Moin, O'Brien,
Dumm sind die Drahtzieher (die IMHO nicht mit den Ausführenden identisch sind) ganz bestimmt nicht, die wissen genau, was sie da tun.
Davon bin ich überzeugt.
Sie wissen genau, dass die Medien voll von ihren Attentaten sein werden. Sie wissen auch genau um die Verunsicherung, die sie damit erzeugen, du selbst bist doch das beste Beispiel dafür, und so wie dir wird es vielen Eltern gehen. Das mag zwar nicht das Hauptziel der Terroristen sein, aber es ist sicher nicht zu vernachlässigen.
Das ist mit Sicherheit ein wesentlicher Bestandteil der Ziele der Terroristen, nämlich Verunsicherung und Angst in den Köpfen der "ungläubigen" Westler zu erzeugen, und sie nutzen gezielt die Medien dafür, da gebe ich dir vollkommen Recht.
Ich will damit nicht sagen, dass es keine Berichterstattung mehr geben soll, dass wäre sicher das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, aber über die Art und den Umfang der Berichte sollte man durchaus einmal (oder auch auch zweimal, dreimal) nachdenken.
Was willst du denn einschränken? Wie willst du verhindern, dass Bilder gezeigt werden? Willst du erreichen, dass die Ausmaße der Katastrophen nicht sichtbar werden und somit im Grunde herunter gespielt werden? Klar, könnte man 'drüber nachdenken, man würde den Terroristen die Plattform unter den Füßen entziehen. Für welchen Preis? Zensur. Und rettet die die Menschheit? Ich persönlich könnte jedenfalls besser schlafen, hätte ich niemals etwas von Beslan erfahren, zumindest nicht in dem Ausmaß. Die Angstverbreitung der Terroristen würde nicht mehr gut funktionieren, ein wichtiges Ziel wäre vereitelt. Aber ist das realistisch?
Es spielt insofern eine Rolle, als es eine Demütigung für die Angehörigen ist. Erst werden sie durch ein Terrorkommando ins Unglück gestürzt, ihrer Liebsten beraubt, und dann wird ihr Leid auch noch benutzt, um möglichst hohe Einschaltquoten oder Druckauflagen zu erzeugen. Das kann doch nicht richtig sein.
Ja, da gebe ich dir Recht. Aber ist es wirklich so? Das was ich bisher von Beslan gesehen habe, habe ich nicht als Ausschlachten empfunden, sondern als Berichterstattung, und selbst da habe ich mir überlegt, ob ich die überhaupt sehen will. Ich meine, wo hört objektive Berichterstattung auf und wo fängt Voyeurismus an? Hätte man die brennenden Türme des WTC nicht zeigen sollen? Es war nicht zu verhindern gewesen, auch die springenden Menschen zu zeigen. Ich glaube, Swen hat damals gesagt, dass aus Pietät vor diesen Menschen solche Bilder nicht hätten gezeigt werden dürfen, um zu verhindern, dass die ganze Welt ihnen beim Sterben zusieht. Ein Standpunkt, den ich durchaus nachvollziehen kann, den ich aber für unrealistisch halte.
Vielleicht wäre es anders, wenn ich eigene Kinder hätte, vielleicht bin ich aber auch mittlerweile schon zu einem gewissen Maße abgestumpft gegenüber den täglichen Schreckensmeldungen. Und das letztere halte ich für gefährlich, darum bin ich dankbar für solche Diskussionen, wie sie hier geführt werden, die einem immer wieder Denkanstöße geben und auch Aspekte offenbaren, auf die man selbst nicht gekommen wäre.
Ja, ich kann dir sagen, dass man als Eltern eine ganz andere Sichtweise bekommt. Zwangsläufig erscheinen Bilder im Kopf, in denen man den eigenen Sohn tot daliegen sieht, und man muss sich anstrengen, diese Bilder aus dem Kopf zu verscheuchen. Und das Abstumpfen halte ich für ganz normal und eine natürliche Reaktion, denn niemand kann auf die Dauer vernünftig leben mit Schreckensbildern im Kopf. Dennoch halte ich wie du diese Diskussionen für sehr wichtig, und sie haben auch nichts mit dem Verdrängen von Schreckensbildern zu tun, sondern mit dem Aufarbeiten des Geschehenen. Man muss es nur aktiv tun.
Ich wünsche dir eine gute Nacht!
Und ich dir einen schönen Tag!
Viele Grüße,
Kirsten