Hi,
Woraus ergibt sich, welche EU-Verordnungen für mich als Bürger verbindlich sind und welche nicht direkt?
Verordnungen sind geltendes Recht. Sie wirken also immer direkt. Wie bei nationalen Gesetzen kann aber auch eine Einschränkung auf bestimmte Normadressaten stattfinden. Es gibt ja hier auch Gesetze, die nur den Staat/Behörden betreffen bzw. Gesetze, die das Zusammenspiel Staat-Bürger betreffen sowie Gesetze, die das Verhältnis der Bürger untereinander Betreffen. So ist das auch auf EU-Level, es ergibt sich also aus der Verordnung selbst.
(z.B. die Roaming-Verordnung verpflichtet Mobilfunkanbieter zu bestimmten Maximalpreisen - also Bürger-Bürger, während die EuGVVO die Gerichtszuständigkeiten regelt und da also auch der Staat mitspielt)
- Richtlinien können auch direkt anwendbar sein (aber nur im Verhältnis Bürger-Staat und nur nachteilig für den Staat)
Das meinte ich mit der Einklagbarkeit von EU-Dingen, wenn sie national nicht umgesetzt wurden. Aber so eine Richtlinie erhebt sich doch nicht über nationales Recht bei Vorgängen zwischen zwei Parteien (ohne Beteiligung des Staates)?
Als direkt anwendbares Recht nicht, da hat eine Richtlinie höchstens vertikale (= Staat-Bürger) Wirkung. Anders ist das aber wie gesagt bei Verordnungen und auch Teilen des EU-Primärrechts.
Aber gegenüber dem Staat kann der Bürger sich auch auf eine nicht umgesetzte Richtlinie berufen, sofern diese konkret genug ist. Sollte das nicht der Fall sein, kann der Bürger sein Ziel evtl. immer noch über die Staatshaftung erreichen. (Das sind Fälle, in denen der Bürger etwas für sich gutes will.)
- Nationales Recht muss (und wird) EU-rechts konform ausgelegt (auch, wenn die jeweilige Materie nicht mal direkt harmonisiert ist). Das heißt also, dass eine nationale Norm auf biegen und brechen EU-konform ausgelegt wird - gerade auch im Verbraucherrecht.
Warum braucht es dann noch eine nationale Gesetzgebung, wenn man nicht mit einem einfachen Satz eine EU-Richtlinie/-Verordnung/-Wasauchimmer verbindlich machen kann oder das vielleicht sogar allgemein so ist?
Man braucht nationales Recht, weil Richtlinien umgesetzt werden müssen - wird das nicht getan, drohen Zwangsmaßnahmen seitens der EU. Natürlich könnte die EU auch alles als Verordnung regeln und damit direkt wirken lassen. Das lassen aber zum Teil die EU-Verträge nicht zu und die Mitlgiedstaaten wollen natürlich auch ihre Souveränität (oder der Rest, der ihnen geblieben ist) behalten. Außerdem hat jedes Land ein etwas anderes Rechtssystem, da ist es doch dann schön, wenn man die neuen Normen schön im passenden Kontext unterbringen kann.
Was richtig ist, ist dass man natürlich auf strengeres nationales Recht achten sollte - sofern das zulässig ist.
Eben, sich allein auf EU-Recht zu berufen ist nicht ausreichend.
Als Mindeststandard geht es aber schon. Wenn man also weiß, was die Richtlinie mindestens verlangt, kann man sich sehr sicher sein, dass man das auch bekommt. Sei es im Bürger-Bürger-Verhältnis durch Auslegung des nationalen Rechts oder auch über die Staatshaftung.
Wie man z.B. an der Aktuellen EuGH Entscheidung zu den Ein- und Ausbaukosten bei der Gewährleistung sehen kann, wird das nationale Recht schon sehr verbogen, um das Ganze Richtlinienkonform auszulegen.
Gruß
Alex