Hej Camping_RIDER,
Werte. Welche Werte in unserer Gesellschaft (politische Nomenklatur: "westliche Werte") verändern sich wie und welchen Gewinn oder Verlust bringen diese Änderungen?
Spannende Frage! Ich kann die Antwort darauf auch nicht sicher absehen. Meine Überzeugung geht aber dahin, dass Veränderungen hin zu mehr Akzeptanz gesellschaftlich gewinnbringend sind.
Das ist — so pauschal jedenfalls — wahrscheinlich falsch.
Ich habe mal einen sehr plausibel klingenden Artikel gelesen, der davon ausging, AfD-Wähler tatsächlich ernst zu nehmen, auch wenn diese behaupten keine Nazis zu sein (nicht mal in dem verwaschenen Sinn, den das Wort heute hat). Und das obwohl sie eine Partei mit tiefnationslistischen, mindestens teilweise aber auch rassistischen und nationalsozialistischen Ansichten wählen (Storch, Gauland, Höcke und der zu Boden gestoßene Magnitz haben mehr als genug Belege dafür geliefert).
Also nehmen wir an, die Wähler treibt etwas anderes an. Der Artikel nahm an, dass es etwas ist, was simpel ist: die Angst vor dem Fremden, Unbekannten und Neuen, kurz vor Veränderung und unüberschaubarer Komplexität.
Eine Frau aus den neuen Bundesländern (die DDR gibt es ja - leider - nicht mehr) ist Kanzlerin, ein Rollstuhlfahrender Krüppel ihre rechte Hand, die „freie Welt“ wird von einem Nigger geleitet, die Hauptstadt von einer Schwuchtel, das reiche Baden-Württemberg von einem grün-versifften Öko und ständig kommen auch noch Kanaken in unser Land, das behauptet, der islam gehört zu uns.
Dann behaupten Massen von Menschen auch noch wir sollen Rauchen, Alkohol, Fleisch und vieles andere verzichten, was ein fester Bestandteil unserer Geselligkeit ist.
Auch Plastik ist plötzlich böse, Diesel und anderes, was bei uns häufiger vorkommt, als irgendwo sonst auf der Welt.
Und man kommt gegen die Befürworter der Neuerungen nicht an. Die haben einfach immer recht.
Obwohl, da gibt es zum Glück ja diese unbeugsamen gallier, die uns alles erlauben und sogar gutheißen, was wir wollen, die wollen, was wir wollen; die glauben, was wir glauben.
Dass das unrealistisch ist, kann nicht sein, weil es doch das ist, was wir uns wünschen!
Die AfD steht für viele einfach als Bewahrer des Status quo: Frauen an den Herd, Männer ernähren die Familie und selbstverständlich ist eine Familie immer Vater, Mutter, Kind. Ein drittes Geschlecht und was man sonst so entdeckt ist schlicht nicht vorhanden, weil befremdlich und vor allem zu kompliziert.
Die Welt ist wieder eine Scheibe und alle sind glücklich.
Insofern ist Veränderung zu einer vermeintlich guten Sache ganz und gar nicht immer dazu angetan per se eine Gesellschaft besser zu machen. Weil Menschen, die vermutlich die Minderheit bilden, aber eine große, sich abgehängt, unverstanden und übergangen fühlen.
Wenn man über die (aus guten Gründen vielleicht) ständig hinweg entscheidet, werden „die da oben“, die komplexe Fragen wie wir hier wochenlang diskutieren und letztlich aufgrund realistischer Annahmen (statt aufgrund von Wünschen und Träumen) entscheiden zu einem Einheitsbrei und einer Diktatur der Mehrheit, die Teile der Gesellschaft einfach nicht mehr mitnimmt.
Marc
Ceterum censeo Google esse delendam