Hi Ludger,
Man könnte auf die Idee kommen, dass Terror unter Selbstaufopferung ein religiöses Phänomen sei, die Geschichte zeigt aber, dass das nicht so ist.
bei den Christen soll das auch schon mal so gewesen sein. Angeblich sogar bei den Juden. Nein, Deine geschichtlichen Kenntnisse scheinen mir ausbaufaehig.
Du hast mich missverstanden. Vielleicht hätte ich deutlicher sagen sollen, dass ich "_nur_ ein religiöses Phänomen" meinte. Es überrascht doch, dass auch weltliche Ideologien immer wieder Triebkräfte entfalten, die auch zur Selbstaufgabe motivieren.
Ist es moderner Terrorismus?
Ja, in vieler Hinsicht. Die Aktionen werden gezielt auf die mediale Wirkung hin geplant, die "Hinrichtungen" werden gefilmt und die Videos ins Internetz gestellt. Die Terroristen unterhalten weltweite Kommunikationsnetze, verschieben Gelder, erlangen Unterstützung von Staaten und Militärs. Es werden moderne Techniken eingesetzt. Vorgehensweisen werden weltweit kopiert, es gibt eine Art Guiness-Book der grausamsten Anschläge.
- Verstoß gegen alle Moralgebote, die doch die
Grundlage eines Freiheitskampfes bilden
Um den geht's nur vordergruendig. Es geht m.E. um Rache.
Die Ereignisse in Russland sind so nicht auf den Punkt zu bringen. Sicher, die Rache spielt eine große Rolle, die Tschetschenen werden in Russland immer schon durch die Blutrache dämonisiert. Solschenyzin schreibt in seinen Werken über den Gulag, dass selbst die rücksichtslosesten Wächter mit einiger Vorsicht zu Wege gingen, wenn es um Tschetschenen ging.
Aber die aktuellen Terrorkommandos zeichnet doch mehr aus, etwa der Wille zur groß inszenierten Selbstvernichtung, die Hollywood-Theatralik, die Bekenntnisse, die Paradiesversprechen für die Mörder, das absurde nebeneinander von archaischer Religionsauslegung und modernster Technik.
Die Selbststilisierung liefert Hinweise auf die Psyche der Täter, ihre völlige Entwurzelung.
Die schwarzgekleideten Frauen, die sich durch besondere Grausamkeit von der Mutterrolle, auf die sie sich ansonsten reduzieren wollen, distanzieren, hier symbolisch besonders aufgeladen durch den Kindermord. Daneben die nach dem Muster westlicher Eliteeinheiten gekleideten Männer, mit modernsten Waffen, Rambo-Gehabe und KZ-Wächter-Mentalität, in der Hand den Koran. Es scheint, als sei für sie jeder Unterschied zwischen Fantasy-Spiel, Ego-Shooter, Hollywood-Film, Religion, Handy und Internet ausgelöscht, als ginge es gar nicht um reale Menschen, nicht bei den anderen, und nicht bei sich selbst.
Mao war ein Verbrecher, der u.a. Millionen Menschen in den Hungertod getrieben hat, weil er ein paar untaugliche Ideen umsetzen wollte.
Ich will Mao hier nicht verteidigen, aber der Vergleich an dieser Stelle ist daneben, weil er die tatsächlichen Gegebenheiten nicht trifft. Er hat eher Bekenntniswert: "Ich finde Mao auch Scheiße!" Naja, das wissen wir nun....
Viele Grüße
Mathias Bigge