz 'rum.
Also wird die Gesellschaft nicht umhin können, andere, unbequemere Methoden zu finden, um krimineller Inhalte Herr zu werden. Deshalb bin ich auch der Ansicht, dass es einfach keinen Wert hat, politisch, religiös oder anderweitig extremistische Inhalte einfach zu "unterbinden" (selbst, wenn das technisch möglich wäre). Man schiebt die Sachen dadurch doch nur in eine andere Ecke! Was hier passieren muss, ist, dass man diejenigen Menschen in der Bezirksregierung Düsseldorf (allen voran Herrn Büssow) deutlich klarmacht, dass sie in die falsche Richtung denken - das wird wohl die Intention dieser Demonstration sein.
Aber es reicht nicht aus, gegen eine Zensur zu demonstrieren. Man - und da sind gerade die Techniker gefragt - muss eine Methode finden, Verbrecher aufzuspüren, ihrer habhaft zu werden und sie zu bestrafen. Dazu müssen Leuten, die über ein simples (und umgehbares) "Ausblenden" illegaler Inhalte nicht hinausdenken können, unbedingt Lösungsansätze präsentiert werden. Es ist einfach, zu sagen "Ich will nicht, dass auch nur eine einzige Seite, die über das Internet zugänglich ist, meinem Zugriff entzogen wird!". Es ist ungleich schwerer zu sagen "Ich kann mir vorstellen, dass Anbieter von kriminellen Inhalten auf diese oder jene Weise dingfest gemacht werden können" - wir kennen das hier im kleinen von unserem berühmten <I> her. Sagen, was nicht sein soll, kann jeder. Tatsächlich etwas tun ist eine ganz andere Sache.
Also wünsche ich mir von ganzem Herzen, dass diese Demonstration nicht nur dazu führt, lächerliche technische Lösungen, die, anstatt ein Problem zu lösen, zwei andere aufwerfen, als solche zu entlaven sondern auch, dass sie dazu führt, dass in den Köpfen derer, die das technische Wissen haben, Bewegung entsteht, damit die Technik, die zur Verfügung steht, sinnvoll eingesetzt werden kann. Und dann natürlich, dass der Gesetzgeber so intelligent ist, sich wirklich kompetente Berater heranzuziehen, um endlich anstatt der streckenweise hirnrissigen Regelungen im Datenschutzgesetz mal ein paar wirklich sinnvolle Methoden und gesetzliche Rückhalte für eine wirksame Strafverfolgung zu entwerfen.
File Griese,
Stonie