Igor Stravinsky - La Sacre du printemps
ausnahme: musik
- sonstiges
hi,
nachdem ich schon in vielen andere Foren diese Bitte reingeschrieben habe, versuche ich es ejtz noch hier, weil ich hier immer schnell eine antwort bekommen habe und weil ich gesehen habe, dass hier nich nur Computer-Fragen geklärt wird...
sry ist ein standart-schreiben:
hi
in der schule muss iche in referat über dieses Expressionismusstück halten. dabei soll ich vor allem auf die "Analyse" des Stückes achten, also
leider bin ich in musik nicht so gut, und bin somit fast am verzweifeln...
meine erste ideen:
Instrumente:
Streicher: (wird als Schlagwerk eingesetzt und viele Schlaginstrumente
Bläser: (schrille, scharfe Klänge)
Tempo:
immer extrem: entweder sehr langsam oder sehr schnell
Motiv: dunkel
Dynamik: laut und hart
mehr fält mir nicht ein, kann mri evtl. jemand weiterhelfen?
lg und vielen dank
der Bittende
Hallo!
Das Forum hier ist SelfHTML, nicht die Hausaufgabenhilfe. Deine Anfrage läßt darauf schließen, dass Du zumindest schon mal in der Wikipedia recherchiert hast. Schade, dass Du nicht mal zur englischen Version gesprungen bist, denn dort hättest Du zumindest schon mal Informationen zur Instrumentierung gefunden.
Gruß, LX
Liebes Schülerchen (sorry, weiß Dein Geschlecht nicht),
wenn Du wirklich etwas zu "Le Sacre du Printemps" suchst (ja, es heißt "le" und nicht "la"), dann kann ich Dir weiterhelfen. Dieses Teil ist unter anderem im diesjährigen Musik-Abitur ein Thema im Themengebiet "Wege zur neuen Musik".
sry ist ein standart-schreiben:
"standart"? Was ist das? Willst Du standard-Dummheit, oder willst Du wirklich etwas lernen? Willst Du nur "irgendwie" das Referat halten, damit es als lästige Pflicht abgegolten ist, oder willst Du Dich mit dem Werk befassen und es Dir wirklich erarbeiten?
in der schule muss iche in referat über dieses Expressionismusstück halten.
Warum "muss"? Was ist Dein Ziel?
dabei soll ich vor allem auf die "Analyse" des Stückes achten, also
- wie ist die Dynamik, Harmonie, etc. (all diese andere kategorien) ?
- welche instrumente spielen ?
etc.
Mir scheint, Du weißt nicht wirklich, was Du mit dem Stück willst, sonst hättest Du schon mehr Ideen, worum es bei diesem Stück geht.
Hast Du schon etwas über den Hintergrund der Handlung erfahren können?
leider bin ich in musik nicht so gut, und bin somit fast am verzweifeln...
Ich glaube, das Problem liegt hier gaaaanz woanders...
meine erste ideen:
Instrumente:
Streicher: (wird als Schlagwerk eingesetzt und viele Schlaginstrumente
Bläser: (schrille, scharfe Klänge)
Das ist sehr undifferenziertes Gewäsch. Damit gewinnst Du keinen Blumentopf!
Tempo:
immer extrem: entweder sehr langsam oder sehr schnell
Pauschale Aussagen über solche Details sind immer falsch. Und mit "sehr langsam" und "sehr schnell" liegst Du voll daneben, besonders wenn Du diese beiden Erkenntnisse nur mit dem Wörtchen "oder" verbindest. Auf diese Art und Weise sagst Du nämlich exakt garnichts.
Motiv: dunkel
Was soll das bedeuten? Du hast ganz offensichtlich nichteinmal das Mindeste über das Sacre in Erfahrung gebracht. Worum geht es denn bei dem Stück überhaupt? Finde das heraus, und du wirst sinnvolle Aussagen machen können. So wird das zunächst mal nichts.
Dynamik: laut und hart
Das ist so absolut formuliert kompletter Quatsch. Das Sacre ist kein Dancefloor-Teil!
mehr fält mir nicht ein, kann mri evtl. jemand weiterhelfen?
Dir soll auch nix einfallen, denn Du sollst etwas in Erfahrung bringen! Also ziehe los und informiere Dich!
So, und damit Du reichlich Lesetoff hast, verlinke ich eine PDF-Datei für Dich, die ich als Handreichungen für meinen Musikunterricht in Klasse 12 und 13 im Neigungsfach Musik (ehemals "Leistungskurs") verwende:
Aufbruch in die Moderne - reduzierte Fassung
Und wenn Du noch weitere Links brauchst, dann findest Du auf der Seite, von der dieser Link stammt, noch mehr: http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/musik/sekundarstufe2/
Liebe Grüße,
Felix Riesterer.
Hallo Felix,
in der schule muss iche in referat über dieses Expressionismusstück halten.
Warum "muss"? Was ist Dein Ziel?
was ist das für eine Frage? In meiner Schulzeit (Abi 1988) war es üblich, dass der Lehrer ein Thema für Referate oder ähnliche, für die Schüler lästige Aufgaben vorgegeben hat. Unter dem Aspekt ist "ich muss ..." für mich absolut nachvollziehbar.
Das Ziel des Schülers wäre dann, ein paar Fakten und Meinungen zusammenzutragen und so aufzubereiten und vorzutragen, "dass der Lehrer das gut findet".
Motiv: dunkel
Was soll das bedeuten? Du hast ganz offensichtlich nichteinmal das Mindeste über das Sacre in Erfahrung gebracht. Worum geht es denn bei dem Stück überhaupt? Finde das heraus, und du wirst sinnvolle Aussagen machen können. So wird das zunächst mal nichts.
Ich kenne das Musikstück nicht, um das es hier geht. Aber ist es nicht auch erwünscht, dass der Schüler sich Gedanken macht, wie ein Stück (Musik, Literatur, Gedicht) auf ihn/sie wirkt? Der persönliche Eindruck? Dann würde ich die Charaktereigenschaft "dunkel" oder "düster" durchaus für einen interessanten Ausgangspunkt halten, den man weiter ausarbeiten kann (wie gesagt, rein hypothetisch, ohne das fragliche Musikstück selbst zu kennen).
Dynamik: laut und hart
Das ist so absolut formuliert kompletter Quatsch.
Auch das mag persönlicher ein Eindruck sein. Warum also "kompletter Quatsch"?
Dir soll auch nix einfallen, denn Du sollst etwas in Erfahrung bringen! Also ziehe los und informiere Dich!
In meiner Schulzeit war es verpönt und nicht gern gesehen, wenn wir Schüler uns aus anderen Quellen mit Wissen und vor allem vorgefertigten Meinungen versorgt haben. Wir sollten uns unsere eigenen Gedanken machen. Ist das heute anders?
So long,
Martin
Lieber Martin,
ich fürchte, Du hast meine Reaktionen zum Teil missverstanden. Als Musikpädagoge bin ich an einer differenzierten Auseinandersetzung mit Musik im allgemeinen und mit einer etwas intensiveren Beschäftigung mit einem Werk im spezielleren interessiert. Pauschale Aussagen, die sich irgendwie auf alle Stücke (oder eben keines) anwenden lassen, sind mir ein Graus. Das klingt dann so wie "Durchschnittstemperatur in Japan: 13 Grad Celsius". Das ist Quatsch, da es in den verschiedenen Jahreszeiten selbstverständlich starke Abweichungen davon gibt, und weil Japans Fläche sich über verschiedene Klimazonen erstreckt, Teile in gemäßigten Zonen, und Teile in subtropischen (bin aber kein Geograph, kann mich in diesen Details also irren). Vor diesem Hintergrund "weiß" ein Schüler über Japan so ziemlich garnichts, wenn er diese Aussage nach seinen Nachforschungen trifft, nur weil er sie irgendwo gefunden hat.
Klar, was ich meine?
Warum "muss"? Was ist Dein Ziel?
was ist das für eine Frage? In meiner Schulzeit (Abi 1988) war es üblich, dass der Lehrer ein Thema für Referate oder ähnliche, für die Schüler lästige Aufgaben vorgegeben hat. Unter dem Aspekt ist "ich muss ..." für mich absolut nachvollziehbar.
Mich hätten die näheren Umstände interessiert. In BW müssen Schüler einmal im Jahr eine sogenannte GFS ableisten. Diese kann auch in Referatform gehalten werden. Andere Referate könnten auch als Strafarbeit verabreicht werden... Und hier wollte ich näheres zum Grund hinter dem Referat wissen.
Das Ziel des Schülers wäre dann, ein paar Fakten und Meinungen zusammenzutragen und so aufzubereiten und vorzutragen, "dass der Lehrer das gut findet".
*Seufz* Nein, der Schüler sollte dabei etwas lernen. Viele Abiturienten wissen ja bis nach dem Abi noch nicht, wie man ein Referat sinnvoll aufbaut, geschweige denn, wie man das Thema inhaltlich auf die kurze Zeit des Referats herunterbricht, welche Details man auswählt, und welche man dem Publikum besser vorenthält. Wenn ich mir den OP durchlese, dann kann ich mir nicht sicher sein, ob der OP was vom Referatehalten bisher kapiert und gelernt hat. Schon allein die Art und Weise wie er nachfragt, lässt mich da erheblich zweifeln.
Motiv: dunkel
Ich kenne das Musikstück nicht, um das es hier geht. Aber ist es nicht auch erwünscht, dass der Schüler sich Gedanken macht, wie ein Stück (Musik, Literatur, Gedicht) auf ihn/sie wirkt?
Ich gehe jetzt von meiner Meinung als Musikpädagoge am Gymnasium aus. An anderen Schularten und vor allem bei anderen Musikpädagog(inn)en mag das anders sein.
Der persönliche Eindruck kann bei mir nur als entweder Fazit oder Einleitung von Interesse sein, denn das Musikstück wirkt nicht auf jeden Hörer gleichermaßen. Von daher ist es für mich höchst problematisch mit Wertungen zu kommen, wenn man ein Musikstück einer Zuhörerschaft in einem Referat näher bringen will. Es ist eher sinnvoll, ein Feedback der Zuhörerschaft einzuholen, nachdem man ein Hörbeispiel gebracht hat, als ihnen eine eigene Meinung/Ansicht vorzugeben, die sie dann (womöglich noch ohne das Teil gehört zu haben) brav aufnehmen, um sie dann bitteschön glauben zu müssen (denn der Vortragende hat ja wohl Recht).
Der persönliche Eindruck? Dann würde ich die Charaktereigenschaft "dunkel" oder "düster" durchaus für einen interessanten Ausgangspunkt halten, den man weiter ausarbeiten kann
Und was soll dann der Fachausdruck "Motiv"? Ein Motiv in der Musik ist etwas anderes als ein Motiv in der Kriminalistik. In der Musik verstehen wir unter einem Motiv eine kleinste Einheit eines Musikalischen Gedankens (also ein paar wenige Töne in markanten Tonabständen und in einer markanten Rhythmik - um es ganz kurz zu sagen). Wie kann das Motiv "düster" sein, wenn das Sacre doch etwa eine dreiviertel Stunde dauert und dabei nur so von Motiven wimmelt? "Das" Motiv gibt es dort nicht, sondern sehr viele. Selbst das Anfangsmotiv im Fagott kann nicht stellvertretend für alle restlichen Motive des Stücks herangezogen werden!
(wie gesagt, rein hypothetisch, ohne das fragliche Musikstück selbst zu kennen).
Ja - schon klar. Deshalb sind Deine Einwände hier nicht von der gewohnten Qualität, da Du Dich fachlich hier anscheinend etwas schwerer tust, als in den üblichen Themengebieten. Aber das mache ich Dir jetzt auch überhaupt nicht zum Vorwurf.
Dynamik: laut und hart
Das ist so absolut formuliert kompletter Quatsch.Auch das mag persönlicher ein Eindruck sein. Warum also "kompletter Quatsch"?
Siehe das Beispiel zu Japans Durchschnittstemperatur. Le Sacre du Printemps geht ca. 45 Minuten. Dass die Dynamik auf der gesamten Strecke immer "laut und hart" sein soll ist eine Aussage derselben Qualität. Vollkommener Quatsch.
In meiner Schulzeit war es verpönt und nicht gern gesehen, wenn wir Schüler uns aus anderen Quellen mit Wissen und vor allem vorgefertigten Meinungen versorgt haben. Wir sollten uns unsere eigenen Gedanken machen. Ist das heute anders?
Wie kannst Du Dir völlig ohne Hintergrundinformationen überhaupt sinnvolle eigene Gedanken machen, wenn Du wesentliche Aspekte des Werkes nicht kennst? Gerade beim Sacre, das ein Ballett ist(!) existiert ja auch eine Handlung dazu (das ist bei Balletten so), die man sich nicht durch eigene-Gedanken-machen erschließen kann. Ebenso sollte man etwas zu der Zeit in Erfahrung bringen, in der das Stück entstanden ist, denn auch hier gibt es Aspekte, die man mit berücksichtigen muss, wenn man sich dann am Schluss der Nachforschungen seine eigenen Gedanken machen will.
Andere Quellen zu nutzen ist eine sehr sinnvolle Arbeitsweise, wenn man sich unbekannte Themengebiete erschließen will. Das mit den eigenen Gedanken ist ja schön und gut, jedoch kann man das erst dann auf eine sinnvolle Art und Weise tun, wenn man bereits genügend Einblick in das Themengebiet gewonnen hat - selbstverständlich _zuerst_ unter Zuhilfenahme anderer Quellen.
Und was unter Schülern verpönt ist, das interessiert mich doch nicht, der ich etwas wissen will, und es mir eben anlese. Was unter Lehrern verpönt ist, das ist tatsächlich das undifferenzierte Nachplappern von Meinungen anderer - wie eben obige Generalaussagen wie "Dynamik laut und hart". Hier zeigt sich nämlich, dass ein Schüler eben nix kapiert hat und sich es auch nicht wert war, in die Materie "einzuarbeiten", sprich: sich anhand weiterer Quellen zu belesen.
Speziell beim Sacre ist es unerlässlich, dass man sich ersteinmal bewusst macht, was hinter diesem Werk an Inhalten steckt, um sich dann mit dem Aspekt "neue Musik" zu beschäftigen. Sicherlich ist die Publikumsreaktion bei der Uraufführung lesenswert, denn Musik wird nicht nur gemacht, sondern auch von anderen gehört. Wenn das Sacre heute als Meilenstein in der Musikgeschichte gilt, dann darf man mal ganz naiv fragen, warum dem so ist. Und dass es das bei der Uraufführung noch nicht war, ist auch eine Nachfrage wert. Und wenn man das alles hat, dann darf man in den Noten nach Stellen suchen, die zu diesen Reaktionen geführt haben. Aber speziell diese letzte Aufgabe ist eine große Herausforderung an Schüler, die musikalisch wenige bis keine Neigungen haben und sich mit einer Partitur extrem schwer tun.
Dem OP kann ich nur empfehlen, sich meinen ersten Link auszudrucken (nur die relevanten Seiten!), um eben gerade nicht über die Partitur, sondern über "das Drumherum" sich in das Thema einzulesen. Später kann er wesentlich treffendere Aussagen zu der Idee des Stücks machen, unterstützt von Zitaten Stravinskys, der in der verlinkten Quelle selbst über seinen Schaffensprozess schreibt. Ob dann eine differenzierte Notenanalyse überhhaupt noch sinnvoll/wünschenswert/notwendig ist, das hängt dann vom Umfang (also Dauer) und von der Zielsetzung ("Leitfrage") des Referats ab.
Hoffentlich konnte ich Dir meine (gymnasiale) Erwartungshaltung an ein Schülerreferat einigermaßen in ihren Grundzügen erläutern. Selbstverständlich mache ich in den verschiedenen Klassenstufen Abstriche, was die Tiefe und Gründlichkeit angeht (Siebtklässler können nicht dasselbe leisten wie Elftklässler oder gar Abiturienten), jedoch muss ich im Kern auf der Arbeitsweise bestehen, damit die am Gymnasium angestrebte universitäre Arbeitsweise antrainiert und vermittelt werden kann. Inwieweit das jetzt für den OP nützlich ist, muss er selbst für sich entscheiden. Wertvolle Materialien hat er ja jetzt.
Liebe Grüße,
Felix Riesterer.
Moin Felix,
Dem OP kann ich nur empfehlen, sich meinen ersten Link auszudrucken (nur die relevanten Seiten!)
soll der Link mehrfach kopiert werden, dass es mehrere Seiten werden? Ist das dann die Wiederholung aus musikpädagogischer Sicht? Und welchen Sinn soll es haben, diesen Link auszudrucken?
Viele Grüße
Jörg
Lieber Jörg,
Dem OP kann ich nur empfehlen, sich meinen ersten Link auszudrucken (nur die relevanten Seiten!)
soll der Link mehrfach kopiert werden, dass es mehrere Seiten werden? Ist das dann die Wiederholung aus musikpädagogischer Sicht? Und welchen Sinn soll es haben, diesen Link auszudrucken?
Du hast Dir offenbar die verlinkte PDF-Datei nicht angesehen (wozu auch?)... In dieser Datei sind wertvolle Hintergrundinformationen zusammengetragen worden, um Abiturienten und Musiklehrkräften zu helfen, das Schwerpunktthema "Wege zur neuen Musik" zu erarbeiten. Daher ist diese Quelle wertvoll, wenn man z.B. Infos zu "Le Sacre du Printemps" sucht. Was man mit dem Link macht, ist mir herzlich egal. Die PDF-Datei wird vom Kultusministerium auf den Seiten von schule-bw.de öffentlich bereitgestellt. Damit ist ihre Nutzung gerade im Umfeld Schule explizit beabsichtigt.
Vielleicht war meine Formulierung in höchstem Maße unangebracht. Ja, das mag durchaus sein. Ich meinte natürlich, die verlinkte PDF-Datei möge sich er OP ausdrucken.
Liebe Grüße,
Felix Riesterer.
Hallo Felix,
Du hast Dir offenbar die verlinkte PDF-Datei nicht angesehen (wozu auch?)...
mal reingesehen habe ich, mich aber mangels Nutzen nicht weiter beschäftigt.
Vielleicht war meine Formulierung in höchstem Maße unangebracht. Ja, das mag durchaus sein. Ich meinte natürlich, die verlinkte PDF-Datei möge sich er OP ausdrucken.
Naja, ich kenne das von früher, als ich noch unterrichtete, dass man die Begriffe schon so gebrauchen sollte, wofür sie gedacht sind. Normalerweise lege ich in Foren nicht solch großen Wert darauf - aber wenn jemand mehrfach betont, dass er wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden muss, weil er Abiturienten vor sich hat, kann man das doch erwarten. Oder?
Viele Grüße
Jörg
Hallo Felix,
danke für deine laaange Stellungnahme.
ich fürchte, Du hast meine Reaktionen zum Teil missverstanden.
Ja, das merke ich nun auch. Du die meinen allerdings auch. ;-)
Pauschale Aussagen, die sich irgendwie auf alle Stücke (oder eben keines) anwenden lassen, sind mir ein Graus. [...]
Klar, was ich meine?
Ja, jetzt schon. Ich hielt das für eines dieser Drei-Minuten-Stücke mit einem halbwegs einheitlichen Gesamtbild wie etwa (nur um ein beliebiges Beispiel zu nennen, das mir spontan einfällt) den Gefangenenchor aus Nabucco. Wenn das Sacre so lang und so vielfältig oder kontrastreich ist, wie du sagst, dann ist eine Gesamtaussage in ein oder zwei Worten natürlich unzureichend.
Mich hätten die näheren Umstände interessiert. In BW müssen Schüler einmal im Jahr eine sogenannte GFS ableisten. Diese kann auch in Referatform gehalten werden. Andere Referate könnten auch als Strafarbeit verabreicht werden...
Okay, oder sie werden als normaler Bestandteil des Unterrichts vom Lehrer ab und zu eingefordert. In jedem Fall ist es aber für den typischen Schüler eine lästige Pflichtübung, die er nur widerwillig ableistet. Daher "muss".
Das Ziel des Schülers wäre dann, ein paar Fakten und Meinungen zusammenzutragen und so aufzubereiten und vorzutragen, "dass der Lehrer das gut findet".
*Seufz* Nein, der Schüler sollte dabei etwas lernen.
Ja, das ist das Ziel des Lehrers. Aber nicht das ehrliche Ziel des Schülers. Der möchte sich doch nur mit möglichst wenig Aufwand und trotzdem mit einem halbwegs brauchbaren Ergebnis (Note) durchmogeln, und er ist froh, wenn's endlich vorbei ist.
Völlig klar, dass diese Haltung kurzsichtig ist; völlig klar, dass es davon abweichend auch immer Schüler gibt, die den Unterrricht und die gestellten Aufgaben mit Engagement und Begeisterung mitmachen. Der Regelfall ist das aber wohl eher nicht.
Viele Abiturienten wissen ja bis nach dem Abi noch nicht, wie man ein Referat sinnvoll aufbaut, geschweige denn, wie man das Thema inhaltlich auf die kurze Zeit des Referats herunterbricht, welche Details man auswählt, und welche man dem Publikum besser vorenthält.
Das ist ein Grundproblem, sicher kein fachspezifisches. Ein Thema für Publikum aufzubereiten und vorzutragen habe ich auch erst während des Studiums ansatzweise gelernt, und erst im Beruf so, dass man das Ergebnsi als "brauchbar" bezeichnen mag. In der Schule war es für mich auch ein Graus, vorne zu stehen und der Klasse irgendwas vorzutragen; entsprechend unbeholfen und unausgereift war's dann auch. Aber ich glaube, das ist üblich so.
Wenn ich mir den OP durchlese, dann kann ich mir nicht sicher sein, ob der OP was vom Referatehalten bisher kapiert und gelernt hat.
Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, könnte es auch daran liegen, dass man die Kunst des Referatehaltens nie wirklich gelernt bzw. gelehrt hat. Das ist bei uns damals auch sehr stiefmütterlich gelehrt worden, wenn überhaupt. Die Anleitungen in die Richtung beschränkten sich eigentlich auf die Frage des Ablesens vom Blatt vs. freies Vortragen. Und ohne eine etwas spezifischere Anleitung kann man auch nicht vom Schüler erwarten, dass etwas Sinnvolles dabei herauskommt.
Der persönliche Eindruck kann bei mir nur als entweder Fazit oder Einleitung von Interesse sein, denn das Musikstück wirkt nicht auf jeden Hörer gleichermaßen.
Eben deshalb wäre es für mich der Kernpunkt. Ich ziehe mal Parallelen zum Deutschunterricht, weil ich glaube, dass eine Gedichtsinterpretation sehr große Ähnlichkeit mit der Interpretation eines Musikstücks hat.
Man kann ein Gedicht zunächst nach formalen Aspekten analysieren, etwa Stropheneinteilung, Versmaß, Reimform; bei einem Musikstück kämen noch die Melodieführung und die Instrumentierung dazu. Und dann kommt man aber an die Aussage, die das Stück rüberbringen "will". Da treffen wir dann auf die etwas abgenutzte Phrase: "Was mag sich der Künstler dabei gedacht haben?"
Genau hier fängt aber die eigentliche Interpretation für mich an - und sie ist in hohem Maße subjektiv, weil Musik (noch mehr als Literatur) von jedem individuell anders aufgenommen wird. Man merkt es ja auch bei zeitgenössischer Musik: Was für den einen eine Rock-Ballade ist, empfindet der andere als aggressives Geschrei.
Und was soll dann der Fachausdruck "Motiv"?
Fachausdruck? Oh, das war mir nicht bewusst. Unter "Motiv" hätte ich jetzt - analog zur Malerei - das Gesamtbild, die Wirkung auf den Betrachter/Zuhörer in ihrer Gesamtheit verstanden.
In der Musik verstehen wir unter einem Motiv eine kleinste Einheit eines Musikalischen Gedankens (also ein paar wenige Töne in markanten Tonabständen und in einer markanten Rhythmik - um es ganz kurz zu sagen).
Ist es das, was mein Musiklehrer als "Thema" bezeichnet hätte?
Ja - schon klar. Deshalb sind Deine Einwände hier nicht von der gewohnten Qualität, ...
Gut dass niemand sieht, wie ich jetzt rot werde. ;-)
In meiner Schulzeit war es verpönt und nicht gern gesehen, wenn wir Schüler uns aus anderen Quellen mit Wissen und vor allem vorgefertigten Meinungen versorgt haben. Wir sollten uns unsere eigenen Gedanken machen. Ist das heute anders?
Wie kannst Du Dir völlig ohne Hintergrundinformationen überhaupt sinnvolle eigene Gedanken machen, wenn Du wesentliche Aspekte des Werkes nicht kennst?
Man vertrat damals offensichtlich den Standpunkt, dass ein künstlerisches Werk auch dann eine gewisse Aussage vermitteln müsse, wenn man die Hintergründe nicht kennt. Ein Standpunkt, den ich eigentlich sehr vernünftig finde. Ein Autor oder Komponist, der eine Botschaft vermitteln möchte, hat sein Ziel verfehlt, wenn ich erst den Lebenslauf des Künstlers kennen muss, um diese Botschaft zu verstehen.
Typischerweise lief das bei uns so (ich ziehe jetzt wieder die Parallele zum Deutschunterricht), dass wir eine Kurzgeschichte, ein Gedicht, eine markante Aussage eines uns unbekannten Autors bekamen und z.B. als Klassenarbeit dieses Stück Text auseinandernehmen und interpretieren mussten. Seltener auch als Hausaufgabe. Wir hatten also gar nicht die *Möglichkeit*, uns aus anderen Quellen Informationen zu beschaffen, bzw. sollten dies bei einer Hausaufgabe möglichst auch bleiben lassen.
Das Problem an dieser Herangehensweise ist aber, dass der Schüler auf Gedeih und Verderb davon abhängig ist, ob der Lehrer die gleiche oder eine ähnliche Meinung vertritt: Im Deutschunterricht fiel z.B. meine Durchschnittsnote beim Übergang von Klasse 8 nach Klasse 9 von einer Zwei auf eine Vier ab - nur weil der Lehrer gewechselt hat, und dem neuen Deutschlehrer meine Darstellungen nicht gefielen, dem Vorgänger dagegen schon.
Gerade beim Sacre, das ein Ballett ist(!) existiert ja auch eine Handlung dazu (das ist bei Balletten so)
Ich weiß. Bei manchen anderen Musikstücken auch. Allerdings muss ich aus Erfahrung sagen, dass die Kenntnis der Hintergründe auch den Genuss des Werkes an sich schmälern kann. Beispielsweise mag ich die Peer-Gynt-Suiten von Edvard Grieg sehr gern; aber seit mir mal jemand in Kurzform erklärt hat, worum es bei dem zugrundeliegenden Drama von Ibsen eigentlich geht, hat die Begeisterung etwas gelitten. Okay, ich kann jetzt zwar die Musik und ihren Charakter ganz gut der handlung zuordnen und muss dem alten Grieg meinen Respekt zollen, wie gut er es verstanden hat, eine Geschichte in Musik umzusetzen. Nur der "Genussfaktor" dieses Werkes ist für mich leider beschädigt.
Was ich damit sagen will: Ich bin der Meinung, dass es viel wichtiger und richtiger ist, wenn man sich bei einem künstlerischen Werk hauptsächlich davon leiten lässt, "wie empfinde ich das Werk?", "wie wirkt das Stück auf mich selbst?".
Andere Quellen zu nutzen ist eine sehr sinnvolle Arbeitsweise, wenn man sich unbekannte Themengebiete erschließen will.
Natürlich. Im wissenschaftlichen Bereich schließe ich mich dir in diesem Punkt vorbehaltlos an. Im musischen Bereich ist das aber IMHO ein Killer.
Das mit den eigenen Gedanken ist ja schön und gut, jedoch kann man das erst dann auf eine sinnvolle Art und Weise tun, wenn man bereits genügend Einblick in das Themengebiet gewonnen hat - selbstverständlich _zuerst_ unter Zuhilfenahme anderer Quellen.
Nein, eben nicht - Musik, Poesie, Gemälde, Kunst überhaupt, sollte intuitiv wirken. Ähnlich wie bei einem Witz ist der Versuch einer Erklärung für mich Verrat am Werk und/oder am Künstler. Wenn ein Musikhörer von sich aus zu fragen und zu recherchieren anfängt, ist das in Ordnung - aber bitte nicht von außen initiiert.
Und was unter Schülern verpönt ist, ...
Das hast du missverstanden: Nicht unter Schülern, sondern unter Lehrern war es verpönt und nicht gern gesehen, wenn wir andere Quellen angezapft haben. Wobei damals "andere Quellen" hauptsächlich Sachliteratur war; vom Internet hat noch niemand gesprochen.
Dem OP kann ich nur empfehlen, sich meinen ersten Link auszudrucken
Nein, besser noch die verlinkte Seite, nicht den Link.
Hoffentlich konnte ich Dir meine (gymnasiale) Erwartungshaltung an ein Schülerreferat einigermaßen in ihren Grundzügen erläutern.
Ja, durchaus. Und sie weicht von der Erwartungshaltung meiner Lehrer vor gut zwanzig Jahren deutlich ab. Mit der grundsätzlichen pädagogischen Methode, musische Werke zu vermitteln, bin ich ausdrücklich nicht einverstanden. Aber das ist jetzt kein Argument gegen dich, das ist ein allgemeiner Punkt.
Schönen Sonntag noch,
Martin
Lieber Martin,
danke für deine laaange Stellungnahme.
*g* ich fühlte mich wohl herausgefordert... ;-)
Okay, oder sie werden als normaler Bestandteil des Unterrichts vom Lehrer ab und zu eingefordert. In jedem Fall ist es aber für den typischen Schüler eine lästige Pflichtübung, die er nur widerwillig ableistet. Daher "muss".
Das ist mir auch klar. Aber ich muss deswegen die Schülerseitige Auffassung und Haltung nicht teilen, oder? Auch wenn ich kein Lehrer wäre, so ist doch die Haltung eines Erwachsenen hoffentlich vernunftspegrägter, sodass dieses "ich suche mal eben schnell was mögichst brauchbares zusammen und fertig" nicht nur von mir im Grunde abgelehnt werden sollte.
Der Regelfall ist das aber wohl eher nicht.
Als Lehrer muss ich diesen Regelfall erdulden und gleichzeitig immer die Hoffnung auf den Idealfall hochhalten. Dafür werde ich nicht nur bezahlt, sondern diese Haltung ermöglicht es mir überhaupt erst, meine Arbeit auf sinnvolle Art zu erledigen.
Viele Abiturienten wissen ja bis nach dem Abi noch nicht, wie man ein Referat sinnvoll aufbaut, geschweige denn, wie man das Thema inhaltlich auf die kurze Zeit des Referats herunterbricht, welche Details man auswählt, und welche man dem Publikum besser vorenthält.
Das ist ein Grundproblem, sicher kein fachspezifisches.
Leider ist dem tatsächlich so. Daher habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, solche "Referate" (ich sprach ja von GFS im allgemeineren) zum Anlass zu nehmen, den betroffenen Schülern auch bei der Strukturierung und inhaltlichen Gliederung zu helfen, damit sie eben diese Aufbereitung zumindest beispielhaft einmal durchexerziert haben. Ob sie dann dabei etwas gelernt haben, muss ich wieder ihnen selbst überlassen. Auch zwinge ich meine Hilfe nicht auf. Wenn ein Schülerchen meint, mich in der Vorbereitung nicht zu benötigen, sondern alles am Vorabend mit Hilfe der Wikipedia und Fan-Seiten zu seiner Lieblingsgruppe alleine bewältigen zu können, dann bitteschön. Solche Referate hatten bei mir selten ein Ergebnis besser als vier.
Ein Thema für Publikum aufzubereiten und vorzutragen habe ich auch erst während des Studiums ansatzweise gelernt, und erst im Beruf so, dass man das Ergebnsi als "brauchbar" bezeichnen mag. In der Schule war es für mich auch ein Graus, vorne zu stehen und der Klasse irgendwas vorzutragen; entsprechend unbeholfen und unausgereift war's dann auch. Aber ich glaube, das ist üblich so.
Üblich = gut? Ich wehre mich dagegen, dass nur weil es so üblich ist, man dieses deshalb auch gutheißen soll.
Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, könnte es auch daran liegen, dass man die Kunst des Referatehaltens nie wirklich gelernt bzw. gelehrt hat. Das ist bei uns damals auch sehr stiefmütterlich gelehrt worden, wenn überhaupt. Die Anleitungen in die Richtung beschränkten sich eigentlich auf die Frage des Ablesens vom Blatt vs. freies Vortragen. Und ohne eine etwas spezifischere Anleitung kann man auch nicht vom Schüler erwarten, dass etwas Sinnvolles dabei herauskommt.
Ja. Ich war auch einmal Schüler. Viele meiner damaligen Lehrer(innen) konnten sich in der Kritik an Referaten oft auch nur an Körperhaltung, freier Rede vs. Ablesen und - vor allem - dem lokalen Idiom (sprich: Dialekt) "aufgeilen". Wirklich inhaltliche Aufbereitung, welche inhaltlichen Schritte wann und in welcher Reihenfolge unternommen wurden, das viel unter den Tisch. Meine heutige Sicht ist der Verdacht, dass diese Damen und Herren das vielleicht selbst einigermaßen für sich selbst konnten, aber in der Vermittlung dieser Techniken weder eine Notwendigkeit, noch ihre eigene Fähigkeit sahen. Das können wir uns aber heute am Gymnasium in BW (eigentlich) nicht mehr leisten, denn unsere Abiturienten müssen eine sogenannte Präsentationsprüfung halten. Und da müssen sie's können - egal wann oder woher gelernt.
Der persönliche Eindruck kann bei mir nur als entweder Fazit oder Einleitung von Interesse sein, denn das Musikstück wirkt nicht auf jeden Hörer gleichermaßen.
Eben deshalb wäre es für mich der Kernpunkt.
Ja, so denkt der Laie. Im Falle von Musik muss ich Dir da widersprechen. Ich werde das nachher etwas ausweiten.
Man kann ein Gedicht zunächst nach formalen Aspekten analysieren, etwa Stropheneinteilung, Versmaß, Reimform; bei einem Musikstück kämen noch die Melodieführung und die Instrumentierung dazu. Und dann kommt man aber an die Aussage, die das Stück rüberbringen "will". Da treffen wir dann auf die etwas abgenutzte Phrase: "Was mag sich der Künstler dabei gedacht haben?"
Genau hier fängt aber die eigentliche Interpretation für mich an - und sie ist in hohem Maße subjektiv, weil Musik (noch mehr als Literatur) von jedem individuell anders aufgenommen wird. Man merkt es ja auch bei zeitgenössischer Musik: Was für den einen eine Rock-Ballade ist, empfindet der andere als aggressives Geschrei.
Das Spiel mit den Formen ist Dir bekannt? Dass man ein Werk nach gewissen (zeitgenössischen) Regeln entwirft, um an gewissen Stellen bewusst diese Regeln zu verletzen spielt in dieser rein subjektiven Wahrnehmung allerdings keine Rolle. Mir persönlich als Künstler (meine Ausbildung hat mich wohl zu sowas gemacht *g*) würde dann aber ein Detail fehlen, das ich sehr wohll genießen kann.
Wenn man z.B. weiß, dass zu Bachs Zeiten die Kirchenorgeln noch oft mitteltönig gestimmt waren (für den Laien: es klangen nicht alle Tonarten darauf "sauber", sondern teils schmerzhaft verstimmt), dann ist es sehr wertvoll, in den Passionen zu hören, wenn er solche aus der Stimmung der Instrumente stammenden Missklänge bewusst an den passenden Stellen verwendet. Das Leiden Christi mit "Wolfsquinten" sozusagen auch auf formaler instrumententechnischer Ebene umzusetzen, ist schon etwas, das man heute mit wohltemperierten (sprich: modern gestimmten) Instrumenten so nicht mehr hören kann. Wer sich da nicht intensiver mit der Materie befasst, dem entgeht dieses zumindest für mich) spannende Detail!
Es kann bei einem Referat nicht nur um den persönlichen Eindruck eines Werkes für den Referierenden gehen! Das wäre Kindergarten. Es muss gerade in einem Referat _auch_ darum gehen, was dem naiv hörenden Zuhörer ohne Vorbildung entgehen muss. Sonst würde ja das Referat beliebig, so nach dem Motto "ich erzähle Euch von meinem ersten Mal". Zumindest am Gymnasium erheben wir da doch auch den Anspruch, dass da etwas mehr wissenschaftlich gearbeitet wird, und da brauchen wir Hintergrundwissen, da benötigen wir "mehr" als nur einen persönlichen Eindruck/Meinung/"mir gefällt's (net)".
Und wenn Dich Ibsens Drama daran hindert, Griegs Schauspielmusik uneingeschränkt zu genießen, dann tut mir das leid. Ich zumindest kann das ausblenden, wenn es denn Not tut. Nur kann ich das nicht, wenn so eine bescheuerte Biermarke einen Eisvogel ins Wasser tauchen lässt, und dabei Solvejgs Lied abspielt - ein Sterbelied! - um den Slogan "aus dem Herzen der Natur" damit zu untermalen. Was bitteschön hat ein Sterbelied mit "aus dem Herzen der Natur" und diesem Hopfentee zu tun?!
Und was soll dann der Fachausdruck "Motiv"?
Ist es das, was mein Musiklehrer als "Thema" bezeichnet hätte?
Es ist ein Baustein, aus dem ein Thema gearbeitet sein kann.
Motiv: da-da-da-daaaaaa
Thema: da-da-da-daaaaaa - da-da-da-daaaaaa (Anfang Beethovens 5. Sinfonie)
Man vertrat damals offensichtlich den Standpunkt, dass ein künstlerisches Werk auch dann eine gewisse Aussage vermitteln müsse, wenn man die Hintergründe nicht kennt. Ein Standpunkt, den ich eigentlich sehr vernünftig finde. Ein Autor oder Komponist, der eine Botschaft vermitteln möchte, hat sein Ziel verfehlt, wenn ich erst den Lebenslauf des Künstlers kennen muss, um diese Botschaft zu verstehen.
Jein. Für die rein private Rezeption an sich mag das ja genügen. Wenn man sich aber tiefer mit einem Werk auseinandersetzen will (was man sinnvollerweise für ein Referat tun sollte), dann ist die eigene Meinung nunmal nur ein kleiner Baustein in einem größeren Ganzen. Das Referat muss aber, um dem Stück gerecht zu werden, mehr Aspekte beleuchten, wenn es einem wissenschaftlichen Mindestanspruch (ich spreche wieder von der gymnasialen Warte aus) gereecht werden soll.
Kunstwerke sind im Grunde immer vielschichtig. Und diese Vielschichtigkeit erschließt sich nicht immer (wenn überhaupt) durch das reine selber-hören oder -lesen. Gerade oben angesprochenes Spiel mit den Formen, das bewusste Brechen mit Traditionen oder Regeln ist ja auch schon künstlerische Aussage. Diese in einem Referat nicht zu behandeln, ist aus meiner Sicht eine Vernachlässigung, die ich je nach Alter/Klassenstufe nicht tolerieren kann/will.
Teil 2 folgt - ich bin "wohl etwas geschwätzig"... ;-)
Ich bin "wohl etwas geschwätzig"... und das mit Recht!
Typischerweise lief das bei uns so (ich ziehe jetzt wieder die Parallele zum Deutschunterricht), dass wir eine Kurzgeschichte, ein Gedicht, eine markante Aussage eines uns unbekannten Autors bekamen und z.B. als Klassenarbeit dieses Stück Text auseinandernehmen und interpretieren mussten. Seltener auch als Hausaufgabe. Wir hatten also gar nicht die *Möglichkeit*, uns aus anderen Quellen Informationen zu beschaffen, bzw. sollten dies bei einer Hausaufgabe möglichst auch bleiben lassen.
Und dann haben diejeningen, die sich doch externer Quellen bedient hatten, bessere Noten geschrieben. Stimmt's? Diese Interpretationshilfen oder auch Lektürehilfen stellen dann doch noch andere Fragen, auf die man als Schüler von sich aus nie gekommen wäre. Und das nenne ich dann Beschiss. Ich bin deshalb sicherlich auch kein Deutschlehrer geworden.
Aber im Grunde wollen Deutschlehrer doch auch, dass sich jemand kritisch mit einem Text auseinandersetzt, um zu Ergebnissen zu kommen. Und wenn dann auf Teufel-komm-raus Ideen gesponnen werden (spinnen im Sinne von "der spinnt ja wohl"), dann kann ein Deutschlehrer irrwitzige oder irrige Meinungen nicht als gut bewerten, selbst wenn er sie durch ein "Verbot der eigenen Weiterbildung" geradezu provoziert hat. Von daher sollte ein vernünftiger Deutschlehrer einmal eine Interpretationshilfe mit zur Besprechung eines Textes im Unterricht behandeln, um den Schülern so zu vermitteln, wie mit diesen Dingern (auch kritisch!) umzugehen ist.
Jedoch trifft "den Deutschlehrer" hier dasselbe Problem, wie Du bereits vorher schon angesprochen hast: Den Schüler juckt es doch überhaupt nicht im Mindesten. Daher ist alles gut gemeinte und gewollte für die Katz'. Es wird halt weiter das übliche Minimax-Verfahren angewandt, in der x-ten Generation fröhlich der immernoch selbe Quatsch getrieben, denn Schüler wollen in der Pubertät offensichtlich nix lernen - sonst hätten wir diese Diskussion nicht!
Ich meine auch einmal gelesen zu haben, dass eine Studie ergab, Schüler in der 8. oder 9. Klasse am Gymnasium nicht wesentlich dazulernten. Aber das nur am Rande...
Das Problem an dieser Herangehensweise ist aber, dass der Schüler auf Gedeih und Verderb davon abhängig ist, ob der Lehrer die gleiche oder eine ähnliche Meinung vertritt:
Das Problem ist auch sehr alt. Ich finde es jedoch nur sehr bedingt auf den Musikunterricht übertragbar.
Was ich damit sagen will: Ich bin der Meinung, dass es viel wichtiger und richtiger ist, wenn man sich bei einem künstlerischen Werk hauptsächlich davon leiten lässt, "wie empfinde ich das Werk?", "wie wirkt das Stück auf mich selbst?".
Das ist nur die eine Seite der Medaille. Wirklich nur die eine, also 50% höchstens! Es gibt so viele andere Aspekte, die man auch berücksichtigen sollte, wenn man das Werk in seiner Ganzheit besprechen will. Denn das Werk wird nicht nur von mir als einzelnem wahrgenommen ("rezipiert"). Und was für mich gelten mag, muss nicht unbedingt für die Allgemeinheit repräsentativ sein. Man darf außerdem davon ausgehen, dass sich der Komponist/Dichter/Künstler durchaus bei vielen Details und Aspketen etwas gedacht hat. Das sollte (ich finde "muss") in ein Referat, wenn es "Hand und Fuß haben" soll. Wie Du dagegen für Dich privat ein Werk genißt oder verteufelst, ob mit oder ohne tiefere Kenntnisse aus möglicher Sekundärliteratur, bleibt Dir unbenommen.
Vergiss eines nicht: Musik wurde nicht immer zur Erbauung gemacht. Gerade "neue Musik" (ich sage jetzt mal pauschalisierend "um 1900") kehrt diesem Genussfaktor ganz bewusst den Rücken und will explizit nicht mehr gefallen. Warum dem so ist, kannst Du wohl kaum rein aus Dir selbst ergründen, oder?
Natürlich. Im wissenschaftlichen Bereich schließe ich mich dir in diesem Punkt vorbehaltlos an. Im musischen Bereich ist das aber IMHO ein Killer.
Nein, eine ebensolche Notwendigkeit. Um sich mit künstlerischen Werken ganzheitlich und vor allem wissenschaftlich auseinanderzusetzen, darfst Du nicht nur vom Rezipienten ausgehen. Das ist nicht nur einseitig, sondern einfach unvollständig!
Nein, eben nicht - Musik, Poesie, Gemälde, Kunst überhaupt, sollte intuitiv wirken. Ähnlich wie bei einem Witz ist der Versuch einer Erklärung für mich Verrat am Werk und/oder am Künstler. Wenn ein Musikhörer von sich aus zu fragen und zu recherchieren anfängt, ist das in Ordnung - aber bitte nicht von außen initiiert.
Ja und nein. Es gibt immer beides. Und wenn man den Witz ersteinmal gehört und darüber gelacht hat, dann kann es lohnend sein herauszufinden, warum man eben gelacht hat. Nicht alle Witze sind unbedingt lustig, auch wenn man im ersten Moment darüber lacht! Aber dieses Nachfragen ist eben akademischer Natur - eine Vorgehensweise, die am Gymnasium eben üblich ist (besser: sein sollte), wenn man sich mit Werken auseinandersetzt. Ob man dabei den Witz dan zerredet oder nicht, es zeigt, dass eben mehr "dran" ist, als nur (eine vielleicht zweifelhafte) Komik.
Das hast du missverstanden: Nicht unter Schülern, sondern unter Lehrern war es verpönt und nicht gern gesehen, wenn wir andere Quellen angezapft haben. Wobei damals "andere Quellen" hauptsächlich Sachliteratur war; vom Internet hat noch niemand gesprochen.
Ich stimme nicht allen meinen Kolleg(inn)en in ihren Vorgehensweisen und Absichten zu. Daher mache ich das in diesem Punkt anders.
Dem OP kann ich nur empfehlen, sich meinen ersten Link auszudrucken
Nein, besser noch die verlinkte Seite, nicht den Link.
Nein, ich meinte die verlinkte PDF-Datei (der erste Link, der zweite ist die Seite, auf der sie original verlinkt ist).
Hoffentlich konnte ich Dir meine (gymnasiale) Erwartungshaltung an ein Schülerreferat einigermaßen in ihren Grundzügen erläutern.
Ja, durchaus. Und sie weicht von der Erwartungshaltung meiner Lehrer vor gut zwanzig Jahren deutlich ab.
Na hoffentlich!
Mit der grundsätzlichen pädagogischen Methode, musische Werke zu vermitteln, bin ich ausdrücklich nicht einverstanden. Aber das ist jetzt kein Argument gegen dich, das ist ein allgemeiner Punkt.
Ich konnte Dir meine Gründe dazu hoffentlich begreiflich machen. Du musst mir nicht zustimmen, was Deine private Meinung zum Umgang mit musischen Werken angeht, aber was das wissenschaftliche Arbeiten damit angeht, welches wir im Hinblick auf eine wissenschaftliche Berufslaufbahn unserer Abiturienten vermitteln müssen, kann ich Deine Haltung nicht allgemein gültig stehen lassen.
Liebe Grüße,
Felix Riesterer.
Mahlzeit,
danke für deine laaange Stellungnahme.
*g* ich fühlte mich wohl herausgefordert... ;-)
es hätte mich auch enttäuscht, wenn nicht.
In jedem Fall ist es aber für den typischen Schüler eine lästige Pflichtübung, die er nur widerwillig ableistet. Daher "muss".
Das ist mir auch klar. Aber ich muss deswegen die Schülerseitige Auffassung und Haltung nicht teilen, oder?
Natürlich nicht, dann hättest du wohl den Beruf verfehlt. Aber du musst dir dieser schülertypischen Haltung bewusst sein, und ich wollte ja nur auf dieses aus Schülersicht lästige "Müssen" hinaus.
Ein Thema für Publikum aufzubereiten und vorzutragen habe ich auch erst während des Studiums ansatzweise gelernt, und erst im Beruf so, dass man das Ergebnsi als "brauchbar" bezeichnen mag. In der Schule war es für mich auch ein Graus, vorne zu stehen und der Klasse irgendwas vorzutragen; entsprechend unbeholfen und unausgereift war's dann auch. Aber ich glaube, das ist üblich so.
Üblich = gut?
Nein. Aber vor Publikum zu reden, ist ein Problem mit mindestens zwei Facetten.
Erstens muss man sich mit dem Thema befassen, über das man referiert, sich damit möglichst gut auskennen. Das kann man mit Fleiß, Recherchearbeit und Schweiß hinkriegen.
Zweitens muss man aber genug Selbstvertrauen haben und das "Lampenfieber" besiegen, das mehr oder weniger stark ausgeprägt wohl jeder hat. Das ist eine psychologische Komponente, die man nicht lernen, sondern höchstens trainieren und üben kann.
Wenn man aber im Thema an sich noch unsicher ist, sind die Hemmungen umso größer - und hier schließt sich der Teufelskreis für den Schüler. Denn es ist völlig normal, dass der Schüler im Stoff noch nicht sattelfest ist, noch Wissenslücken hat. Dessen sind sich die meisten bewusst, daher also wieder diese typische Unsicherheit.
Wenn ich später im Studium ein Referat halten sollte, dann war das zu einem Thema, das mich persönlich interessiert und reizt, und bei dem ich auch in gewissem Maß schon solide Grundkenntnisse hatte. Damit war die erwähnte Unsicherheit schon deutlich geringer, weil ich wusste, dass ich z.B. auch auf Zwischenfragen eingehen könnte. So wurde das Vortragen vor Publikum für mich mehr und mehr zur Normalität und hat allmählich seinen Schrecken verloren.
Jetzt im Beruf ist es soweit, dass ich sogar ab und zu betriebsinterne Schulungen abhalte, bei denen ich zwei Stunden oder einen halben Tag da stehe und Themen präsentiere, mit denen ich mich seit Jahren befasse. Das geht dann recht locker und ungezwungen.
Wenn jetzt aber jemand von mir verlangen würde, übermorgen einen Vortrag über, sagen wir, die Bedeutung der Fußball-Bundesliga für die deutsche Bevölkerung nach dem zweiten Weltkrieg zu halten, dann hätte ich wieder Schwierigkeiten, weil mir eine Menge Grundwissen fehlt (und das Thema mich auch nicht interessiert).
Ich wehre mich dagegen, dass nur weil es so üblich ist, man dieses deshalb auch gutheißen soll.
Oh, das habe ich auch nicht gemeint. Man muss es nur akzeptieren. Gutheißen ist etwas anderes.
[...] denn das Musikstück wirkt nicht auf jeden Hörer gleichermaßen.
Eben deshalb wäre es für mich der Kernpunkt.
Ja, so denkt der Laie. Im Falle von Musik muss ich Dir da widersprechen.
Ich lehne diesen Widerspruch schon mal präventiv ab. ;-)
Und zwar deshalb, weil für mich die Verbindung von Kunst und analytischer Untersuchung ein Widerspruch in sich ist.
Das Spiel mit den Formen ist Dir bekannt? Dass man ein Werk nach gewissen (zeitgenössischen) Regeln entwirft, um an gewissen Stellen bewusst diese Regeln zu verletzen spielt in dieser rein subjektiven Wahrnehmung allerdings keine Rolle.
Doch, sicher. Auch als Kunstkonsument wird man es wahrnehmen, wenn in Chorgesang plötzlich ein paar Riffs einer E-Gitarre als Akzent auftauchen, oder ein Aquarell einzelne Elemente geometrischer Liniengrafiken zeigt, oder in einem Historienfilm eine Armbanduhr zu sehen ist. Solche Widersprüche oder Stilbrüche, ob gewollt oder nicht, fallen auf.
Es kann bei einem Referat nicht nur um den persönlichen Eindruck eines Werkes für den Referierenden gehen!
Solange es um den musischen Bereich, um künstlerische Werke geht, doch! Wie gesagt, ich möchte da Kunst und Wissenschaft als Gegensätze voneinander trennen.
Nur kann ich das nicht, wenn so eine bescheuerte Biermarke einen Eisvogel ins Wasser tauchen lässt, und dabei Solvejgs Lied abspielt - ein Sterbelied! - um den Slogan "aus dem Herzen der Natur" damit zu untermalen.
Sorry, ich glaube, du verwechselst da was: Die Hintergrundmusik ist AFAIR nicht Solvejgs Lied, sondern Morgendämmerung. Abgesehen davon stimme ich dir zu - manchmal bin ich auch entsetzt, wenn wieder einmal ein wundervolles Musikstück für die Werbung vergewaltigt wird; das erste Mal ist mir das in den frühen 80er Jahren mit dem ABBA-Hit "Move On" aufgefallen, der für eine Haarspray-Werbung missbraucht wurde.
Was bitteschön hat ein Sterbelied mit "aus dem Herzen der Natur" und diesem Hopfentee zu tun?!
Nichts. Aber die Morgendämmerung könnte ich mit dem Herzen der Natur schon eher in Einklang bringen. Ich find's trotzdem eine Entweihung.
Jein. Für die rein private Rezeption an sich mag das ja genügen.
Ja, und mehr möchte ich in einem Kunstwerk (Musik, Gemälde, Gedicht, usw.) gar nicht sehen, denn dann ist der eigentliche Reiz des Werkes futsch.
Wir hatten also gar nicht die *Möglichkeit*, uns aus anderen Quellen Informationen zu beschaffen, bzw. sollten dies bei einer Hausaufgabe möglichst auch bleiben lassen.
Und dann haben diejeningen, die sich doch externer Quellen bedient hatten, bessere Noten geschrieben. Stimmt's?
Nicht dass ich wüsste. Es wurde eher kritisiert, so nach dem Motto: "Das steht im Reclam-Leitfaden für die Interpretation aber nicht drin!" Wobei wir diese Begleitheftchen dann üblicherweise zusammen mit dem eigentlichen Buch von der Schule gestellt bekamen.
Ich meine auch einmal gelesen zu haben, dass eine Studie ergab, Schüler in der 8. oder 9. Klasse am Gymnasium nicht wesentlich dazulernten. Aber das nur am Rande...
Das glaube ich unbesehen!
Was ich damit sagen will: Ich bin der Meinung, dass es viel wichtiger und richtiger ist, wenn man sich bei einem künstlerischen Werk hauptsächlich davon leiten lässt, "wie empfinde ich das Werk?", "wie wirkt das Stück auf mich selbst?".
Das ist nur die eine Seite der Medaille. Wirklich nur die eine, also 50% höchstens!
Nein, es ist für mich die Hauptsache, das Entscheidende! Denn das ist IMHO der Zweck von Kunstwerken: Dass sie von Menschen, auch von einer breiten, ungebildeten Öffentlichkeit wahrgenommen, nach Möglichkeit angenehm empfunden wird.
Vergiss eines nicht: Musik wurde nicht immer zur Erbauung gemacht. Gerade "neue Musik" (ich sage jetzt mal pauschalisierend "um 1900") kehrt diesem Genussfaktor ganz bewusst den Rücken und will explizit nicht mehr gefallen. Warum dem so ist, kannst Du wohl kaum rein aus Dir selbst ergründen, oder?
Ich will es auch nicht. Das ist für mich eine Entartung der Kunst, die ich nicht mag und auch nicht gutheißen will.
Im wissenschaftlichen Bereich schließe ich mich dir in diesem Punkt vorbehaltlos an. Im musischen Bereich ist das aber IMHO ein Killer.
Nein, eine ebensolche Notwendigkeit. Um sich mit künstlerischen Werken ganzheitlich und vor allem wissenschaftlich auseinanderzusetzen, darfst Du nicht nur vom Rezipienten ausgehen. Das ist nicht nur einseitig, sondern einfach unvollständig!
Mag sein - aber wie ich schon sagte: Ein Kunstwerk soll mich faszinieren. Wenn ich aber anfange, Hintergründe zu erforschen und das Werk nach wissenschaftlichen Aspekten zu analysieren, dann ist diese Faszination für immer zerstört. Schade drum.
Mit der grundsätzlichen pädagogischen Methode, musische Werke zu vermitteln, bin ich ausdrücklich nicht einverstanden. Aber das ist jetzt kein Argument gegen dich, das ist ein allgemeiner Punkt.
Ich konnte Dir meine Gründe dazu hoffentlich begreiflich machen. Du musst mir nicht zustimmen, was Deine private Meinung zum Umgang mit musischen Werken angeht, aber was das wissenschaftliche Arbeiten damit angeht, welches wir im Hinblick auf eine wissenschaftliche Berufslaufbahn unserer Abiturienten vermitteln müssen, kann ich Deine Haltung nicht allgemein gültig stehen lassen.
Musst du auch nicht. Für mich bleiben aber Kunst und Wissenschaft dennoch Gegensätze, die einander zwar ergänzen, sich aber niemals vermischen können, weil eins das andere zerstört.
Schönen Sonntag noch,
Martin
Hallo Martin,
Um die Faszination von Kunst zu vermitteln, ist das "erleben" dieser Kunst, durch Ansehen, Anhören, etc. aber auch das Praktizieren der Kunst sicher wichtiger, als geschichtliches oder theoretisches Wissen.
Gerade die im Musikunterricht besprochene Musik ist vielen Schülern ja nur sehr schwer zugänglich, selbst einmal an der Aufführung eines solchen Werkes mitzuwirken o.ä. bewirkt da sicher mehr.
Aber natürlich kann man sich mit Kunst auch wissenschaftlich, in erster Linie analytisch, auseinandersetzen und es gibt auch eine Berechtigung dafür. Der Gymnasialunterricht ist vor allem an diesem wissenschaftlich, analytischen orientiert. Besonders ausgeprägt ist das meines Erachtens im Fach Deutsch, wo es manchmal durchaus eine Herausforderung sein kann, sich sein Interesse an Literatur zu bewahren. Aber auch der Musikunterricht ist meist nicht geeignet, ein Interesse an der besprochenen Musik erstmal zu wecken. Am ehesten klappt das wahrscheinlich noch im Kunstunterricht, da wird immerhin fast ständig praktisch gearbeitet.
Generell halte ich auch für die analytische Auseinandersetzung mit einem Werk irgendwelche vorgefertigten Meinungen nicht für besonders hilfreich. Man sollte sich schon unvoreingenommen mit etwas auseinandersetzen und das Stück hören und evtl. die Partitur ansehen können, wobei das natürlich voraussetzt, dass man halbwegs Noten lesen kann. Zusätzliches Wissen über den Hintergrund zum Stück, zur Biographie des Komponisten, zur Zeit und den Kompositionstechniken ist dann sicher auch hilfreich. Aber fertige Interpretationen zu recherchieren und seine Meinung daraus zusammenzubauen, fördert nicht gerade die eigene Auseinandersetzung damit. In diesem Punkt würde ich Dir zustimmen.
Wenn es darum geht, eine Interpretation zu schreiben, ein Stück zu analysieren etc., sollte das daher meiner Meinung nach auch nicht fordern.
Ein Referat soll aber natürlich ein Thema etwas umfassender darstellen, dazu gehören dann natürlich auch "Literaturmeinungen".
Denn es ist völlig normal, dass der Schüler im Stoff noch nicht sattelfest ist, noch Wissenslücken hat. Dessen sind sich die meisten bewusst, daher also wieder diese typische Unsicherheit.
Wenn ich später im Studium ein Referat halten sollte, dann war das zu einem Thema, das mich persönlich interessiert und reizt, und bei dem ich auch in gewissem Maß schon solide Grundkenntnisse hatte.
Ja, genau das trifft auch meine Erfahrung mit Schulreferaten. Man bekommt ein Thema, über das man nicht fundiert Bescheid wissen kann, hat nur sehr oberflächliches Material (klar, das Referat soll ja auch nur oberflächlich sein), und auch die Vortragszeit ist nur auf Oberflächlichkeit ausgelegt. Diese Inhaltsleere soll man dann aber toll vortragen können.
Ich lehne diesen Widerspruch schon mal präventiv ab. ;-)
Und zwar deshalb, weil für mich die Verbindung von Kunst und analytischer Untersuchung ein Widerspruch in sich ist.
Das ist es sicher nicht und sie hat auch ihre Daseinsberechtigung. Aber sie taugt selten dazu, ein Interesse an der Kunst zu wecken.
Ein gewisses, theoretisches Wissen über den Aufbau eines Stücks kann aber schon beim Hören von Vorteil sein, einfach, weil man weiß, wo man hinhören muss. Spätestens beim musizieren, benötigt man es aber. Wichtiger ist aber auch hier sicher die praktische Hörerfahrung, es bringt einem herzlich wenig, es bringt einem herzlich wenig, die Definition bswp. von "Motiv" zu kennen, wenn man beim Hören beispielsweise einer Fuge Motive gar nicht wieder erkennt.
Doch, sicher. Auch als Kunstkonsument wird man es wahrnehmen, wenn in Chorgesang plötzlich ein paar Riffs einer E-Gitarre als Akzent auftauchen, oder ein Aquarell einzelne Elemente geometrischer Liniengrafiken zeigt, oder in einem Historienfilm eine Armbanduhr zu sehen ist. Solche Widersprüche oder Stilbrüche, ob gewollt oder nicht, fallen auf.
Ja, aber nicht ohne entsprechende Erfahrung mit der jeweiligen Kunstform, jedenfalls, wenn es nicht so drastisch ist, wie in deinen Beispielen. Das ist wohl eher intuitives Wissen und durch theoretisches lernen allein bekommt man das sicher nicht.
Wie gesagt, ich möchte da Kunst und Wissenschaft als Gegensätze voneinander trennen.
Es gibt Kunst und Kunstwissenschaft ;-) Schule fokussiert eben immer stark auf letzteres. Das halte ich zwar auch für falsch, das entzieht der Wissenschaft aber nicht jede rechtfertigung.
Übrigens ist das ja auch in anderen Fächern so, in den Sprachen konzentriert man sich auf Grammatik, in Mathematik auf rechnen, wahrscheinlich ist es in Mathe sogar am schlimmsten ;-)
Ja, und mehr möchte ich in einem Kunstwerk (Musik, Gemälde, Gedicht, usw.) gar nicht sehen, denn dann ist der eigentliche Reiz des Werkes futsch.
Manchmal kann einem Wissen darüber, unter welchen Lebensumständen ein Kunstwerk geschaffen wurde, einen neuen Blickwinkel darauf eröffnen. Der ist wahrscheinlich auch nicht besser, als der, den man vorher hatte, aber es ist eben eine weitere Erfahrung.
Nein, es ist für mich die Hauptsache, das Entscheidende! Denn das ist IMHO der Zweck von Kunstwerken: Dass sie von Menschen, auch von einer breiten, ungebildeten Öffentlichkeit wahrgenommen, nach Möglichkeit angenehm empfunden wird.
Naja, das Ziel des Unterrichts sollte es sein, die ungebildete Öffentlichkeit so zu verändern, dass sie die Kunstwerke plötzlich interessant findet. Nicht alles muss vielleicht gleich angenehm sein, selbst wenn man fordern will, dass Kunst immer auch etwas ästhetisches in sich tragen sollte, klingt "angenehm" etwas flach. ;-)
Mag sein - aber wie ich schon sagte: Ein Kunstwerk soll mich faszinieren. Wenn ich aber anfange, Hintergründe zu erforschen und das Werk nach wissenschaftlichen Aspekten zu analysieren, dann ist diese Faszination für immer zerstört. Schade drum.
Das geht mir eigentlich nicht so. Natürlich muss mich ein Werk erstmal faszinieren, damit ich mich damit befassen will. Wenn ich aber dann noch mehr darüber erfahren, ändert das vielleicht meine Sichtweise von manchem, aber das zerstört die Faszination nicht. Es kann höchstens sein, dass eine direkte, analytische Auseinandersetzung, die einem die Möglichkeit des ersten, ungestörten Eindrucks nimmt, eine solche Wirkung hat. Deswegen hab' ich im Deutschunterricht Bücher meist gleich komplett gelesen, auch wenn mancher Lehrer das nicht wünschte, weil er das Buch ja Kapitel für Kapitel besprechen wollte.
Ich konnte Dir meine Gründe dazu hoffentlich begreiflich machen. Du musst mir nicht zustimmen, was Deine private Meinung zum Umgang mit musischen Werken angeht, aber was das wissenschaftliche Arbeiten damit angeht, welches wir im Hinblick auf eine wissenschaftliche Berufslaufbahn unserer Abiturienten vermitteln müssen, kann ich Deine Haltung nicht allgemein gültig stehen lassen.
Die wenigsten werden wohl eine wissenschaftliche Laufbahn im Fach Musik ergreifen, wenn überhaupt in einem "künstlerischen" Fach, dann im Fach Deutsch. Wenn jemand tatsächlich Kunst oder Musik studiert, dann vermutlich mit einer praktischen Zielsetzung (oder mit dem Ziel Lehrer zu werden ;-). Die wissenschaftliche Arbeitsweise kann man für die Geisteswissenschaften auch in Geschichte, Gemeinschaftskunde etc. und für die Naturwissenschaften in Physik, Chemie usw. erlernen. Die "künstlerischen" Fächer sollten sich meiner Meinung darauf konzentrieren, ein Interesse an Kunst zu vermitteln. Wenn sie in diesem Punkt versagen, verlieren sie im Grunde ihre Existenzberechtigung. Recherchieren und Vortragen kann man an allem lernen, und den Quintenzirkel vergisst sowieso jeder wieder...
Grüße
Daniel
Hallo Daniel,
Um die Faszination von Kunst zu vermitteln, ist das "erleben" dieser Kunst, durch Ansehen, Anhören, etc. aber auch das Praktizieren der Kunst sicher wichtiger, als geschichtliches oder theoretisches Wissen.
volle Zustimmung.
Gerade die im Musikunterricht besprochene Musik ist vielen Schülern ja nur sehr schwer zugänglich, selbst einmal an der Aufführung eines solchen Werkes mitzuwirken o.ä. bewirkt da sicher mehr.
Dazu muss man aber auch erstmal die Bereitschaft der Schüler wecken, z.B. an der Aufführung eines Theaterstücks oder eines kleinen Musicals mitzuwirken. Damals hätten mich keine zehn Pferde bewegen können, das zu tun. Anschauen, anhören ja; dann hätte ich als Zuschauer vielleicht sogar Gefallen daran gefunden. Wir hatten damals an der Schule eine Theater-AG, eine Musik-AG und eine kleine Bigband (ist das nicht ein Widerspruch?). Immer bei größeren Veranstaltungen haben die auch irgendwas vorgeführt, und als Zuschauer fand ich das auch meistens beeindruckend - von der Bigband mal abgesehen. Die war nach Aussage vieler Leute auch gut, aber Jazz und verwandte Musikrichtungen waren mir schon immer ein Greuel.
Trotz aller Begeisterung wäre ich aber nie im Traum auf die Idee gekommen, mich aktiv daran zu beteiligen, hätte mich sogar mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. In manchen Dingen geht es mir heute noch ähnlich: Es macht mir Spaß, anderen beim Computerspielen zuzuschauen; selber spielen finde ich dagegen öde.
Aber natürlich kann man sich mit Kunst auch wissenschaftlich, in erster Linie analytisch, auseinandersetzen und es gibt auch eine Berechtigung dafür.
Dann haben die Leute wohl eine andere Vorstellung von Kunst. Für mich bedeutet Kunst, etwas zu können, was nicht jeder kann, um damit sich und andere zu erfreuen.
Besonders ausgeprägt ist das meines Erachtens im Fach Deutsch, wo es manchmal durchaus eine Herausforderung sein kann, sich sein Interesse an Literatur zu bewahren.
Ja, der Lehrplan im Fach Deutsch scheint das Ziel zu verfolgen, den Schülern das Lesen zu verleiden. Das war auch mein Eindruck.
[...] und das Stück hören und evtl. die Partitur ansehen können, wobei das natürlich voraussetzt, dass man halbwegs Noten lesen kann.
Hehe, das konnte ich noch nie. ;-)
Bzw. ich kann es in der Theorie schon, aber nicht so, dass ich aus den Noten auf dem Papier eine flüssige Melodie ablesen könnte. Aber dafür genügt es mir, wenn mir jemand die Melodie zwei- bis dreimal vorspielt, dann habe ich sie meist intus. Ich präge mir aber nicht die Noten ein, sondern den Höreindruck.
Zusätzliches Wissen über den Hintergrund zum Stück, zur Biographie des Komponisten, zur Zeit und den Kompositionstechniken ist dann sicher auch hilfreich.
Hilfreich wofür? Das ist ja gerade die Frage, die ich so provozierend in den Raum stelle.
Ja, genau das trifft auch meine Erfahrung mit Schulreferaten. Man bekommt ein Thema, über das man nicht fundiert Bescheid wissen kann, hat nur sehr oberflächliches Material (klar, das Referat soll ja auch nur oberflächlich sein), und auch die Vortragszeit ist nur auf Oberflächlichkeit ausgelegt. Diese Inhaltsleere soll man dann aber toll vortragen können.
Gut auf den Punkt gebracht. :-)
Ein gewisses, theoretisches Wissen [...] Spätestens beim musizieren, benötigt man es aber.
Das ist eine häufig geäußerte Meinung. Aber wozu benötigt man dieses Wissen tatsächlich? Ich behaupte nämlich, man benötigt es *nicht*.
Ich muss wissen, wie ich mein Instrument handhabe, um ihm einen bestimmten Klang zu entlocken. Das buche ich mal als motorische Übung. Und dann muss ich die Melodie kennen, die ich spielen möchte. Dazu brauche ich weder ein theoretisches Grundwissen über Musik, noch muss ich Noten lesen können. Ich muss lediglich wissen, wie es klingen soll, und diese Klangidee dann wieder in die entsprechenden Fingerbewegungen umsetzen.
Wenn ich dann nicht nur fertige Stücke reproduzieren will, sondern selbst improvisieren und komponieren, dann brauche ich ein gewisses Gefühl für Takt und Harmonie. Das hat man entweder oder man hat es nicht. Wenn Ansätze da sind, kann man sie üben und ausbauen; wenn nicht, ist sowieso Hopfen und Malz verloren.
Übrigens ist das ja auch in anderen Fächern so, in den Sprachen konzentriert man sich auf Grammatik, ...
Nur am Anfang. Und das muss ja auch sein, weil man erstmal den "Bauplan" eines Satzes in der Fremdsprache kennen muss. Später ging bei uns auch im Englischunterricht der Lehrplaninhalt auch mehr und mehr in die Richtung, die wir aus dem Deutschunterricht schon kannten: Das Lesen, Übersetzen und Interpretieren von Texten.
in Mathematik auf rechnen, wahrscheinlich ist es in Mathe sogar am schlimmsten ;-)
Hmm, wieso? Mathematik ist doch eine reine theoretische Wissenschaft, die den praktischen Wissenschaften (vor allem der Physik) nur als Werkzeug dient.
Mag sein - aber wie ich schon sagte: Ein Kunstwerk soll mich faszinieren. Wenn ich aber anfange, Hintergründe zu erforschen und das Werk nach wissenschaftlichen Aspekten zu analysieren, dann ist diese Faszination für immer zerstört. Schade drum.
Das geht mir eigentlich nicht so. Natürlich muss mich ein Werk erstmal faszinieren, damit ich mich damit befassen will. Wenn ich aber dann noch mehr darüber erfahren, ändert das vielleicht meine Sichtweise von manchem, aber das zerstört die Faszination nicht.
Schön für dich. Ich kann mich zwar am Anblick einer zarten Blüte erfreuen; sobald ich aber ins Detail gehe und erkenne, dass es auch in diesem scheinbar so perfekten Gebilde von Schmutz, Parasiten und Unvollkommenheit nur so wimmelt, ist die Begeisterung zerstört. Deswegen bemühe ich mich oft, Eindrücke, die mich erfreuen, möglichst nicht zu hinterfragen.
Deswegen hab' ich im Deutschunterricht Bücher meist gleich komplett gelesen, auch wenn mancher Lehrer das nicht wünschte, weil er das Buch ja Kapitel für Kapitel besprechen wollte.
Ja, das kann ich nachvollziehen. Dieses Stück-für-Stück-Lesen, dieses allmähliche Zerfetzen des Inhalts finde ich auch schlimm. Wenn ich das Buch wenigstens komplett gelesen habe, ist das erträglicher. Dann sind nämlich die ersten Eindrücke schon gefestigt.
Die "künstlerischen" Fächer sollten sich meiner Meinung darauf konzentrieren, ein Interesse an Kunst zu vermitteln. Wenn sie in diesem Punkt versagen, verlieren sie im Grunde ihre Existenzberechtigung.
Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.
Schönen Abend noch,
Martin
Hallo Martin,
Dazu muss man aber auch erstmal die Bereitschaft der Schüler wecken, z.B. an der Aufführung eines Theaterstücks oder eines kleinen Musicals mitzuwirken.
Theaterspielen wäre auch nicht so mein Ding gewesen, aber ich war im Schulchor. Wir hatten da einen recht fähigen Musiklehrer, dem es durchaus auch gelang, Schüler zu gewinnen, die sonst sicher nicht viel mit klassischer Musik am Hut hatten.
Damals hätten mich keine zehn Pferde bewegen können, das zu tun. Anschauen, anhören ja; dann hätte ich als Zuschauer vielleicht sogar Gefallen daran gefunden.
Das ist immerhin auch schon etwas. Man muss ja sicher auch nicht alles selber ausprobieren, man muss auch nicht alles gut finden, aber man sollte zumindest die Möglichkeit haben, es für sich zu entdecken.
Dann haben die Leute wohl eine andere Vorstellung von Kunst. Für mich bedeutet Kunst, etwas zu können, was nicht jeder kann, um damit sich und andere zu erfreuen.
Selbst wenn man diesen Kunstbegriff zu Grunde legt, kann man analysieren, wie das gemacht ist. Außerdem gibt es ja auch praktische Aspekte der Wissenschaft, die zumindest hilfreich sind, um Kunst zu schaffen, bspw. gewisse Maltechniken oder Kompositionslehre.
Bzw. ich kann es in der Theorie schon, aber nicht so, dass ich aus den Noten auf dem Papier eine flüssige Melodie ablesen könnte.
Um ein Stück zu analysieren, ist es zumindest hilfreich, das gehörte in den Noten wieder zu finden. Damit kann man dann versuchen zu erkennen, wie die gehörte Wirkung entsteht.
Hilfreich wofür? Das ist ja gerade die Frage, die ich so provozierend in den Raum stelle.
An der Stelle erstmal, um zu verstehen, wie das Stück gemacht ist und wie es seine Wirkung erreicht. Eine gewisse Struktur zu erkennen, ist einfach erstmal hilfreich, wenn man etwas über das Stück sagen muss. Man kann sich dabei auch bewusster werden, wo man eigentlich welche Eindrücke hat. Die Darstellung des Stücks wird dadurch auch detaillierter. Das wirkt natürlich auch wieder auf das Hörerlebnis zurück, indem man vielleicht auf einen Motiveinsatz achtet, den man in den Noten gesehen, aber beim ersten Hören verpasst hat.
Ich muss lediglich wissen, wie es klingen soll, und diese Klangidee dann wieder in die entsprechenden Fingerbewegungen umsetzen.
Das ist aber kein technischer Prozess. Aus dem Notentext geht nur in Grenzen hervor "wie es klingen soll". Das Beispiel des Motivs und Fuge war nicht ganz zufällig gewählt, oft hebt man z.B. hervor, wenn ein Motiv wiederkehrt, damit der Hörer das erkennt. Dafür muss man dieses Motiv erkennen. Man kann das sicher auch intuitiv statt rational machen, aber das ist nun auch nicht jedem gegeben, der sich an einem Instrument versucht. ;-)
Wenn ich dann nicht nur fertige Stücke reproduzieren will, sondern selbst improvisieren und komponieren, dann brauche ich ein gewisses Gefühl für Takt und Harmonie.
Stücke haben praktisch immer eine Grundstruktur, mit Hilfe derer sie aufgebaut wurden. Natürlich wird diese nicht immer durchgehalten, aber solche Grundgerüste sind sicher hilfreich beim Komponieren. Auch bei jedem Handwerk oder Ingenieursarbeit bedient man sich bewährter Prinzipien, auch wenn man etwas neues schafft. Ich denke, dass das bei Kunst im Allgemeinen nicht sehr anders ist. Es ist ja nicht so, dass die Komponisten drauf los komponieren und dass dabei immer mal wieder Stücke mit ähnlicher Struktur und ähnlichen Kompositionsprinzipien entstehen. Dass man diese erkennen kann, liegt daran, dass sich die Komponisten ihrer bedient haben.
Hmm, wieso? Mathematik ist doch eine reine theoretische Wissenschaft, die den praktischen Wissenschaften (vor allem der Physik) nur als Werkzeug dient.
Das spricht der Ingenieur? ;-)
Ich meinte vor allem, dass es nicht so recht gelingt, bei den Schülern ein Verständnis zu erreichen, das über Faktenwissen hinausgeht, oder gar ein Interesse für mathematische Fragestellungen zu wecken. Der Unterricht richtet sich auch sehr stark auf Faktenwissen in der Form, dass bestimmte Problemstellungen (wie löst man lineare Gleichungen mit ein, zwei, drei, vielen Variablen, wie sehen Parabeln normal, verschoben, verzerrt aus, ...) behandelt werden. Ich sehe da eine Parallele, in so fern, als der Unterricht eben vorsieht, dass gewisse Bildungselemente gelernt werden, dass darauf, wie und ob eigentlich wirklich wichtige Ziele wie "Interesse für Kunst" oder "Fähigkeit zu analytisch, matematischem und rationalem Denken", wenig Überlegung verschwendet wird.
Schön für dich. Ich kann mich zwar am Anblick einer zarten Blüte erfreuen; sobald ich aber ins Detail gehe und erkenne, dass es auch in diesem scheinbar so perfekten Gebilde von Schmutz, Parasiten und Unvollkommenheit nur so wimmelt, ist die Begeisterung zerstört.
Macht das nicht die Faszination der Natur aus? ;-)
Grüße
Daniel
Hi Daniel,
Dann haben die Leute wohl eine andere Vorstellung von Kunst. Für mich bedeutet Kunst, etwas zu können, was nicht jeder kann, um damit sich und andere zu erfreuen.
Selbst wenn man diesen Kunstbegriff zu Grunde legt, kann man analysieren, wie das gemacht ist. Außerdem gibt es ja auch praktische Aspekte der Wissenschaft, die zumindest hilfreich sind, um Kunst zu schaffen, bspw. gewisse Maltechniken oder Kompositionslehre.
ja, aber diese Ansätze versuchen alle, das künstlerisch-kreative Element zu erklären und damit zu entmystifizieren. Ich finde das ebenso paradox, als wollte man Gefühle wie Freude, Liebe, oder Vertrauen erklären. Könnte man sie wirklich erklären, wären es keine Gefühle mehr.
Ich muss lediglich wissen, wie es klingen soll, und diese Klangidee dann wieder in die entsprechenden Fingerbewegungen umsetzen.
Das ist aber kein technischer Prozess.
Das habe ich auch nicht behauptet - aber doch, eigentlich ist es das: Ich erinnere mich an ein bestimmtes Klangbild, das ich z.B. mit einer ganz bestimmten Fingerhaltung an einem Instrument assoziiere. Insofern ist das ein ganz normales Abrufen von Informationen, so wie ich mich an eine Telefonnummer erinnere und die ins Gerät eintippe.
Aus dem Notentext geht nur in Grenzen hervor "wie es klingen soll".
Das ist mit ein Grund, warum ich die Notenschreibweise für unzureichend halte.
Das Beispiel des Motivs und Fuge war nicht ganz zufällig gewählt, oft hebt man z.B. hervor, wenn ein Motiv wiederkehrt, damit der Hörer das erkennt. Dafür muss man dieses Motiv erkennen. Man kann das sicher auch intuitiv statt rational machen, aber das ist nun auch nicht jedem gegeben, der sich an einem Instrument versucht. ;-)
Ja, aber wenn man versucht, das auf eine rationale Ebene zu bringen, bewegt man sich damit weg von der Kunst und hin zu einem einfachen Handwerk. Kunst und Intuition oder nichtrationale Wahrnehmungen und Reaktionen sind für mich untrennbar verbunden.
Es ist ja nicht so, dass die Komponisten drauf los komponieren und dass dabei immer mal wieder Stücke mit ähnlicher Struktur und ähnlichen Kompositionsprinzipien entstehen. Dass man diese erkennen kann, liegt daran, dass sich die Komponisten ihrer bedient haben.
Ja, sie haben eine Vorliebe für bestimmte Strukturen, die dann immer wieder auftauchen - so wie eine Handschrift immer wieder ähnliche Merkmale zeigt, egal ob der Schreiber eine Glückwunschkarte, einen Einkaufszettel oder eine Aktennotiz schreibt; egal ob mit Bleistift, mit einem Filzstift oder einem Kugelschreiber.
Hmm, wieso? Mathematik ist doch eine reine theoretische Wissenschaft, die den praktischen Wissenschaften (vor allem der Physik) nur als Werkzeug dient.
Das spricht der Ingenieur? ;-)
... der die Mathematik nur als notwendiges Übel sieht, ja.
Ich meinte vor allem, dass es nicht so recht gelingt, bei den Schülern ein Verständnis zu erreichen, das über Faktenwissen hinausgeht, oder gar ein Interesse für mathematische Fragestellungen zu wecken.
Jetzt bin ich es, der verständnislos dasitzt. Denn auch für mich ist Mathematik nur ein Mittel zum Zweck. Ich wende bestimmte mathematische Verfahren an, um ein Ergebnis zu erzielen. Darüber hinaus meide ich die Mathematik als solche.
Ich kann mich zwar am Anblick einer zarten Blüte erfreuen; sobald ich aber ins Detail gehe und erkenne, dass es auch in diesem scheinbar so perfekten Gebilde von Schmutz, Parasiten und Unvollkommenheit nur so wimmelt, ist die Begeisterung zerstört.
Macht das nicht die Faszination der Natur aus? ;-)
Nein. Es zerstört nur Tag für Tag wieder den partiell aufkommenden Eindruck, die Natur sei vollkommenen. Und dieser deprimierenden Enttäuschung gehe ich aus dem Weg, wenn ich kann, indem ich nicht gar so genau darüber nachdenke, sondern lieber einfach nur genieße.
So long,
Martin
Hallo Martin,
ja, aber diese Ansätze versuchen alle, das künstlerisch-kreative Element zu erklären und damit zu entmystifizieren.
Nein, in einem Musikstück steckt immer noch genug Kreativität. Auch sich auf eine gewisse Tonleite festzulegen, ist ja schon eine Einschränkung des Freiraumes, andererseits bietet so eine Tonleiter eben auch mal eine gewisse Grundlage, auf der man etwas entwickeln kann, z.B. eine Melodie. Darauf kann man dann weitere Konzepte wie Tonarten, gewisse Strukturformen (Fuge, Sonatenhauptsatzform, ...) etc. aufbauen. Auch in der Literatur gibt es ja solche Formen. Natürlich werden solche Formen weiterentwickelt, abgeändert und von Zeit zu Zeit weiterverwendet.
Auch in jeder Erfindung, einem mathematischen Beweis etc. steckt Kreativität, obwohl man auf anderen Konzepten aufbaut. Das erklärt den Kern von Kreativität nicht. Es ist vielmehr so, dass Kreativität eben nicht einfach immer aus dem Nichts entsteht, sondern auf vorherigem aufbaut, insbesondere auf dem Studium von vorherigem.
Das ist mit ein Grund, warum ich die Notenschreibweise für unzureichend halte.
Vielleicht hättest Du Doch mal irgendwie Musik machen sollen ;-)
So könnte man ja gleich eine einzige Aufnahme eines Stückes anfertigen, jedenfalls heute. Eine Interpretation eines Stückes ist auch ein kreativer Akt, wie bspw. die Inszenierung einer Theateraufführung, wobei die Theaterleute wohl dazu tendieren, freier mit dem Text umzugehen, als man das in der Musik üblicherweise tut.
Ja, aber wenn man versucht, das auf eine rationale Ebene zu bringen, bewegt man sich damit weg von der Kunst und hin zu einem einfachen Handwerk.
Kunst ist immer auch Handwerk, ganz besonders, wenn man wie Du sagt, dass es bei Kunst darum geht, etwas besonderes zu können, das gefällt. Abgesehen davon gehört auch zu Handwerk einiges an Intuition ;-)
Ja, sie haben eine Vorliebe für bestimmte Strukturen, die dann immer wieder auftauchen - so wie eine Handschrift immer wieder ähnliche Merkmale zeigt, egal ob der Schreiber eine Glückwunschkarte, einen Einkaufszettel oder eine Aktennotiz schreibt;
Wenn Du Schriften aus verschiedenen Zeiten betrachtest, wirst Du merken, dass das keine so individuelle Angelegenheit ist. Auch die in der Schrift verwendeten Formen werden weitergegeben.
Jetzt bin ich es, der verständnislos dasitzt. Denn auch für mich ist Mathematik nur ein Mittel zum Zweck. Ich wende bestimmte mathematische Verfahren an, um ein Ergebnis zu erzielen. Darüber hinaus meide ich die Mathematik als solche.
Eine verbreitete Einstellung ja. Aber wie will man sich bei Bedarf etwas neues ausdenken, wenn man die Dinge immer nur schematisch anwendet? Gut, Du willst Dir auf dem Gebiet vermutlich nichts neues ausdenken. Ich finde aber, dass einem die Fähigkeit, Dinge sehr formal zu beschreiben und zu behandeln, generell hilfreich ist, und sei es nur, um aus rein philosophischen Gründen diese Art des Denkens zu kennen. Immerhin haben Gymnasien ja auch den Anspruch, Allgemeinbildend zu sein und Mathematik wird zwar oft nicht als Bildunggut gesehen, ich würde dem aber widersprechen.
Nein. Es zerstört nur Tag für Tag wieder den partiell aufkommenden Eindruck, die Natur sei vollkommenen.
Die Natur ist vollkommen, nur stellst Du Dir Vollkommenheit falsch vor. ;-)
Grüße
Daniel
Hallo,
Das ist mit ein Grund, warum ich die Notenschreibweise für unzureichend halte.
Vielleicht hättest Du Doch mal irgendwie Musik machen sollen ;-)
kann ja noch kommen. Sag niemals Nie!
Mich haben auch mehrfach schon Bekannte gefragt, ob ich nicht mal ein Buch schreiben wollte, ich hätte doch ein Talent dazu.
Nun ja, wer weiß ...
So könnte man ja gleich eine einzige Aufnahme eines Stückes anfertigen, jedenfalls heute.
Das ist die Technik, die ich auch bevorzuge - damit habe ich ein sehr genaues Abbild dessen, was der Künstler wirklich gemeint hat. Ich erkenne ja auch beim Anhören eines mir bekannten Stücks gleich, ob es die "Originalaufnahme" aus dem Studio oder eine Live-Aufnahme oder eine spätere Neuaufnahme ist. Ich habe wohl das, was man als "fotografisches Gedächtnis" bezeichnet, im akustischen Bereich. Ich kann mir auch technische Geräusche sehr gut einprägen und merke später ganz genau: "Irgendwas ist anders".
Ja, sie haben eine Vorliebe für bestimmte Strukturen, die dann immer wieder auftauchen - so wie eine Handschrift immer wieder ähnliche Merkmale zeigt, egal ob der Schreiber eine Glückwunschkarte, einen Einkaufszettel oder eine Aktennotiz schreibt;
Wenn Du Schriften aus verschiedenen Zeiten betrachtest, wirst Du merken, dass das keine so individuelle Angelegenheit ist. Auch die in der Schrift verwendeten Formen werden weitergegeben.
Ja, sicher. Trotzdem ist die Handschrift *einer* Person charakteristisch und kaum zu verwechseln. Obwohl ... Ich habe vor einiger Zeit auch ein paar Schmierzettel mit Rechnungen und Schaltungsskizzen wiedergefunden und habe mich gewundert, wann und in welchem Zusammenhang ich das wohl geschrieben bzw. gezeichnet hatte. Ich war im ersten Moment überzeugt, meine eigene Handschrift zu sehen.
Erst nach einiger Zeit dämmerte es mir, dass das wohl Notizen von meinem Onkel sein müssten ...
Nein. Es zerstört nur Tag für Tag wieder den partiell aufkommenden Eindruck, die Natur sei vollkommenen.
Die Natur ist vollkommen, nur stellst Du Dir Vollkommenheit falsch vor. ;-)
Ach so ... Dann muss ich allerdings gewaltig umdenken ...
So long,
Martin