Hallo alle miteinander,
da in den bislang zu lesenden Postings das Ganze bereits in diverse Richtungen ausfasert, und ich nicht auf jeden Beitrag einzeln antworten möchte hier meine Meinung zum Thema:
Was wir hier heute diskutieren, ist ein aktueller Abschnitt in der Entwicklung unserer Gesellschaft - derzeit mit Wehrpflicht.
Will man ernsthaft über den Sinn und die Machbarkeit einer deutschen berufsarmee diskutieren, so sollte man aus meiner Sicht alle erst später hinzugekommenen gesellschaftlichen Verpflechtungen aussen vor lassen (wie z.B. Zivildienst) sondern sich ausschliesslich mit dem Thema Staat und Militär sowie möglicher sinnvoller Ausprägungsformen befassen.
Denn alle bisher benannten Effekte sind entweder subjektiv und nicht verallgemeinerungsfähig (Marktwertsteigerung von Jungs mit Wehrdienst ;-) oder von Bereich zu Bereich verschieden, wie in der Gesellschaft sonst auch (Langeweile bei der Truppe ?) etc.
Der "Bund" besteht ebenso aus Menschen wie die restliche Gesellschaft auch und dort herrscht (in Friedenszeiten) kein höherer Befehlsnotstand, als in einem x-beliebigen Betrieb. Nach Anweisung des Vorgesetzten (z.B. des Meisters) ist im Sinne seiner Vorgabe zu handeln oder man riskiert ggf. seinen Job.
Das trifft demzufolge für Wehrpflichtige wie Berufssoldaten gleichermaßen zu.
Das es ohne Wehpflicht zuviele Studienbewerber gäbe ist eine sachfremde Erwägung, die nur einen bestehenden Fehler im Bildungssystem aufzeigt, aber nichts mit der Wehrpflicht an sich zu tun hat.
Ein Staat, der "jeden" studieren läßt, ist selber schuld.
(Weiche ins OFF-TOPIC: Numerus Klausus in allen Studiengängen, Eingangsprüfung für alle Bewerber, Studium wieder als Bestenförderung begreifen und nicht als Schönungshilfe fürs Bundesarbeitsamt - wer studiert ist nicht arbeitslos ;-)
Auch würde nichts dagegen sprechen, den Zivildienst als Dienst am Vaterland für jederman zu definieren und den Beitritt zur Berufsarmee als Ausnahme, die vom Zivildienst befreit.
Somit ist die Abschaffung der Wehrpflicht nicht gleichzeitig notwendigerweise auch die Abschaffung des Zivildienstes.
Also spielt auch dieser Teil bei der Kerndisskusion "Berufsarmee" keine Rolle.
(Nächste Weiche ins OFF-TOPIC: Pflegedienste müssen nicht teurer Sein als Zivis, denn auch sie können wie jede Firma unterschiedliche Qualifikationen vorhalten. Zum Hundausführen und Schneeschieben reicht sicher ein Ungelernter oder Azubi, bzw. gibt es dafür auch Hausmeisterdienste etc. Wer aber darauf besteht Chefarztbehandlung für seinen Fiffi zu erhalten, dermuss sich auch nicht über die "etwas" höhere Rechnung wundern.)
Qualifikation und Effizienz und damit auch Wirtschaftlichkeit der Truppe: Ein Betrieb, der ausschliesslich aus Azubis (Wehpflichtige) und Gesellen (Zeitsoldaten/unteroffiziere)besteht, hat im Wettbewerb keine Chance.
Jeder Betrieb mit nur halb soviel (und weniger) Meisterschülern und Meistern fährt ihn in kürzester Zeit an die Wand. Effizienz aus Erfahrung ist durch nichts zu ersetzten.
Hinzu kommt, dass die Ausbildungskosten permanent steigen und die Truppe jedes Jahr weniger Geld dafür erhält. Wer durch den Wald rennt um "Peng" rufen muss, um ein Gefecht zu simulieren, mit dem möcht ich nicht zusammen im echten Einsatz stehen müssen.
Wenn ich also, sagen wir mal 20 Mio an Übungsfeuerwerk im Jahr ausgeben kann, dann ist die Wertschöpfung für die Truppe doch um Größenordnungen höher, wenn dies durch eine kleine dauerhafte Profitruppe genutzt wird, als wenn jeder "Azubi" einmal auf den roten Knopf drücken darf.
Wer immer noch am Wert professioneller Ausbildung zweifelt, der sollte sich mal die ernsthafte Frage stellen, warum ausschliesslich Soldaten aus dem KSK bei den wirklich heissen Einsätzen in Afgahnistan eingesetzt werden.
Sicher deshalb, weil davon mehr wieder heil zurückkommen, als wenn man die restlichen Pfadfinder der Bundeswehr dorthinschicken würde.
Das abschreckendste Beispiel dafür dürfte ja wohl der Unfall beim Munitionsbeseitigungsdienst gewesen sein.
Mein Votum: Pro Berufsarmee (für Männer und Frauen)
und völlig unabhängig davon Zivildienst als Pflichtveranstaltung für jederman (Wehrdienst befreit vom Zivildienst)
Gruß
Andreas