Lieber Matthias,
natürlich möchte ich auch nicht, dass die Bezirksregierung Düsseldorf darüber entscheidet, was ich mir im Internet ansehen kann, und was nicht.
Da sind wir uns erstmal einig.
Aber: Warum nimmt man ausgerechnet offen nationalsozialistische Hetzseiten, die Bezirksregierung nennt konkret:
http://www.rotten.com/
das ist keine nationalsozialistische Hetzseite sondern ein einziges Ekelpaket - just for the record.
http://www.nazi-lauck-nsdapao.com/
http://www.stormfront.org/
http://www.front14.org/
zum Anlass, für die Freiheit einzutreten. Freiheit für wen und für was?
Für mich zum Beispiel. Gut, ich wohne nun nicht in Düsseldorf und habe sowieso kein Problem damit. Aber nehmen wir's mal an - rein theoretisch:
Ich will in der Lage sein, mich auch und gerade über die Inhalte extremistischer Seiten zu informieren. Nein, ich bin keine Nazisse und ich werde vermutlich auch nie eine werden. Ich halte es dennoch für ausserordentlich wichtig, dass solche Seiten zugänglich sind und zugänglich bleiben.
Wie soll ich sonst meinen Kindern, wenn sie dann mal weit genug sind, erklären, dass es solche Leute gibt, was sie vorhaben, woran sie glauben und weswegen man sich vor solchen Menschen wirklich hüten muss?
Wie soll ich im Zweifelsfalle einer Medienberichterstattung entgegentreten, die nichts anderes tut, als nebulöse Existenzängste zu schüren?
Was, wenn irgendwann ein Politiker aus einer anderen extremistischen Richtung hergeht, die blosse Existenz dieser Leute zu einer Bedrohung aufbauscht und so Wählerstimmen fängt, derer er sonst niemals habhaft würde?
Die Menschen neigen weit mehr dazu, das zu fürchten, was sie nicht kennen und es ist auch weit leichter, ihnen vor Dingen Angst einzujagen, die sie nicht kennen. Das einzige Mittel gegen Extremismus ist Aufklärung - und zu dieser Aufklärung gehört auch und gerade jede Äusserung der jeweiligen Extremisten, damit man auf die Argumentation eingehen kann und damit man sie widerlegen kann.
Kann man mit den Kräften, die hinter diesen Seiten stehen, wirklich dikutieren?
Nein, diskutieren kann man mit niemandem, der extreme Ansichten hat. Aber man kann seine Ansichten auseinandernehmen und deutlich zeigen, was übrigbleibt, wenn man die vollmundigen Texte der hehren Worte entkleidet - noch nicht mal lauwarme Luft.
Und ist es nicht schon technisch gesehen laecherlich, den Aufruf bestimmter Webseiten fuer alle Buerger verbieten zu wollen?
Auch im Bereich Kinderpornographie versucht man immer wieder, Seiten zu sperren, und ich denke, wir sind uns einig: zu Recht. Denn für die Produktion dieser Seiten müssen konkret irgendwo auf dieser Welt Kinder, die dabei mißbraucht werden, bezahlen. Sicher, es ist technisch schwierig, eine totale Sperrung zu erreichen, aber vielleicht erreicht man, dass der geschäftliche Erfolg, den viele rechtsradikale Sites ebenso anstreben wie Kinderpornographen, erschwert wird.
Man kann sowohl Kinderpornographen als auch Nazis (oder Kommunisten oder wem auch immer) natürlich das Leben schwer machen im Internet - 'raus kriegst du sie nicht, genausowenig wie im richtigen Leben. Ich finde, das habe ich weiter unten auch schon geschrieben, dass die zur Verfügung stehende Technik dazu genutzt werden sollte, solche Leute zu finden und die Anbieter sowie die Urheber dingfest zu machen - real in den Knast zu stecken. Den Zugang zu unterbinden, weil wir uns Schlimmes nicht antun wollen, ist simple Augenwischerei, meiner Ansicht nach.
PS: Vielleicht nur ein schwaches Argument, aber mit Günter Frhr.v.Gravenreuth möchte ich nicht zusammen zu einer Demo für die Freiheit des Internet aufrufen (vgl.: http://odem.org/informationsfreiheit/, Liste der Erstunterzeichner)
*GRINS* Niemand ist vollkommen gut - und es gibt auch keinen, der vollkommen schlecht wäre.... Ich würd' den Herrn schon gerne mal kennenlernen.
File Griese,
Stonie