Mathias Bigge: Schriftsprachlichkeit

Beitrag lesen

Hi O'Brien,

  1. Gruppenarbeit mündet oft in schlechten Frontalunterricht, der von Schülern gehalten wird.
    Ist es nicht Aufgabe der Lehrkraft, die Gruppenarbeit so zu steuern, dass eben dies nicht passiert?

Schon, durch ein einfaches Wunder kann man die Sprecher von 5 Gruppen locker dazu kriegen, ihre Ergebnisse besser zu präsentieren als ein ausgebildeter Lehrer das kann. Vielleicht könnte man Frontalvorträge der Schüler am besten dadurch vermeiden, dass diese als Arbeitsauftrag wiederum eine Gruppenarbeit entwicken, die von den anderen Schülern durchgeführt werden. Man hätte zudem auch das Schuljahr locker gefüllt, weil dann schon nach einigen Runden mehrere Milllionen Gruppenarbeitsaufträge abzuarbeiten hätte.

Wenn man die Schüler insgeheim hasst, könnte man die Gruppen motivieren, ihr Ergebnisse in Form einer Powerpointpräsentation vorzustellen.

  1. Bei arbeitsteiliger Gruppenarbeit werden die Ergebnisse der anderen Gruppen oft nicht genügend vermittelt
    Ist es nicht Aufgabe der Lehrkraft, die Gruppenarbeit so zu steuern, dass eben dies nicht passiert?

Aufgabe an den Pädagogen: Steuern Sie die Gruppenarbeit stets so, dass jeder Referent der verschiedenen Gruppen besser referiert als Sie selbst *g*

  1. Viele Probleme sind von den Schülern nicht wirklich selbständig zu erarbeiten.
    Aber zurück zum Thema: Ist denn das überhaupt erforderlich? Eine _teilweise_ eigenständige Er- oder auch nur Be-arbeitung kann doch ggfs. schon ausreichen.

Bei arbeitsteiliger Gruppenarbeit muss ja das erarbeitete Wissen irgendwie kommuniziert werden, etwa durch eine Schülerpräsentation oder ein Handout. Da entstehen aber die gleichen Probleme, die auch der Pauker bei der Wissensvermittlung hat. Bei arbeitsgleicher Gruppenarbeit entsteht das Problem nicht, aber dafür hat die Mehrzahl der Schüler den Frust, ihre tollen Ergebnisse nicht im PLenum präsentieren zu können.

Und dann gibt es sie natürlich wirklich: gut geführte Lerngruppen, die selbständig arbeiten können und wollen, Lernumgebungen, die gutes Material zur Verfügung stellen. Projekte, die nach einer Vermittlung des Grundwissens wirklich zielorientiert aktiv werden.
Methoden - am ehesten mit einem gut gefüllten Werkzeugkasten vergleichen

Bei uns an der Schule heißt die entsprechende Sammlng "Methodenkoffer".

Genauso sollten mMn Lehrkräfte die Vielfalt der Methoden, die sie in der Ausbildung gelernt haben, als gut gefüllten Werkzeugkasten ansehen, aus dem sie je nach Bedarf das passende Werkzeug herausnehmen und benutzen.

Das geschieht sicher auch. Irgendwie klingt in Deiner Argumentation aber durch, dass Du nicht ahnst, welche Logik dahinter steckt, dass offene Planung, lange freie Arbeitsphasen und ausgedehnte Projekte im schulischen Alltag so selten sind.

Natürlich erfordert das eine Menge Vorbereitung,
Wozu viele nach einigen Jahren Lehrtätigkeit - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr bereit sind.

Ach wo, es gibt einfach einen konkreten Druck, der die pädagogische Phantasie niederwalzt. Solche Vorurteile bringen genau gar nichts, wenn man unterstellt, dass die Leute einfach keinen Bock haben usw. ist eine weitere Debatte halt sinnlos.

Hört sich gut an, ist vielleicht auch richtig, es steckt aber auch eine Illusion darin. Nehmen wir an, ein pubertierender Jugendlicher soll eine Fremdsprache erlernen. Nun gehören dazu aber eine Menge wenig lustvoller Lernphasen, etwa das Pauken von Vokabeln oder Grammatikregeln. Ob sich das wirklich rein aus Interesse und ohne Druck bewerkstelligen lässt?
Natürlich, zumindest teilweise. Warum z.B. fing unser Schulbuch (die aktuellen kenne ich nicht) an mit: "Toby is lying under the chair. Toby is a dog. Tibby is sitting on the chair. Tibby is a cat." Da muss einem doch vor Langeweile die Galle hochkommen. Auch Englisch-Anfänger hören englischsprachige Musik, dann fängt man eben als erstes mit einem aktuellen englischsprachigen Lied an und übersetzt es, singt es vielleicht sogar mit der ganzen Klasse.

Sorry, aber da hast Du Deine Anfänge einfach vergessen. Natürlich kann man Hörverstehen mit Musi machen, vielleicht legst Du mal einen Hit in einer Sprache auf, die Du überhaupt nicht kannst und überlegst einmal, ob Deine Idee etwas taugt.
Eine neue Sprache zu lernen, erfordert die Bereitschaft sic unächst auf ein niedriges Kommunikationsniveau zurückwerfen zu lassen. Selbst wenn wir diese Diskussion in einer Fremdsprache führen würden, die wir halbwegs beherrschen, würden wir deutlich dümmer wirken, oder?

Die Basis für das eigene Leben legt letztlich jeder, zumindest ab einem bestimmten Alter, selbst, wer das nicht kapiert, hat nichts verstanden.
Ab einem bestimmten Alter, ja. Aber das ist sicher später als 10-12 Jahre. Und wie soll er es kapieren, wenn es ihm z.B. zuhause nicht vorgelebt wird?

Er wird es nicht lernen, wenn er nicht ungewöhnliches Glück hat.

Und wird die Schule nicht völlig überschätzt, wenn ihr das Grundproblem der Motivation in die Schuhe geschoben wird?
Die Privatschulen, an denen die Eltern richtig löhnen müssen, wissen das schon lange. Wenn die ihre Schüler nicht gut motivieren, sind die ruckzuck weg und an einer anderen Schule.

Eine weitere Illusion ist der Glaube an die Herrlichkeit des Privatschulwesens, aber das Seitenthema will ich nicht auch noch behandeln.

Leider kann ich dir kein Patentrezept dafür nennen

Ehrlich gesagt nerven mich am meisten Deine "Patentrezepte"...

Birkenbihl

aua...

Viele Grüße
Mathias Bigge